Bewertung: 3.5 / 5
Es ist eine weithin anerkannte Tatsache, dass man sich als alleinstehende Frau im England des späten 18. Jahrhunderts genau überlegen sollte, mit wem man verkehrt - und vor allem wessen Gastfreundschaft man annehmen sollte. Lady Susan, hübsch, schlau, verwitwet und mit einer heranwachsenden jungen Tochter gesegnet, weiß dies nur zu genau. Also reist sie in das Haus ihres Schwagers und ihrer Schwägerin, wo sie herzlich aufgenommen wird. Zunächst. Denn Lady Susan hat nicht wirklich einen guten Ruf in der Gesellschaft. Angeblich hat sie eine Affäre mit einem verheirateten Mann. Dass sie dann nun auch noch dem Bruder der Schwägerin schöne Augen macht, ist ja wohl der Gipfel. Viel besser für ihn geeignet wäre doch Lady Susans Tochter. Aber die "besorgte" Mutter hat für ihren Spross ganz andere Pläne. Und die beinhalten viel Geld.
Basierend auf dem Briefroman "Lady Susan" von Jane Austen erzählt Regisseur Whit Stillman in Love & Friendship vom verarmten Landadel im georgianischen England. Frauen waren der lächelnde Anhang der Männer, durften ihr Geld nicht selbst verdienen und waren gänzlich mittellos, wenn die Unterstützung durch einen gönnerhaften Verwandten entfiel. Diese Missstände in einer luftig leichten Komödie aufzugreifen, ist nicht einfach - und doch eine Kunst, die Jane Austen stets bewies und die Stillman durch herrlich spitze und scheinbar ruhelos oberflächliche Dialoge klar macht.
Trailer zu Love & Friendship
Wie verbales Ping Pong fliegen die Worte und damit auch die geschickt inszenierten Blicke zwischen den Protagonisten. Das Ensemble ist stimmig zusammengesetzt, dabei erfüllt jeder gekonnt seinen Part. Doch am Ende sind sie alle nur unter der Kontrolle der Puppenspielerin Lady Susan, die Kate Beckinsale mit Verve, Raffinesse und Bauernschläue verkörpert. Alle Charaktere sind bis in die kleinste Nebenrolle wunderbar besetzt. Mit großer Spielfreude agieren die Schauspielerinnen und Schauspieler in dieser Gesellschaftsposse "over the top". Opulente Kostüme, eine prachtvolle Ausstattung und Musik, die treffsicher und nicht überbordend eingesetzt ist, sind weitere Pluspunkte des Films.
Die Enge des Settings, die bestens aufeinander abgestimmten Kostüme und die immer wieder als Akttrenner eingesetzte zeitgenössische Musik machen Love & Friendship zu einem stimmigen und doch mit großem Witz auf die Spitze getriebenen Porträt einer Gesellschaft, in der Frauen nicht die Hauptrolle spielen durften. Und doch die Bühne beherrschten.
Prädikat: wertvoll
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung