Bewertung: 4 / 5
Marvel in der Krise. Projekte werden gecanncelled, verschoben oder komplett überarbeitet. Ein storybedingter roter Faden ist seit längerem kaum zu erkennen. Aus den einst erwarteten Hits sind inzwischen befürchtete finanzielle Flops geworden. Kann Captain Marvel mit ihrem neuen Film Captain Marvel 2 - The MarvelS das MCU in dieser schwierigen Lage retten? Wahrscheinlich nicht, lohnen tut sich ihr neues Space-Abenteuer aber trotzdem.
Captain Marvel 2 - The MarvelS Kritik
Carol Danvers hat sich ihre Identität von den Kree zurückgeholt und Rache an der obersten Intelligenz geübt. Unbeabsichtigter Weise lud Carol damit jedoch die Schuld auf ihre Schultern, das Universum de-stabilisiert zu haben. Als ihre Pflichten sie zu einer Wurmlochanomalie führen, die mit einem Kree-Revolutionär zu tun hat, führen ihre Kräfte sie zu einem ihrer Superfans, Kamala Khan aka Ms. Marvel und zu ihrer Nichte Captain Monica Rambeau. Gemeinsam muss dieses Trio lernen, als The Marvels zusammenzuarbeiten und das Universum zu retten.
Trailer zu Captain Marvel 2 - The MarvelS
Captain Marvel 2 - The MarvelS ist wohl der Film, der am deutlichsten zeigt, welch Alarmstimmung bei Marvel Studios derzeit vorherrschen muss. Und wir meinen nicht den Film an sich, sondern das große Drumherum. Zuletzt sah man vor allem durch die Trailer, welche mit Rückblenden von Iron Man, Captain America und Thanos und entsprechende Zitate aus dieser "guten alten Zeit" aufwarten, wie versucht wird, Stimmung für den neuen Film zu generieren. Das Problem: Diese Szenen und Zitate haben alle nichts mit dem fertigen Produkt zu tun, wodurch diese Marketingmasche noch ersichtlicher wird. Und welcher Moment, wie die Trailer ankündigen, alles verändern wird, ist uns nach dem Film auch noch nicht so wirklich klar.
Ein weiteres Indiz für die Panik bei Marvel ist der Zeitpunkt diese Kritik. Die Pressevorführung fand erst einen Tag vor dem Kinostart statt und Filmkritiken dürfen sogar erst am Tag des Kinostarts selbst veröffentlicht werden. Sogar erste Reaktionen in den sozialen Medien unterliegen einem Embargo bis zum Tag des Kinostarts. Man möchte offenbar nicht, dass auch nur irgendetwas Negatives den Start des Films beeinflusst und hofft wohl, dass mögliche negative Kritiken gar keine Beachtung mehr finden, indem sie erst herauskommen dürfen, wenn der Film schon läuft und die Kinotickets längst gekauft wurden.
Dass die Prognosen für Captain Marvel 2 - The MarvelS dabei nicht unbedingt gut sind, wird der Panik bei Marvel sicher keine Abhilfe verschaffen. Man spürt durch diese Maßnahmen deutlich das gesunkene Selbstbewusstsein des einst so erfolgreichen Studios. Und jetzt kommt der ganz große Twist in dieser Angelegenheit: Dies alles ist vollkommen unnötig, denn mit Captain Marvel 2 - The MarvelS hat man einen wirklich kurzweiligen und sehr unterhaltsamen Film abgeliefert.
Er wird das MCU sicher nicht von Grund auf zu neuem Glanz verhelfen und leidet durchaus unter dem einen oder anderen Problem, grundsätzlich hatten wir aber eine wirklich gute Zeit im Kino und wurden einige Male sogar positiv überrascht. Tatsächlich gefällt uns die Fortsetzung wesentlich besser als Captain Marvel und auch Brie Larson liefert hier ihren bisher besten Auftritt im MCU ab.
