Bewertung: 5 / 5
Die 60er Jahre waren eine Zeit des Umbruchs, des Aufbruchs und des Protests. Mit Arthur Penns "Bonnie & Clyde" beginnt eine der wichtigsten Perioden der amerikanischen Filmgeschichte, die nach "Easy Rider" 1969 wenige Jahre für Innovation im krisengeschüttelten Hollywood sorgte und den Nerv der Zeit traf.
Stark beeinflusst von europäischen Filmemachern, insbesondere denen der "Nouvelle Vague", wird neben anderen Martin Scorsese zu dieser Zeit zu einem der markantesten Regisseure des amerikanischen Kinos.
Nach seinen ersten Erfolgen mit "Mean Streets" und "Alice doesnt live here anymore" schafft er mit seinem Meisterwerk "Taxi Driver" 1976 einen der Meilensteine dieser Ära, der bis heute von einer Großzahl von Filmschaffenden und Kritikern als bester Film der 70er Jahre angesehen wird.
Wie so oft spielt Scorseses Film in New York. Schon mit der ersten Einstellung wird klar gemacht, dass diese Stadt alles andere als ein Paradies ist. Zumindest der Taxifahrer Travis Bickle ist der Ansicht, die Stadt würde im Dreck ersticken. In einem Close Up werden wir auf den Protagonisten eingestellt, dessen Augen von Hass und Abneigung zeugen. Die Geschichte wird subjektiv durch seine Augen erzählt. Im Voice-Over erfahren wir von Travis Gedanken, all den Abschaum von den Straßen zu spülen.
Gespielt wird der Protagonist natürlich von Robert de Niro, der eine erschreckend realistische und hypnotisierende Performance abgibt, die längst als Ikone gilt. Es war die zweite Zusammenarbeit mit Martin Scorsese und der Beginn einer bahnbrechenden Kollaboration, die bis heute acht Filme zählt und zuletzt vor 18 Jahren in Casino zu bestaunen war. Zuletzt gingen jedoch die Gerüchte eines Wiedersehens der beiden um, was allerdings noch nicht bestätigt ist.
Method-Actor DeNiro hat sich intensiv auf die Rolle als Travis Bickle vorbereitet und fuhr im zuge dessen auch lange selbst Taxi in New York. Travis nahm den Job aufgrund von Schlafstörungen an. Der Vietnamveteran hat mit seelischen Problemen zu kämpfen. Rund um die Uhr sitzt er allein, isoliert in seinem Taxi.
Der einzige Lichtblick in seinem Leben ist die Wahlkampfhelferin Betsy (Cybill Sheperd). Eines Tages spricht er sie an. Sie ist zunächst fasziniert von diesem Mann, aber schon bald werden aus einem stillen Wasser tiefe Abgründe.
Travis Verhalten ist bisweilen vollkommen befremdlich. Wie Betsy bemerkt ist er "voller Widersprüche". Er schluckt Tabletten, selbst wenn er in Form kommen will, schreibt obskure Tagebucheinträge, geht regelmäßig ins Pornokino, obwohl er andere dafür wohl verachten würde und spricht mit sich selbst. Eine der berühmtesten Szenen ist wohl die, in der Travis vor dem Spiegel steht und fragt "Redest du mit mir?". Die Sequenz basiert auf einer Improvisation von DeNiro.
Während Travis bei seinen nächtlichen Fahrten immer wieder in seinem obsessiven, aggressiven Denken bestätigt wird, driftet er immer mehr in Abgrenzung und Einsamkeit ab. Er versteht die Welt nicht und verzweifelte, klägliche Versuche sich zu integrieren scheitern. Auch bei den Kollegen kann er weder Freunde noch Rat finden.
Aus der Orientierungslosigkeit wird er scheinbar gerissen, als er die Prostituierte Iris kennenlernt.
Diese wird herausragend gespielt von der damals erst 13 Jahre alten Jody Foster. Ihre Mutter musste aus juristischen Gründen ständig am Set dabei sein. Iris ist drogenabhängig und dem Zuhälter Sport (Harvey Keitel) verpflichtet.
Travis sieht seine Aufgabe darin, Iris zu helfen aus ihrem Leben zu flüchten, auch wenn er insgeheim selbst nach Erlösung strebt. Er beginnt zu trainieren und bald darauf kauft er sich eine Waffe.
"Taxi Driver" ist das Porträt eines Soziopathen, einer tickenden Zeitbombe. Der Film baut langsam aber stetig Spannung auf bis zum brutalen, intensiven und ironischen Höhepunkt. DeNiro verkörpert dabei aufopferungsvoll den zwiegespaltenen Mann am Rande des Wahnsinns. Aber auch die Nebencharaktere machen ihre Sache bestens. Unter anderem gibt es einen jungen Albert Brooks als Betsys eifrigen und eifersüchtigen Kollegen zu sehen. Auch Scorsese selbst hat ein oder zwei kurze Auftritte.
Das geniale Drehbuch von Paul Schrader trifft mitten ins tiefe Schwarz einer verzweifelten Seele. Nur wenig wurde erweitert oder abgeändert.
Auch visuell beeindruckt der Film. Der düstere New Yorker Albtraum ist immer wieder mit einem gruseligen Rotstich inszeniert, was die Absurdität und Entfremdung von Travis sehr gut unterstützt.
Für die letzten Minuten im Film mussten farbliche Anpassungen vorgenommen werden, da nach Meinung der Verantwortlichen die gesättigten Farben zu realistisch und schockierend gewirkt hätten und der Film so nicht an einem NC-17 Rating vorbeigekommen wäre.
Die legendäre Einstellung am Ende des Films gehört nicht nur zu den berühmtesten der Filmgeschichte, sondern auch zu meinen persönlichen Favoriten.
Zur selben Zeit wurden neben "Taxi Driver" auch "Jaws" und "Star Wars" produziert. "Taxi Driver" kann als letzter großer Film des New Hollywood betrachtet werden. Ab den 80er Jahren wurde das Kino wieder stärker Blockbuster-orientiert. Aber dieser kurze Exkurs hat die Kinolandschaft dennoch geprägt. Ich bin ein großer Fan dieser Ära und glücklicherweise blieb einiges davon erhalten oder hat neue, interessante Regisseure und Filme beeinflusst und hervorgebracht.
Neben Scorsese, der weiterhin zu den allergrößten des Business zählt, und nebenbei nach "Taxi Driver" mit "Raging Bull" mit großer Übereinstimmung auch den besten Film des Folgejahrzehnts gemacht hat, sind es Regisseure wie Spike Lee, Gus van Sant, Oliver Stone oder auch Paul Thomas Anderson, die uns bis heute mit originellen Werken beschenken.
Nicht immer handelt es sich dabei um neue Meisterwerke. Auch ein Meister wie Scorsese hat meiner Ansicht etwas nachgelassen und hin und wieder nicht ganz überzeugt (zB. The Aviator, Shutter Island).
"Taxi Driver" jedoch ist ein Film für die Ewigkeit.
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Taxi Driver Bewertung