Bewertung: 1.5 / 5
Ist das Jugendstrafrecht reformbedürftig? Diese Frage wurde nach den jüngsten, brutalen Straftaten Jugendlicher in der Politik heiß diskutiert. Regisseur Adnan G. Köse (ebenfalls für den Flop Homies verantwortlich) greift die Debatte in seinem futuristischen Drama Kleine Morde auf und liefert eine mögliche Antwort gleich mit: In nicht allzu ferner Zukunft, so heißt es in der Einführung, werden Kinder und Jugendliche in Deutschland genauso wie Erwachsene vor Gericht gestellt und bestraft, wenn sie etwas verbrochen haben. Wie es dazu kam, versäumt Köse allerdings zu erklären. Und das ist nicht die einzige logische Lücke, die das von ihm verfasste Drehbuch aufzuweisen hat.
Fehlende Zusammenhänge, verbrauchte Dialoge, Figuren, die aus dem Nichts kommen - es ist schwer, bei Köses Geschichte den Überblick zu behalten und zu begreifen, welche Beweggründe die einzelnen Personen antreiben. Da ist zum Beispiel Martin (Paul Falk), der 13-jährige Hochbegabte aus gutem Hause mit einer Vorliebe für Klassik, Latein und Schwarz-Weiß-Fotografie. Diese altersbedingt ungewöhnlichen Hobbys werden durch eine offensichtliche Gewaltbereitschaft ergänzt, die nicht so recht zu dem steifen Musterknaben passen will: Zu wenig erfährt man über Martins familiären Hintergrund, um sich ein Bild des Kindes machen und seine Handlungen verstehen zu können.
Trailer zu Kleine Morde
Auftritt Uwe Ochsenknecht. Im Gegensatz zu seinem Spross Jimi Blue, der den zwielichtigen Taxifahrer Viktor spielen darf, ist er zweifellos einer der überzeugendsten Darsteller im Ensemble und gibt Martins Vater, einen erfolgreichen Richter. Als sein Sohn des Mordes an einem anderen Kind verdächtigt wird, weiß er um den Ernst der Lage und leitet sofort alles für eine solide Verteidigung Nötige in die Wege. Dazu gehört auch das Engagement der Starjuristin Julia Corner (Ann-Kathrin Kramer), die ein schweres Schicksal zu verkraften hat und sich der vorgeblich fesselnden Aura ihres juvenilen, manipulativen Mandanten nur schwer entziehen kann.
Ein Psychospielchen sollte sich nun eigentlich entspinnen - schwierig, wenn es die Geschichte nicht schafft, Spannung aufzubauen, und die Chemie zwischen den Darstellern quasi nicht vorhanden ist. Bis auf Ochsenknecht und den kürzlich verstorbenen Günther Kaufmann, der als wachsamer Rentner in seiner letzten, viel zu kleinen Rolle zu sehen ist, gelingt es fast keinem der Akteure, seiner Figur Charakter zu verleihen. Aufgrund der distanzierten Erzählweise und Kameraführung fällt es zusätzlich schwer, Sympathie oder Mitgefühl für Martin oder eine der anderen Personen zu entwickeln.
Was bleibt, ist nach einem geradezu absurden Finale der schale Eindruck, dass Köse Großes vorhatte, aber an seinen eigenen Ansprüchen scheiterte. Die Grundidee seiner Geschichte ist zweifellos gut. Allein, die Umsetzung wollte nicht so recht gelingen. Das ist allerdings ein Problem, mit dem auch die Politik regelmäßig ihre liebe Not hat.
Kleine Morde bekommt 1,5 von 5 Hüten.
(Quelle: teleschau - der mediendienst | Christina Freko)