
Bewertung: 3.5 / 5
Sechs Jahre liegt das gefeierte und mit Preisen überschüttete Parasite bereits zurück und genauso viele Jahre hat sich Regisseur und Oscarpreisträger Bong Joon-ho für seinen neuen Film Zeit gelassen. Jetzt endlich bringt er mit Mickey 17 seinen neuen Film in die Kinos. Die Erwartungen sind jedoch besonders nach Parasite entsprechend hoch. Kann er mit Robert Pattinson in der Hauptrolle und einer spannenden und interessanten Prämisse diese Erwartungen erfüllen?
Mickey 17 Kritik
Mickey Barnes (Robert Pattinson) befindet sich als Teil einer Weltraumexpedition in einer außergewöhnlichen Situation, denn sein Arbeitgeber verlangt von ihm die ultimative Hingabe an den Job: Mickey wird als "entbehrlicher" für gefährliche Aufgaben verwendet und verdient sich seinen Lebensunterhalt, indem er stirbt. Anschließend wird er jedes Mal durch einen Klon ersetzt, wobei seine Erinnerungen weitestgehend intakt bleiben. Bei der 17. Erschaffung gehen jedoch einige Dinge schief...
Trailer zu Mickey 17
Normalerweise verfassen wir eine Filmkritik nur wenige Stunden nach der Sichtung des Films. Das macht es nicht immer leicht, einen Film zu bewerten. Oft wäre es leichter, wenn man einige Tage Zeit hat, über das Gesehene nachzudenken. Meinungen wachsen und formen sich in solchen Fällen erst mit der Zeit. Nicht selten würden wir eine Filmkritik nach einer Woche des Nachdenkens etwas anders verfassen, als wir es nur wenige Stunden nach der Pressevorführung getan haben. Im Falle von Mickey 17 haben wir uns daher zumindest eine Nacht des darüber Schlafens gegönnt. Wirklich viel geholfen hat dies in diesem Fall jedoch nicht, wir haben immer noch Schwierigkeiten, diesen Film zu bewerten.
Warum uns dies so schwerfällt, dazu kommen wir gleich. Erst einmal zur allgemeinen Bewertung. Mickey 17 ist ein guter Film, toll gespielt, sicher inszeniert und ausgestattet mit einer interessanten und durchaus auch etwas verrückten Story. Robert Pattinson liefert eine wirklich tolle Darstellung ab und dies gleich mehrfach, denn die einzelnen Mickeys sind sich charakterlich gar nicht so ähnlich, wie man zuerst meinen würde. Wie er sie spielt, ist durchaus sehr unterhaltsam anzusehen. Ebenfalls richtig toll gelungen sind die Szenen, wo er gleichzeitig zwei Versionen seiner selbst spielt. Hier kommt dann auch nochmal mehr die gute Inszenierung zum Tragen.
Wer jedoch ein neues Parasite erwartet, der dürfte das Kino enttäuscht verlassen. Mickey 17 ist wesentlich satirischer angelegt als sein Vorgänger, was auch durch so manches Schauspiel mehr als deutlich wird. Vor allem Mark Ruffalo und Toni Collette spielen völlig überzeichnete und dadurch geradezu lächerlich wirkende Charaktere, die einerseits fernab der Realität, gleichzeitig aber auch erschreckend vertraut wirken. Dass der Film sich in vielem von Parasite unterscheidet, ist natürlich nichts Schlimmes, eher im Gegenteil. Doch leider kann Mickey 17 das hohe Niveau des Oscargewinners von 2020 nie erreichen. Wer daher auf ein neues Meisterwerk von Bong Joon-ho gehofft hat, dürfte zumindest ein wenig enttäuscht werden. Ein großer Unterschied ist auch, dass dies hier, anders als bei Parasite, keine rein südkoreanische Produktion ist. Auch dadurch fühlt sich Mickey 17 anders an.
