Bewertung: 3.5 / 5
Mit Feinde - Hostiles liefert Regisseur Scott Cooper (Crazy Heart, Black Mass) einen souveränen Western ab. Doch ähnlich Brimstone (2016) ist hier wenig von altertümlicher Romantik zu spüren, sondern sind die Entbehrungen der Siedler, die sich das neu entdeckte Land mühsam unterwerfen müssen, fühlbar. Ganz zu schweigen vom Leid der Ureinwohner in den Tiefen der amerikanischen Grassteppen und ihrer Degradierung auf parasitäres Niveau, das der Zuschauer fast bis zur Schmerzgrenze miterlebt.
Feinde - Hostiles Kritik
1892 wird der langgediente Army Captain Joseph J. Blocker (Christian Bale) mit der Eskorte eines gefangenen, bald sterbenden Cheyenne-Häuptlings (Wes Studi) und dessen Familie von New Mexico in ihre Stammesgründe betraut. Angewidert von dieser für ihn undankbaren und respektlosen Aufgabe - einige seiner besten Kameraden und Freunde fanden den Tod durch diesen Mann - willigt Blocker schließlich ein, macht dem Tross aber deutlich klar, woher der Wind weht. Auf ihrem Weg treffen sie auf die Witwe Rosalie Quaid (Rosamund Pike), die als Einzige ihrer Familie einen Angriff von Comanchen überlebte und sich Blocker, seinen Untergebenen und den Cheyenne anschließt.
Trailer zu Feinde - Hostiles
Feinde - Hostiles und sein (amerikanisches) Filmposter vor wehender Flagge sind die Blaupause einer Geschichte um Rivalität, Hass und Verzeihen in Zeiten, als das Amerika der Ureinwohner mehr und mehr zu einer Legende wurde und sich der weiße Mann des riesigen Kontinents bemächtigte. Es werden keine Fragen gestellt, die Dominanz über die "Wilden" ist gottgegeben und so verhalten sich Siedler, Soldaten und Geschäftemacher, die sich dank Trecks und Eisenbahn unaufhaltsam ausbreiten und Land besetzen, das ursprünglich nicht ihres ist. Das Recht des Stärkeren, deutlicher macht es auch keiner als Blocker.
Intensiv lässt uns Feinde - Hostiles daran teilhaben, wie Menschen in extremen Situationen ihre ureigenen Gefühle verarbeiten und daran wachsen können. Diese "Evolution" mag bei der angedeuteten Story und selbst dem Titel nicht überraschen, macht den Film aber neben den spürbaren Entbehrungen und der Grausamkeit, die er in manchen Szenen vermittelt, zu einem glaubhaften Western. Durchweg überzeugend ist die Besetzung, denn neben Bale wissen auch Rosamund Pike, Wes Studi, Jesse Plemons und die leider nur kurz auftretenden Stephen Lang und Ben Foster ihren Rollen Leben einzuhauchen, unterstützt von weiteren Personen, die Feinde - Hostiles viel Authentizität verleihen.
Mit etwas mehr als 130 Minuten ist Feinde - Hostiles trotz allem etwas lang geraten, auch wenn gute Western gerne länger als zwei Stunden sein dürfen. Das mag gefühlt an der Ruhe liegen, mit der sich die Handlung fortbewegt, nichtsdestotrotz ein guter Film, der auch mit seinem Ende versöhnt. Er mag nicht an die ganz großen Westernfilme heranreichen, die ihren Charme auch stark aus ihrem Alter ziehen, aber sowohl die Realitätsnähe und mitschwingende Kritik an der Besiedlung, die Scott Cooper anstrebte, als auch das Schauspiel, die Stille und teils brutalen Lebensumstände erheben ihn zu einem Must-see für Fans des Genres.