Doch bevor wir zu euphorisch werden, blicken wir auf einige Probleme des Films. Denn auch Captain Marvel 2 - The MarvelS weist die typischen MCU-Krankheiten auf, z.B. wenn es um das tauschen der Plätze der drei Titelhelden durch Nutzung ihrer Kräfte geht. Dies verursacht einige wirklich unterhaltsame Szenen und wird auch in den Actioneinlagen gut genutzt. Jedoch wird nie so wirklich klar, nach welchen Regeln dies verläuft. Mal tauschen sie die Plätze, wenn sie ihre Kräfte nutzen, und ganz oft wiederum nicht, obwohl sie es eigentlich sollten. Der Film ist hier sehr inkonsequent. Genau wie bei den Kräfteverhältnissen. Ausgehend von ihren bisherigen Auftritten, gehört Captain Marvel zu den stärksten Wesen im Universum. Dennoch zieht sich ein Kampf gegen einige wenige einfache Fußsoldaten erstaunlich lange hin.
Der Film führt die neuen Helden Monica Rambeau und Ms. Marvel ein. Hier zeigt sich erneut das Problem des MCU und seinen Serien, denn wer WandaVision und Ms. Marvel nicht gesehen hat, könnte sich hier etwas verloren fühlen. Der Film stellt die Figuren zwar in Kürze nochmal vor, im Grunde will man aber, dass der Zuschauer die Serien gesehen hat. Vor allem bei Monica stellt dies ein Problem dar, da viele Zuschauer im Kino nicht direkt verstehen werden, was genau ihre Verbindung zu Captain Marvel ist und dadurch viel Emotionalität verloren geht. Und das ist schade, denn Teyonah Parris macht einen guten Job und auch ihre Chemie mit Larson ist wirklich gut.
Leider gehört auch, mal wieder, der Bösewicht des Films zu den Schwächen. Zawe Ashton hat als Dar-Benn leider nicht viel zu tun und fällt im Grunde nur mit dem immer gleichen Gesichtsausdruck auf. Sie bekommt zwar eine durchaus nachvollziehbare und eigentlich auch interessante Motivation mit auf den Weg, doch wird viel zu wenig daraus gemacht. Selbst für MCU-Verhältnisse ein ganz schwacher Bösewicht.
Doch kommen wir jetzt zu einigen positiven Aspekten, denn davon gab es tatsächlich einige. Recht früh im Film hat uns eine kleine, aber sehr wichtige Szene sogar begeistert. Denn seien wir doch mal ehrlich: Vieles in solchen Filmen ergibt keinen Sinn. Das Problem ist, dass die meisten Filme dies nicht ansprechen und auch Ignoranz dem Zuschauer gegenüber demonstrieren. Hier aber wird mit einem nur kurzen Satz deutlich gesagt: Ja, wir wissen, dass dies eigentlich keinen Sinn ergibt, aber hey, das ist ein unterhaltsamer Superheldenfilm, also lehnt euch zurück und habt einfach Spaß. Und mehr braucht es manchmal nicht, um einiges an Ungereimtheiten zu verzeihen. Von diesem Moment an waren wir drin und haben die Show einfach genossen. Dieser kurze Moment hatte schon fast Deadpool-Niveau. Und später sollte es sogar noch so einen geben. In vielen Filmen wünscht man sich so eine Szene, hier gab es sie.
Die Action haben wir schon positiv erwähnt. Gerade mit dem ständigen hin- und herwechseln der Figuren erhält man ein neues Element, was für reichlich Unterhaltung und Abwechslung sorgt. Der Film bietet jedoch auch ruhige Momente und gerade in der ersten Hälfte des Films auch einige schöne Weltraumszenen. Generell ist dies vor allem ein Space-Abenteuer mit gefühlt mehr Weltraumszenen als in der letzten Star Wars-Trilogie.
Ebenfalls positiv erwähnen wollen wir, dass der Film sich nicht in den Effekten verliert, sondern den Fokus stets auf die Figuren legt, besonders auf die titelgebenden The Marvels. Auch wenn sie immer noch im Mittelpunkt steht, so kommt Captain Marvel selbst fast etwas zu kurz. Man schafft es hier aber endlich, ihrer Figur mehr Charakter und Tiefe zu verleihen. Was macht Superman von 1978 bis heute so gut? Er thematisiert die Menschlichkeit eines fast schon göttlichen Wesens und vor allem mit dem Tod seines Erden-Vaters zeigt er diesem Helden die Grenzen seiner Macht auf. Captain Marvel 2 - The MarvelS geht nicht so weit und ist auch weit davon entfernt, in derselben Liga zu spielen, aber er zeigt Ansätze genau dessen. Captain Marvel muss sich hier vor allem mit den Konsequenzen ihre vergangenen Taten auseinandersetzen und wird emotional verletzlich gezeigt. Man merkt, dass Brie Larson deutlich Spaß hatte, sie geht in ihrer Rolle voll auf, mehr noch als in ihren bisherigen Auftritten.
