Bewertung: 2.5 / 5
An dieser Stelle lohnt gleich ein Blick auf die anderen Darsteller: Die großartige Andie McDowell kommt leider überhaupt nicht zur Geltung, der nur am Ende ein paar Wortfetzen zugestanden werden, sogar noch weniger als einst Dianne Wiest. Recht witzig kommt dagegen Miles Teller als Cowboyhut tragender Bauerntölpel Willard mit verstecktem Tanztalent daher, der perfekt gecastet wurde. Hauptdarsteller Kenny Wormald als Ren versprüht was Rebellisches, latent Aggressives, der als Johnny-Castle-Fake nach Bomont kommt, man pendelt als Zuschauer zwischen Sympathie und "Bacon war doch besser". Leider ist über Julianne Hough als Ariel auch nichts Besonderes zu sagen; zwar besticht die hübsche Brünette mit unschlagbar blauen Augen, aber schon Lori Singer war einst eine arrogante Kuh. Selbstredend können die Darstellerinnen nichts dafür, wenn man ihnen eine unsympathische Rolle auf den Leib schreibt, aber schlussendlich fiebert man mit den Protagonisten auch nicht mit. Ihr Wandel vom rebellischen Kid hin zur sensiblen Dancefloor-Queen war und ist kein Ereignis. Für Kenner des Originals beziehungsweise für alle anderen steht spätestens nach 45 Minuten fest, wohin das Ganze führt. Aber Erleichterung? Freude? Fehlanzeige. Positiv möchten wir noch Ray McKinnon als Onkel Wes hervorheben, der einfach ein netter Kerl ist und sich für seinen Ren in den Ring wirft, wenn es drauf ankommt.
Es gibt nette Momente in Footloose, ohne Frage. Charmant ist die Tanzübungsszene von Kumpel Willard, die größtenteils wie im Original inszeniert ist. Auch Wormalds Versuch, Kevin Bacons Tanzszene zu kopieren, ist ansehnlich, denn bewegen kann sich der Mann. Wir schmunzelten zudem, als im Stadtrat die neue Gebühr für Haustiere besprochen wurde: Stieg diese 1984 noch von 3,50$ auf 4,50$, sind es inzwischen happige 15$, die Haustierbesitzer für ihre Lieblinge berappen müssen. Da sieht man mal, wohin Inflation führen kann. Für alle Fans des Originals versprüht der Film sogar mehr 80er-Charme als den Machern vielleicht lieb ist, doch alles in allem will sich einfach kein kurzweiliges Filmerlebnis einstellen. Vergessen wir mal Filmfehler wie die Heckklappe des Käfers (ja, es ist wieder ein Käfer) und hinterfragen wir nicht, wie Fußgängerin Ariel so schnell von der Schule zur Lagerhalle gekommen ist, kann man Regisseur Brewer wenigstens zusprechen, dass er Filme gut nachbilden kann. Aber Abpausen war schon im Kunstunterricht uncool.
In gut 100 Minuten versucht jener alles, um den Zuschauer in den Bann zu ziehen, doch es gelingt nicht. Der aktuelle Film ist nicht modern, nur weil ein iPod aus dem Holzfällerhemd baumelt. Footloose strotzt vor Borniertheit und grenzt fast an Albernheit, denn dass ein paar alte Männer heutzutage (!) in einem Ort einer westlichen Industrienation (!) ein Tanzverbot aussprechen, kann kein Aufhänger für einen unterhaltsamen Kinoabend sein - so denn das Augenzwinkern fehlt. Fast könnte man auf den Gedanken kommen, das Remake wurde von der Katholischen Kirche gesponsert: Die Kirche ist voll, der Bürger gläubig und der Pfarrer eine absolute Respektsperson. Wunschträume der aufgeklärten Welt? Tatsächlich zeigt Footloose eins, wie verbohrte alte Generationen den Fortschritt aufhalten. Soll vorkommen und als Sturm-und-Drang-Movie könnte Footloose sogar funktionieren, wenn die Story wenigstens etwas modernisiert worden wäre. Der Film nimmt sich so ernst, dass man außerhalb des Bible-Belts automatisch schmunzeln muss. Natürlich wird darin mitnichten ganz Amerika abgebildet, aber unbestritten gibt es in Übersee Strömungen, die diese Story offenbar legitimieren: Und wenn das Teil der modernen USA ist, die uns 2003 im Zuge des Irakkriegs als "Altes Europa" bezeichneten, dann sind wir froh, nicht dazuzugehören. Wer auch immer glaubt, mit Square Dance kann ein millionenstarkes Kinopublikum abseits von Countryfans begeistert werden, sollte den Grundkurs Betriebswirtschaftlehre besser noch mal machen, bevor wieder Filmgelder bewilligt werden.
Footloose versucht sich als leichter Musikfilm, aber es will nicht ganz gelingen. Trotz der Darsteller und trotz der Tanzszenen, die einiges rausreißen und Unterhaltungswert bieten. Doch das Korsett ist zu eng. Wir können den Film allen empfehlen, die gern mal eine taugliche Massentanzszene im Square Dance sehen möchten und allen, die zählen wollen, welche Szenen es ins Remake geschafft haben. Doch es bleibt wie es ist, mehr als äußerst wohlwollende 2,5 von 5 Hüten können wir nicht vergeben - vielleicht hätte ein Cameo von Kevin Bacon noch was gerissen.
(DV)