
Bewertung: 2.5 / 5
In der Hoffnung eine große Karriere zu starten, kommt die junge Amerikanerin Susie Bannion (Dakota Johnson) nach Deutschland, um dort beim renommierten Markos Tanzensemble in Berlin eine Ausbildung zu absolvieren. Dort freundet sie sich mit Sara (Mia Goth) an und lernt unter den wachsamen Augen der künstlerischen Leiterin Madame Blanc (Tilda Swinton) macht sie schnell erstaunliche Fortschritte. Doch je länger sie dort bleibt, desto mehr seltsame Dinge ereignen sich vor Ort.
Das Berlin der 1970er Jahre. Ein kalter, trister Ort, der je nach Lokalisation ein wahrhaftes Gefängnis darstellt. Auf der anderen Seite, der Bundesrepublik Deutschland herrscht anderes Chaos, als die RAF unter anderem Hanns Martin Schleyer entführt siedelt diese Geschichte an. Nun ist Schleyer als Person relativ schwierig gewesen und liegt auch in dem offenkundigen im Hintergrund ein wahres Statement. Suspiria spielt vor dem Hintergrund eines Mordes, der natürlich nicht zu rechtfertigen ist, aber sicherlich seine Begründung findet. Unterdessen zieht die junge Susie Bannton in eine renommierte Tanzschule unter Madame Blanc ein. Es ist erstmal nicht ersichtlich, was das eine mit dem anderen zu tun hat. Suspiria ist episodisch aufgebaut und innerhalb dieser Episoden wird dazu noch sehr veraschachtelt erzählt. So beginnt der Film damit, daß eine Tänzerin besagter Tanzschule davon berichtet, das dort seltsame Dinge vor sich gehen. Menschen verschwinden, andere Manipulieren, nehmen ihre Gedanken ein und es soll dort auch zur Hexerei gekommen sein. Zumindest an der Prämisse lässt sich arbeiten. Suspiria nimmt sich keine unspannende Epoche und wirkt mitunter skandalös, weil er skandalöse Bilder auffährt. Doch das ist nicht der eigentliche Skandal. Der Skandal liegt in der These, daß Deutschland – zu Teilen – nach Ende des Zweiten Weltkriegs nie befreit worden ist. Je nachdem wo man in Deutschland ist, wird diese These untermauert und so ist die wahre Horrorvorstellung in Suspiria die Angst vor dem Totalitarismus und in anderen Momenten des Kapitalismus.
Trailer zu Suspiria
Ja, diese Verbindung kann man durchaus in Suspiria ziehen. Immerhin spielt das gesamte Treiben an einer Tanzschule mit internationaler Besetzung. Wandel durch Handel, der natürlich noch nie fehlgeschlagen ist. Die Tänzerinnen werden auf den großen Auftritt vorbereitet und bringen dem Volk sozusagen internationale Kultur in Form von kapitalistischen Strukturen. Was Regisseur Guadganino hier zeichnet, ist die Welt einer totalen Kontrolle. Heute würde man das vermutlich ebenso betrachten, denn immerhin wird ja auch in Kunstwerken und anderen Kreisen immer wieder vor der Macht von Medien und anderen Dingen gewarnt. Das ist auf der anderen Seite aber auch wiederum äußerst heikel, weil man nicht einfach beides gleichsetzen kann. Nun ist es unterdessen aber so, daß Suspiria dem Zuschauer immer wieder vermittelt, wie artifiziell er ist, wie groß die Kunst dahinter ist und wie viel schockierende Bilder man doch erzeugen kann. Das nervt, man braucht nicht von jemandem zu hören, wie clever er doch ist, weil er dieses oder jenes Bild inszeniert hat. Schocken kann Suspiria dann, wenn er eine clevere Metapher aufbringt. Diese zu entwirren ist aber relativ anstrengend und die Mühe am Ende des Tages nicht wert. Welcher Film im Arthaus-Bereich kommt nicht auf die Idee, daß der Kapitalismus entmenschlicht und über Opfer geht? Welcher gesunde Mensch kommt nicht auf die Idee, daß Nazis und totalitäre Regime blöd sind? Gut, ich halte mal meinen Mund. Aber ja, es ist einer dieser Fälle wo man sich fragen muss, ob es sich wirklich lohnt, daß zu entwirren.
Ein anderer großer Aspekt von Suspiria ist das Thema Hexerei oder Okkultismus. Natürlich schmiegt sich das an die strengen Regimenter an der Tanzschule an. Insofern passend ist hier, daß das vor Ort ohnehin als mysteriös und negativ betrachtet wird. Man muss sagen, daß der Film dahingehend schockieren möchte, es aber nicht kann. Generell fühlt man sich auch zu Beginn dadurch stark an Black Swan (2010), wobei die Frage aufkommt, inwiefern dieser Film eine eigene Identität hat? Man könnte Suspiria als Antithese zu Red Sparrow (2018) begreifen, allerdings sind die Filme natürlich nicht gänzlich zu vergleichen. Unterdessen spielt Guadganino dann primär mit Symbolen. So inszeniert er offenkundig schöne Bilder, die eigentlich immer im surrealem verhaftet sind. Seine Tänzerinnen hängen an Fäden, ergo sind die Marionetten. Man bekommt den Eindruck der Film stecke voller solcher Ideen. Doch daraus ergibt sich nur schwer ein Gesamtbild, weil Suspiria eben lange auf diesen Momenten hängenbleibt und darüber hinaus im Subtext zu wenig steckt, als das man damit arbeiten könnte. Ja, es klingt wie eine Herausforderung sich das anzusehen. Und zu Teilen stimmt das auch, der Film ist anstrengend, weil er auf keine größere Erkenntnis hinauskommt und man das, was erzählen möchte, auch spätestens nach einer halben Stunde verstanden hat. Im Sinne eines Films ist es natürlich auffallend, daß es sich hier hauptsächlich um Frauen handelt, die eine Rolle spielen. Im Sinne der Geschichte ist das aber absolut sinnig, weil hier eben von Tänzerinnen sprechen. Insofern auch da, es werden Dinge angedeutet.
Denn zusätzlich zu der Unterdrückung von Menschen könnte man auch die Unterdrückung von Frauen hier hineinlesen. Wieder ein Frontalschlag gegen Kapitalismus und Faschismus. Doch das bleibt immer noch vage, weil man sich hier im künstlerischen Bereich wiederfindet und ob der Fülle an Themen eben kein klarer Fokus entsteht. Es ist fast so, als haben die Macher ein Grundgerüst auf einen Zettel geschrieben. Dort standen vermutlich Dinge, die sie richtig doof finden und während dieses Prozesses ist ihnen dann immer wieder eingefallen, was auch doof finden. So wirkt das zumindest von Außen betrachtet und das ist schade, weil hier ein sehr guter Film begraben will. Doch man spielt hier zu sehr mit herkömmlichem Quatsch, der eben nicht mehr als Pseudo-Arthaus ist. Das tut weh, weil die Schauspieler allesamt gut sind, in dem, was sie tun. Nur der Film ist es eben nicht.
Überladen, mal langweilig, mal pseudo-gewagt mäandert Suspiria um ein größeres Thema herum. Es gibt tausende Verweise und Ideen und ja, die alle für sich genommen sind auch gute Ideen. Doch man wirft hier am Ende des Tages zu viel in einen Topf und bekommt ’ne Suppe zwischen Discounter und Maggi serviert. Bon appétit.
