Bewertung: 2.5 / 5
Im Herzen der Schweiz, zwischen den Kantonen Bern und Luzern, liegt die winzige Ortschaft Romoos. Die Uhren ticken in der abgelegenen Bergregion am Napf noch immer anders: Wer hier lebt, führt ein unaufgeregtes und einfaches Leben, bestimmt von der Natur und ihren Jahreszeiten. 50 Bergbauernkinder sind hier zu Hause, in einer ländlichen Einöde ohne Internet und Computerspiele. Die Dokumentarfilmerin Alice Schmid, die über 20 Jahre in Afrika, Asien und Südamerika verbrachte, wo sie unter anderem Kindersoldaten und eine Kindheit im verminten Kambodscha filmte, kehrte für Die Kinder vom Napf in ihre Heimat zurück und gibt damit ihr Leinwanddebüt.
Die Sonne ist gerade erst aufgegangen, da stapfen die Kinder, sechs und sieben Jahre alt, schon mit schwerem Atem und Ranzen durch den kalten Schnee zur Seilbahn, um in den nächsten Ort zu gelangen. Zehn Kilometer sind es bis zur Schule. Stundenlang sind die Kleinen jeden Tag unterwegs, eine mühsame Odyssee. Aber für die Kinder vom Napf ist das Routine. Ebenso wie die Arbeit auf den Einödhöfen ihrer Eltern, wo sie schon früh mit anpacken müssen; Freizeit haben sie selten. Die Sorgen der Eltern sind auch die ihren: Wenn der Wolf mal wieder Schafe reißt, die Kuh kalbt oder der Habicht im Hühnerstall räubert, dann machen auch sie sich darüber Gedanken.
Die Schulkinder sind die Helden dieses Films, unverblümt erzählen sie immer wieder aus ihrem Leben zwischen Kuhstall, Schule und Volksmusik. Dass Tradition hier voller Stolz gelebt und keinesfalls in Frage gestellt wird, ist Ehrensache. Was nicht heißt, dass man weltfremd ist - Hollywood ist hier kein Fremdwort: "Wenn ich in Romoos zur Schule gehe, kann ich dann auch berühmt werden?", fragt eines der Kinder.
In ruhigen, unspektakulären Bildern lässt Alice Schmid, die auch die Kamera führt, teilhaben am Leben der Kinder, die sie ein Jahr lang begleitet hat. Allerdings montiert sie die Szenen aus deren Schul- und Hofalltag mit den Interviews willkürlich hintereinander, ohne stringente Dramaturgie. So ist ihre Reportage letztlich eine beliebige Reihung, eine fragmentarische Momentaufnahme in bewegten Bildern, die zwar authentisch die Lebenswelt der Kinder vom Napf abbilden mag, der es allerdings gänzlich an Spannung, Empathie und Orientierung fehlt. Auch bleibt man als Zuschauer auf Distanz; es sind zu viele Kinder, keines von ihnen je rückt in den Mittelpunkt der Geschichte. So ist der Film, der beharrlich das ländliche Schweizer Dorfidyll beschwört, am Ende nicht viel emotionaler als eine Diashow.
Die Kinder vom Napf bekommt 2,5 von 5 Hüten.
(Quelle: teleschau - der mediendienst | Heidi Reutter)