Bewertung: 4 / 5
Die Gangsterbrüder Seth (George Clooney) und Richard Gecko (Quentin Tarantino) sind nach einigen Gräueltaten in den Staaten auf der Flucht über die Grenze nach Mexico. Von Raub, über Entführung bis hin zu Mord, haben die Brüder zu viele Pflaster zerschlagen, als das sie noch in den USA bleiben könnten. Auf dem Weg über die Grenze werden sie vom FBI verfolgt und so brauchen sie dringend ein neues Druckmittel gegen die Behörden. Da kommt es ihnen gerade Recht, daß der Ex-Priester Jacob Fuller (Harvey Keitel) und seine beiden Kinder Kate (Juliette Lewis) und Scott (Ernest Liu) einen Familienausflug abhalten um den Tod von Jacobs Frau zu verarbeiten. Schnell landen die fünf unfreiwillig gemeinsam in dem Wohnmobil von Jacob, welches zu einer ominösen Absteige unter dem Namen Titty Twisters fährt.
Was zunächst wie ein vermeintlich harmloser Kriminalthriller anmutet, bekommt in der zweiten Hälfte des Filmes eine ziemlich unerwartete und absurde Wendung. Letzten Endes lässt sich dadurch der Film in zwei große Teile splittern. Die eine Hälfte, die sich mit einer ungewollten Zwangs-Partnerschaft und der Figurenetablierung auseinandersetzt und die andere Hälfte, die gefühlt mal so gar keinen Bezug mehr zu dem zuvor gezeigtem hat. Nun mag der erste Teil von From Dusk Till Dawn seine Berechtigung haben und Dynamiken und Gruppen, müssen auch natürlich erst einmal die gesellschaftlichen, ethischen und philosophischen Ideologien ausgetauscht haben, um als mehr oder weniger eingespielte Truppe agieren zu können. Dennoch tun sich hier eben auch einige Querelen im Schauen des Filmes auf. So sind gerade die Wortgefechte, die sich die einzelnen Charaktere liefern, doch eher von klassischen Hollywood-Entführungsszenarien entnommen und nehmen auch im Hinblick den weiteren Verlauf des Filmes einiges an Spannung vorweg.
Schließlich ist auch dieser Film, ein Film der zu Überraschen weiß. Ja, daß kann man vermutlich nicht leugnen. Doch die Charakterisierung, gerade von den beiden Hauptfiguren Seth Gecko und Jacob Fuller bleibt einfach nur ein Aufeinandertreffen unterschiedlichster Ideologien, die Hollywood aber schon in Abertausenden Skripts selber abgearbeitet hat. Nun wird das Ganze zwar Glücklicherweise nicht von peinlichen Moralpredigt begleitet, gleichwohl kann es der Film sich nicht verkneifen eine Art versöhnlichen Abschied um die Figuren zu etablieren. Natürlich schweißen gewisse Erfahrungen zusammen und auch Menschen dürfen sich gerne ändern. Allerdings will der Film in manchen Momenten dabei zu sehr beweisen, daß am Ende aber nun wirklich alle Freunde geworden sind, als daß man dies letztlich ausblenden, geschweige denn abkaufen könnte. Manche Figur konnte einem zu Beginn nicht egaler sein. Manche Figur konnte einem zur Mitte hin nicht egaler sein. Und manche Figur ist einem auch gegen Ende völlig egal. Natürlich wird das Ganze zwar durch den herrlich schrägen Charakter, der von Tarantino selbst gespielt wird, etwas aufgewertet. Dennoch braucht der Film im Gesamten einfach zu lange, um seine eigene Geschichte zu erzählen.
Doch sobald der Film im Titty Twisters ankommt, stellt Robert Rodriguez die animalische Existenz toxischer Männlichkeit zur Schau. Normalerweise funktionieren solche Vorführungsversuche selten und sind in der Regel eher zum Fremdschämen, als eine gekonnte Millieustudie. Doch in diesem besonderen Fall, will das Ganze im Zusammenspiel mit dem Exploitationgehalt einfach großartig Funktionieren. Das liegt zum Einen daran, daß die Lichtgebung und das gesamte Design des Etablissements schon extrem kantig, aber auch protzig zugleich wirkt. Dazu gesellen sich Designs der Besucher der Lokalität, welche ebenfalls mit langen Haaren, Vollbärten, Lederwesten, breiten Armen oder Sonnenbrillen bestückt sind, die das Klischeebild von der harten Bikergang nochmal bestärken. Zum anderen wechselt der Film dann in einen Horrorsplatter, der auch im weiteren Verlauf kurzen Prozess mit dem Ableben einiger Figuren macht.
Was in anderen Filmen zudem klammheimlich und damit eher auf subtilem Weg geschieht, wird in From Dusk Till Dawn auf einer Meta-Ebene zelebriert. Spätestens mit dem Erscheinen so skurriler Persönlichkeiten wie dem von Tom Savini verkörperten Sex Machine, oder der Blaxploitation-Ikone Fred Williamson, zeigt Tarantino hier schon recht früh in seiner Karriere seine Liebe zu dem eher unbekannten Kino abseits des Mainstreams. Natürlich wird dieses Vampir-Jägerteam recht spät im Film etabliert und ist dann einfach da. Als wäre dieser Umstand alleine nicht schon schräg genug, sucht der Film sich natürlich auch noch die ein oder andere Regel heraus, um die schurkischen Vampire ihrem Ende zuzuführen. Ein Pfahl direkt durch das Herz und die Sache ist gelaufen. Was in diesem Gebäude zunächst als wilde Adoleszenzphantasie junger Menschen zeigt, entpuppt sich als eine Art Antihöhepunkt für die nach Schönheitsidealen schielenden Querdenker.
Doch nicht nur der Phantasie macht Rodriguez hier einen Strich durch die Rechnung. Zudem offenbart er noch seinen satirischen Charme, indem er die Figuren ihrer eigenen Ideologien beraubt. So wie sich die beiden Charaktere Gecko und Fuller im Kontrast zueinander hin, und damit voneinander weg entwickeln, so ist der Film dahingehend auch einer Satire, indem er den Mann des Glaubens, der erst in seinem Zweifel die Antworten zu finden scheint und ihn dann noch zum Mörder verkommen lässt, fast schon zynisch belehrend der Obsession mancher Gläubiger entgegen. Und gerade der profitorientierte und am Kapitalismus nagende Kriminelle, entpuppt sich hier als Beschützer für die Armen und Unschuldigen. Ob das bewusst intendiert ist, oder nicht, mag niemand zu beantworten. Dennoch ist es Überpräsent vertreten.
Von Belehrung hat das hier wahrlich wenig. Dennoch gehört From Dusk Till Dawn zu den absurderen Hollywoodproduktionen der 1990er Jahre. Ein starker Film, der sich vielleicht ein wenig zu sehr in einer schier endlosen Exposition verliert, aber ab der zweiten Hälfte so richtig Fahrt aufnimmt und damit seinen Klutstatus mehr als nur bestätigen kann. Zu den ganz Großen will er allerdings nicht so recht passen, ist er doch in manchen Momenten etwas zäh und verliert nach Vorwissen um die Geschehnisse gegen Ende etwas an seiner großen Wirkung.
