Bewertung: 3.5 / 5
Natürlich schießt einem unweigerlich das Wort "Facebook-Party" durch den Kopf. Schließlich ist es erst ein mediales Sommerloch her, dass Geburtstagsfeiern Netzwerk-sei-Dank (versehentlich) zu Großveranstaltungen ausuferten, Politiker Verbote forderten und sich besorgte Eltern bei ihren Kindern erkundigten, ob sie denn eigentlich auch in diesem Facebook wären. In Mediendeutschland herrschte im Sommer 2011 Angst. Angst vor Partys wie der, die im Found-Footage-Film Projekt X - Die Party, von der du nicht mal zu träumen wagst völlig aus dem Ruder läuft. Ganz ohne Facebook, wohlbemerkt.
Eigentlich wollte Thomas (Thomas Mann - ja, er heißt tatsächlich so) seinen 17. Geburtstag in einem vernünftigen Rahmen feiern. Klar, mit mehr als den vier oder fünf Freunden, die seine Eltern erlaubten, als sie sich in den Urlaub verabschiedeten. Aber 20 oder 30 Gäste wären ihm genug. Doch sein Kumpel Costa (Oliver Cooper) hat Größeres vor: Thomas Party soll das Event werden, das sowohl das Geburtstagskind als auch den Organisator und vielleicht sogar den dicken J.B. (Jonathan Daniel Brown) aus der Anonymität der High-School-Loser herausbefördert. Oder, wie Costa es ausdrückt: "Die Muschis sollen sehen, was für geile Stecher wir sind."
Trailer zu Projekt X - Die Party, von der du nicht mal zu träumen wagst
Um dieses Ziel zu erreichen, legt sich der selbst ernannte "Mr. Superschwanz" mächtig ins Zeug: Er verschickt fleißig Rund-SMS, postet Einladungen bei - Achtung - Craigslist, quatscht furcht- und niveaulos heiße Bräute an, engagiert einen DJ, ein halbstarkes Security-Duo und einen Kameramann, ja, selbst eine Hüpfburg mietet er. Und beim Dealer seines Vertrauens besorgt Costa nicht nur Gras, sondern lässt gleich noch einen Gartenzwerg als Maskottchen für die Feier mitgehen. Die Party kann losgehen - und die Massen kommen tatsächlich.
Und was passiert, wenn die Massen feiern? Abgesehen davon, dass Identifikationsfigur Thomas immer wieder zwischen Verzweiflung und Euphorie schwankt und irgendwann seine beste Freundin (Kirby Bliss Blanton) angräbt, eigentlich nichts, was sich unter dem Stichwort Handlung zusammenfassen ließe. Ansonsten jedoch eine Menge: Es wird gesoffen, gekifft, gegrabscht, getanzt, gejohlt, geknutscht, gestrippt. Bässe dröhnen, Nachbarn klingeln, Polizisten flüchten, Scheiben bersten, Hunde fliegen - und da das Geschehen von Beginn an entweder durch die wacklige Kamera des von Costa angeheuerten Hobbyfilmers oder Handykameras der Partygäste gezeigt wird, ist der Zuschauer immer mittendrin. Praktisch, dass Kinodebütant Nima Nourizadeh als erfahrener Musik- und Werbevideoregisseur genau weiß, wie Schnitt, Bild und Musik zusammenspielen müssen, um das Publikum die Party nicht nur sehen, sondern wirklich fühlen zu lassen. Denn allein das soll Project X sein: kein großer Film, sondern eine große Sause.
Drum gibt es darin eben keine großen Slap-Stick-Einlagen oder gar gut durchdachte Pointen - dafür jede Menge Trash-Talk und einige Momente, die authentisch und absurd zugleich erscheinen. Spannungsbogen? Überbewertet. Tieferer Sinn? Keiner drin. Und falls der vom Hangover-Regisseur Todd Phillips produzierte Film tatsächlich irgendwelche Werte vermittelt, dann sind es definitiv die falschen: Drogen werden verherrlicht, Frauen zu Sexobjekten degradiert und die Außenseiter steigen durch ihre Party tatsächlich in der High-School-Hackordnung auf. Das Schlimme daran: Irgendwann beginnt es, Spaß zu machen...
Projekt X - Die Party, von der du nicht mal zu träumen wagst bekommt 3,5 von 5 Hüten.
(Quelle: teleschau - der mediendienst | Annekatrin Liebisch)