Bewertung: 3.5 / 5
Nach Air - Der große Wurf kommt diese Angelegenheit einem Déjà-vu gleich: Ein US-amerikanisches Marken-Phänomen wird im Stile eines unkonventionellen Biopics adaptiert, denn mit Flamin’ Hot gibt Desperate Housewives-Star Eva Longoria ihr Spielfilm-Debut. Wir klären für euch, wie uns dieser hulu-Beitrag gemundet hat.
Flamin’ Hot Kritik
Als Teil der mexikanischen Community hat es der in USA geborene Richard Montañez (Jesse Garcia) von Kindesbeinen an schwer, sich gegen rassistische Vorurteile zur Wehr zu setzen. Dementsprechend muss er auch im Erwachsenenalter mit Hindernissen ringen, um den Lebensunterhalt für seine Familie mit ehrlichen Mitteln zu bestreiten. Eines Tages bietet sich ihm die Gelegenheit, in einer Frito-Lay-Fabrik als Hausmeister zu arbeiten. Während der Konzern mit massiven Einbrüchen beim Absatz seiner Snack-Produkte hadert, tüftelt der strebsame Arbeiter an einer Idee, die das Tagesgeschäft revolutionieren und seinen Leidensgenossen zu mehr Wertschätzung verhelfen soll.
Trailer zu Flamin’ Hot
Auf den ersten Blick scheint die Geschichte der legendären Flamin’ Hot Cheetos und anderer Produkte nicht unbedingt unterhaltsames Material für einen Spielfilm zu sein. Doch Flamin’ Hot ist weitgehend gelungen, und das liegt an zwei wesentlichen Zutaten, die perfekt miteinander harmonieren: der Regisseurin Eva Longoria und dem Hauptdarsteller Jesse Garcia. Wesentlich dafür ist die Tatsache, dass sich die beiden zur hispanischen US-Bevölkerungsgruppe zählen und sie dadurch deren Lebenswelt und den erlebten Alltagsrassismus auf gewitzte wie schmerzhafte Weise zu vermitteln imstande sind.
Sämtliche Nebenrollen von Flamin’ Hot wurden darüber hinaus mit überzeugenden Darsteller:innen besetzt, sodass das mit Dramedy-Elementen gespickte Biopic auch an dieser Front zu überzeugen weiß. Zuvorderst wäre hier Annie Gonzales als Richards Ehefrau Judy zu nennen, die ihn mit Zuversicht nährt. Emilio Rivera weiß die Story als Verwandter mit seinem komödiantischem Gespür und seiner Körperlichkeit aufzulockern. Ebenso liefert Monk-Darsteller Tony Shalhoub als Frito-Lay-CEO eine überzeugende Performance ab.
Besonders gefallen die ironischen Brüche mit der Vierten Wand, in denen Garcias Richard Montañez als Off-Kommentator auftritt und beispielsweise die Manierismen der Weißen Geschäftsleute persifliert. Ebenso frönt die allseits unterschätzte Reinigungskraft diabolischen Tagträumen, die denen von Zach Braffs J.D. aus Scrubs - Die Anfänger nicht unähnlich sind und wo er sich mit gesalzenen Mitteln gegen repressive Kräfte zur Wehr setzt. Damit bricht der Film auf wohltuende Weise aus dem üblichen Biopic-Einheitsbrei aus und kann in der Tradition von Filmen wie I, Tonya oder Vice - Der zweite Mann verortet werden.
Flamin’ Hot ist dadurch auch ein Werk, das sich den blinden Flecken amerikanischen Pioniergeists verschreibt. Zunächst mag die Entwicklung einer neuen Geschmacksrichtung für Knabberzeug wenig aufregend sein, doch gemessen am nach wie vor begrenzten Handlungsradius mexikanisch-stämmiger US-Bürger:innen wird einem bewusst gemacht, wie hart diese Menschen daran arbeiten, Teilhabe und Anerkennung erfahren zu können. Gleichfalls handelt die Story damit auch von all den verpassten Chancen, die die US-amerikanische Gesellschaft zugunsten ihrer rassistischen Strukturen billigend in Kauf genommen hat.
Wenngleich es schön ist, dass mit Flamin’ Hot der Stolz der hispanischen Arbeiterklasse gebannt wurde, hätten wir uns noch ein paar düsterere Einschübe gewünscht, denn durch diese hätte verdeutlicht werden können, dass nicht jeder Mensch seines Glückes Schmied ist.
Zwar ist Longorias Beitrag weit entfernt vom pathetischen Schwulst eines Das Streben nach Glück, doch kann er in letzter Konsequenz durchaus als Wasser auf den Mühlen derer zweckentfremdet werden, die sagen, dass ein Jeder nur hart genug an sich arbeiten müsse und systemische Probleme nicht näher in den Blick zu nehmen sind. Auf diese Weise lässt sich dann doch wieder für die amerikanische Arbeitswelt recht eindimensional resümieren: "If you can’t stand the heat, get out of the kitchen!"
Fazit
Wir hatten eine kurzweilige Zeit beim Ansehen des knapp 100-minütigen Biopics. Da das feurige Werk dann am stärksten ist, wenn Jesse Garcia ungeniert vom Leim ziehen kann, hätten wir uns noch ein paar mehr solcher peppigen Einfälle gewünscht. Gerade im Falle der letzten Minuten wäre Raum dafür gewesen. Auch ist der Soundtrack für unseren Geschmack deutlich zu zurückhaltend ausgefallen. Dabei wäre man damit durchaus in der Lage gewesen, mehr zum Feeling der mexikanisch-amerikanischen Bevölkerung beizutragen.
Im direkten Vergleich mit dem eingangs erwähnten Air - Der große Wurf von Matt Damon und Ben Affleck gefiel uns Eva Longorias Debut-Werk eine Ecke weniger. Habt ihr nach dem Lesen Lust auf eine würzige Portion mexikanischen Lebensgefühls? Dann schaltet gern via Disney+ Flamin’ Hot ein!
Wiederschauwert: 50 %