Allen die Show stiehlt aber Iman Vellani als Ms. Marvel. Es dauert nicht lange und man hat sie ins Herz geschlossen. Dabei ist es schwer zu sagen, ob sie die Begeisterung ihrer Figur, endlich an der Seite ihres großen Idols zu sein, nur spielt oder ob das die echte Begeisterung von Vellani selbst ist, die schon lange vor ihrem Casting ein großer Fan war und für die spätestens mit diesem Film ein Traum in Erfüllung geht. Ihre Begeisterung ist in jedem Fall ansteckend. Auch sorgt sie für einige richtig gute Lacher.
Was ebenfalls stimmt ist die Chemie zwischen den drei Titelhelden. Es ist geradezu spürbar, wie gut sie sich verstehen. Lächeln sie sich an, wirkt dieses Lächeln nicht gespielt. Es ist diese Chemie, welche den ganzen Film trägt und Captain Marvel 2 - The MarvelS zu etwas wirklich besonderem macht. Dieses Trio macht Laune!
Für Irritation könnte Samuel L. Jackson als Nick Fury sorgen. Nicht, dass er schlecht spielt. Er ist cool, stets der Boss im Raum und derjenige, der alle zusammenhält. Also der Fury, wie wir ihn aus den ersten Phasen her kennen. Etwas Älter vielleicht. Doch irgendwie will das nicht mit den Ereignissen aus Marvels Secret Invasion zusammenpassen, die weder erwähnt werden, noch irgendeine Rolle spielen. Noch verwirrender wird es, wenn die Skrull ins Spiel kommen. Spätestens hier passt nichts mehr zusammen.
Kurz zu der Tatsache, dass wir es hier mit drei weiblichen Superhelden zu tun haben: Der Film ist nicht woke und es wirkt auch nicht erzwungen. Tatsächlich macht die Zusammenstellung dieser drei Heldinnen inhaltlich einfach Sinn und es funktioniert richtig gut.
Es gibt noch eine Figur, welche nahezu jede Szene stiehlt, in der sie drin ist: Goose, die Katze, bzw. Flerken. Sie bekommt in Captain Marvel 2 - The MarvelS eine etwas größere Rolle und ist mehr als nur ein einfaches Haustier. Vor allem zu Beginn ist sie gar der Teampartner von Captain Marvel und begleitet sie auf Missionen. Und auch später wird Goose noch sehr wichtig. Katzenliebhaber werden ihre Freude haben.
Einen ganz großen Pluspunkt erhält der Film für seine Laufzeit, die ist mit 105 Minuten nämlich verdammt kurz für einen modernen Blockbuster. Doch wir begrüßen dies sehr. Warum muss mittlerweile jeder Film um die 150 Minuten gehen? Captain Marvel 2 - The MarvelS zeigt die Vorteile einer eher kurzen Laufzeit. Der Film hält sich nicht lange mit einer Einleitung auf und lässt die Handlung sehr schnell Fahrt aufnehmen. Auch gibt es kaum Längen, das Tempo ist konstant hoch. Gerne mehr davon.
Es lohnt sich übrigens, nach dem Film noch kurz zu warten, es gibt eine spannende Mid-Credit-Szene. Nach dem Abspann lief zumindest bei uns jedoch nichts mehr.
Fazit
Der große Befreiungsschlag ist Captain Marvel 2 - The MarvelS sicher nicht geworden. Auch hier treten wieder einige der üblichen MCU-Probleme auf. Dennoch ist der Film, auch aufgrund seiner kurzen Laufzeit, ein kurzweiliges und unterhaltsames Vergnügen. Die Action war sehenswert und auch der Humor funktioniert. Doch vor allem dank eines toll zusammenspielendes Helden-Trios, bei denen die Chemie einfach stimmt, macht der Film richtig viel Spaß. Captain Marvel 2 - The MarvelS ist ein unterhaltsames Space-Abenteuer geworden, bei dem auch Katzenliebhaber voll auf ihre Kosten kommen. Absolute Empfehlung!
Wiederschauwert: 70%