
Bewertung: 4 / 5
Die Neuverfilmung The Running Man von Edgar Wright steht in der Tradition ihres Vorgängers, aber sie wagt zugleich einen bemerkenswert eigenständigen Schritt und hebt sich wohltuend vom Original ab.
Im Zentrum steht der verzweifelte Vater Glen Powell als Ben Richards – ein Mann ohne Superkräfte oder übernatürlichen Hintergrund, sondern ein ganz gewöhnlicher Mensch in existenzieller Not: Er hat nur noch diese eine Chance, um seine kranke Tochter zu retten - und diese Chance liegt in der Teilnahme an einer tödlichen Show namens "Running Man". Er und andere Teilnehmer haben 30 Tage Zeit um zu überleben, während sie von professionellen Killern gejagt werden. Und dabei wird ihr gesamtes Leben zur öffentlichen Bühne.
Trailer zu The Running Man
Die Spannung in The Running Man liegt dieses Mal weniger in großen Arena-Kämpfen als in der Flucht und Überlebensstrategie eines einzelnen Mannes gegen das System – und dieser Perspektivwechsel macht den Film reizvoll. Die sogenannten "Runner" sind dabei zentrale Akteure im Show-Mechanismus, Gejagte in einem Spiel, in dem Zuschauerwünsche, Medienmanipulation und das Publikum, opportunistisch wie eh und je, als Teil der Jagd mitschwingen.Figuren wie etwa der saubere Show-Moderator Bobby "Bobby T" Thompson (Colman Domingo) oder der skrupellose Produzent Dan Killian (Josh Brolin) verdeutlichen, wie gefährlich und zugleich verführerisch dieses System ist. Somit stehen die Runner nicht nur für Gewalt und Show, sondern für den Klassenkampf, die soziale Verzweiflung und das öffentliche Spektakel der Ausweglosigkeit.
Ein großer Gewinn des Films ist eben diese eigene Dynamik: Weg vom 1987er-Stil im Arena-Blockbustermodus, hin zu einem intensiven, klaustrophobischen Road-Movie-Effekt, in dem der Protagonist ständig auf der Flucht ist. Diese breitere "Arena" erzeugt eine andere Dynamik, da ein falscher Schritt, eine falsche Entscheidung dich der Öffentlichkeit preisgeben - die ein finanzielles Interesse hat, dich tot zu sehen.
Glen Powell in der Rolle des Ben Richards überzeugt, weil er gerade nicht der übermächtige Actionheld ist, sondern Mensch unter Druck. Bekannt wurde er u. a. durch seine Auftritte in Filmen wie Top Gun - Maverick, Twisters dem Horrorthriller No Exit sowie Rom-Komödien wie Wo die Lüge hinfällt. In The Running Man zeigt er ein breites Spektrum: körperlich fordernd, emotional geladen und doch mit Bodenhaftung, die glaubwürdig ist.
Ein besonderes Augenmerk verdienen auch die Jäger, die das Rückgrat der tödlichen Show bilden. Auch wenn sie subtiler inszeniert sind, sind diese neuen Jäger nicht weniger entschlossen, ihre Beute zu stellen. Sie unterscheiden sich deutlich von den ikonischen, fast karikaturhaften Killern des Originals – keine überzeichneten Comicfiguren mit markanten Kostümen, sondern gefährlich kontrollierte Profis. Ihre Jagd ist Ausdruck einer perfiden Professionalität. Gerade der Hauptjäger bleibt lange anonym hinter seiner Maske, was seine Bedrohlichkeit steigert und das Publikum in ständiger Ungewissheit hält. Dennoch hätten wir ihn persönlich gerne früher unmaskiert gesehen, weil wir den Darsteller sehr schätzen.
Für Actionfans stellt die 2025er-Version damit eine spannende Option dar: Der Mix aus dystopischem Setting, nervenaufreibender Jagd und sozialkritischer Note schafft einen Film, der nicht nur optisch überzeugt, sondern auch anders nachhallt. Wer Adrenalin sucht, bekommt es hier, aber wer mehr will als nur Explosionen, wird ebenfalls bedient – mit Fragen nach Medienkonsum, Überwachung und Ausbeutung. Die Runner-Konstellation wird geschickt genutzt, um den Show-Charakter und die moralischen Implikationen mit ins Spiel zu bringen. Und dennoch bleibt Zeit für ein paar Sprüche und eine Hommage an das Original ;-)
In Summe: Wer den Originalfilm Running Man liebt, wird angenehm überrascht sein – dieser neue Ansatz lädt nicht zum Nostalgietrip ein, sondern zum Neubeginn. The Running Man ist in diesem Jahr eine der stärkeren Action-Optionen, auch wenn die Runner – wenn die Show es wirklich wollte – keinerlei Chance hätten: Mit einer Handvoll Drohnen oder zusätzlicher Jäger wäre jede Flucht binnen Minuten beendet. Doch genau darin liegt der Nervenkitzel – in einer natürlichen, oft unwirtlichen Umgebung dennoch ein paar Auswege zu finden, sich mit Cleverness, Mut und Improvisation über Wasser zu halten. Diese Gratwanderung zwischen Hoffnung und Aussichtslosigkeit macht den Film fesselnd und emotional nachvollziehbar.
Letztlich haben sowohl die Neuverfilmung als auch das Original ihre Berechtigung: Der Klassiker mit Arnold Schwarzenegger steht für 80er-Jahre-Kult, grelle Gesellschaftssatire und physische Übermacht, während Edgar Wrights Version 2025 mehr Tiefe, Tempo und psychologischen Realismus mitbringt. Je nach Stimmung kann man beides genießen, denn beide liefern auf ihre Weise einen mitreißenden Filmabend.