Doch wie wir bereits sagten, ist der Film ja nicht schlecht. Dennoch tun wir uns etwas schwer mit ihm. Dies liegt unter anderem an der Fülle an Themen, die in diesem Film stecken. Die Themen selbst sind dabei nicht überraschend, wenn man die Filmografie von Bong Joon-ho kennt. Ob soziale Themen oder der Kapitalismus, so ziemlich alle seine Filme sind in erster Linie gesellschaftskritisch zu verstehen. Mickey 17 bietet da keine Ausnahme. Während jedoch die meisten seiner Filme sich vor allem auf einen Aspekt konzentrieren, packt er hier direkt alles rein, was uns am Ende etwas zu viel war.
Wenn ihr Snowpiercer, Okja und Parasite gesehen habt, wird euch vieles vertraut vorkommen. Mickey 17 ist wie eine Symbiose aus diesen drei Filmen, die hier in einen gepackt werden. Dies führt dazu, dass der Film zwischendurch immer wieder einen anderen Kurs einschlägt und auch im letzten Drittel plötzlich noch ein ganz anderes Fass aufgemacht wird und es plötzlich komplett darum geht. Die zugrunde liegende Prämisse, dass Mickey als Entbehrlicher für gefährliche Jobs benutzt wird, ständig stirbt und neu geklont wird, verliert sich irgendwann im Laufe des Films. Dabei hätte allein dies genug Potenzial gehabt, um den Film zu tragen. So wird leider keine der Ideen oder Themen so richtig zu Ende gedacht oder voll ausgeschöpft.
Aufgrund all der Menge an Themen und Ideen, die in Mickey 17 stecken, und des ständigen Wechselns des inhaltlichen Schwerpunkts, zog sich der Film für uns irgendwann doch etwas dahin. Nicht, dass der Film in irgendeiner Weise langweilig ist, aber vor allem im letzten Drittel haben wir uns immer mehr nach dem Ende gesehnt. Oder zumindest nach einer Pause.
Vielleicht wäre es besser gewesen, statt des Films eine Serie zu entwickeln. Denn es fühlte sich mitunter an, als würde man sich verschiedene Episoden mit jeweils unterschiedlichen Themen und Geschichten ansehen. Dies macht für uns auch die Bewertung etwas schwer. Manche Episoden mochten wir, manche eher weniger. Und zusammengesetzt als Film war es ein ständiges auf uns ab.
Zum Ende hin wollen wir noch kurz die Musik erwähnen. Die hat uns teilweise etwas aus dem Film gerissen, aber nicht, weil sie schlecht war, sondern weil wir uns an manchen stellen doch sehr stark an die Musik aus einigen Studio Ghibli-Filmen erinnert fühlten. Was in Verbindung mit Mickey 17 eine merkwürdige, aber durchaus interessante Kombination ist.
Fazit
Es ist eine interessante Geschichte, die Regisseur Bong Joon-ho hier erzählen möchte. Doch so originell all dies auf den ersten Blick wirkt, so erkennt man doch sehr schnell, dass Mickey 17 vor allem ein Best-off seiner letzten Filme ist. Tolle Ideen, spannende Themen, doch so richtig rund wirkt es am Ende nicht, wenn man all dies in einen Film quetscht. Tatsächlich muss Bong Joon-ho langsam aufpassen, dass er sich nicht ständig, trotz neuem Setting, inhaltlich wiederholt.
Viel mehr kann man dem Film aber nicht vorwerfen. Gut inszeniert, sieht der Film nicht wie der durchschnittliche Science-Fiction-Film aus Hollywood aus. Auch schauspielerisch macht der Film viel Spaß, vor allem Robert Pattinson ist hier zu loben, der wirklich eine tolle Vorstellung abliefert. Wer vor allem mit Filmen wie Snowpiercer oder Okja seinen Spaß hatte, der wird auch bei Mickey 17 auf seine Kosten kommen. Ein neues Parasite sollte man aber nicht erwarten.
