Bewertung: 4 / 5
Der Leiter einer Anti-Terror-Einheit Sean Archer (John Travolta) und Terrorist Castor Troy (Nicolas Cage) sind schon öfter aufeinandergetroffen. Bei einem Zwischenfall starb Archers Sohn, wofür er Troy verantwortlich macht. Die beiden liefern sich einen unerbittlichen Kampf, in welchem Troy dingfest gemacht, aber gleichzeitig so schwer verletzt wird, daß er in ein Koma fällt. Leider ist er neben seinem Bruder Pollux (Alessandro Nivola), der einzige, der weiß wo sich eine Zeitbombe befindet, die er noch in Los Angeles deponiert hat. Um diese lebenswichtigen Informationen zu bekommen, nutzt Archer chirurgische Mittel und schlüpft in die Haut Troys. Troy erwacht derweil aus dem Koma und dreht den Spieß um.
Ein integrer Beamter und ein Verbrecher, die sich in einer ungewöhnlichen Arbeitsbeziehung gegenüberstehen. Das ist ein grundlegend altes Konzept, entnommen aus Cartoons und fand zum Beispiel bereits mit Der rosarote Panther (1963) seinen filmischen Höhepunkt. Ein vertrottelter Polizist, gegen einen charmanten Schurken. Daß das allerdings mal Teil eines absurden Actionfilms werden würde, hatte bis in die späten 1990er Jahre wohl kaum jemand geglaubt und so verwundert der Kultstatus von Im Körper des Feindes vielleicht zunächst auch niemanden. Daß Thema Cartoon wird hier weniger durch die Figuren, als durch die Inszenierung getragen, denn Regisseur John Woo erarbeitet sich einen Film, der verstehen lässt, was man so großartig an ihm finden könnte und der dennoch darüber hinaus wenig über Zustände und Hintergründe berichtet. Klar, man braucht keine pseudo-verschachteltete Erklärung dessen, wo die Figuren stehen und wer sie sind und wer nun welchen Partner in welchem Einsatz verloren hat und sich dafür schämt. Gleichermaßen sollte man auch nicht erwarten, daß Im Körper des Feindes jemals über einen Körpertausch hinausgeht. Sehr stringent, sehr gradlinig erzählt dieser Actionfilm davon, daß halt zwei Gegensätze und Kontrahenten die Körper tauschen und der Genuss dessen, liegt in der Natur der Sache.
Denn eigentlich ist das Thema Körpertausch ja eher was für Komödien oder dramatische Liebesfilme. Besonders im Anime hat das Thema mit Das wandelnde Schloss (2004) oder Your Name. – Gestern, heute und für immer (2016) seinen Platz gefunden. Aber auch Komödien befassen sich häufiger mit dem Körpertausch. Hier wären dann vor allem Jumanji: Willkommen im Dschungel (2017) oder Freaky Friday – Ein voll verrückter Tag (2003) zu nennen. Auffallend ist natürlich die Tatsache, daß die genannten Filme alle nach Im Körper des Feindes erschienen sind, was die Frage aufwirft, wie groß denn eigentlich der Einfluss von Woos Film auf die Filmlandschaft war. Matrix (1999) ist vermutlich auch noch so ein Kandidat, der vom Film profitierte. Gleichwohl ist diese Trivialität eher unerheblich dafür, ob die letztliche Qualität des Films stimmt. Und hier muss man sagen, daß der Film tatsächlich kein tiefsinniges Meisterwerk ist. Wie gesagt, er geht über die Geschichte nie hinaus und ist in Sachen Inszenierung völlig über dem, was man realistisch nennen würde. Gleichwohl hat das aber dadurch auch einen Charme. Denn Im Körper des Feindes lässt in all diesen Momenten dann keinen Zweifel daran, daß er als Actionfilm funktioniert. Da Fliegen Dinge durch die Luft, das Spiel mit der Kamera wird zentralisiert und überdies wirken alle Figuren, als könnten sie aus einem Comic entstammen.
Interessant ist die Prämisse aber dann vor allem vor dem Hintergrund der Figuren. Der Zuschauer bekommt einen FBI-Agenten und einen Schwerverbrecher präsentiert. So weit, so gut. Nun könnte man das vermutlich einfach so stehenlassen und hätte nichts Weiteres verpasst. Gleichwohl kann man aber auch die Frage in den Raum werfen, warum denn nun Jäger und Gejagte hier die Plätze und Rollen tauschen. Das heißt ja im Prinzip nur, daß Freund und Feind, also Gut und Böse gar nicht so banal sind, wie es manchmal den Anschein hat. Gerade daß etwa ein Castor Troy nun beim FBI ist, wirft ja die Frage auf, wie kriminell diese Organisationen sind und zudem noch, die ruft zudem noch die Verbindung zwischen Kriminalität und Staat hervor. Im Prinzip wird der Film dahingehend regelrecht satirisch. Man sollte aber dennoch nicht darauf hoffen, daß es sich anschließend um eine tiefsinnige Angelegenheit handelt. Während also die Idee an sich recht einfach gehalten wird, kann man selbiges wohl auch über die Subtexte sagen. Vor allem orientiert sich Woo hier an Stoffen und Sagen der griechischen Mythologie. Trojanische Pferde, wie auch der Abstieg in die Unterwelt werden hier gezeichnet. Daß in Kombination mit der Lebensrealität der 1990er Jahre ist so absurde Mischung, die den Eindruck erweckt, es handle sich hierbei um einen recht juvenilen Film. Doch das unterscheidet eben Woo von einem herkömmlichen Regisseur. Es ist nichts Tiefsinniges im reinen Erzählen. Es schlummert auf anderen Ebenen.
Das größte Augenmerk liegt hierbei unmittelbar auf den Figuren und deren Darstellern. Wenn Travolta einen Cage imitieren muss, dann hat das schon etwas Großartiges. Umgekehrt leidet Cage natürlich ob der Prämisse so ein wenig darunter, der normalste im gesamten Film zu sein. Aber das ist dann halt mal einfach so. Dieser Film funktioniert vor allem auch deshalb so gut, weil man allen Beteiligten die Freude am Schaffen anmerkt. Die beiden Stars sind gut aufgelegt und geben ihr Bestes, aus dem dürftigen Drehbuch einen erinnerungswürdigen Film zu machen.
Ein Film, der mehr als sein Thema ist. Banal, aber absurd. Überzogen, aber unterhaltsam. Völlig sinnentleert formuliert John Woo einen Film, der sein volles Potential und mehr noch ausschöpft. Es macht großen Spaß und ist kurzweilig, wie grotesk herrlich.
