Ein Film von Ali Abbasi ("Border", "Holy Spider").
"The Apprentice" kann man schon als Breaking Bad Story beschreiben, wie sich Donald Trump in den 70ern und 80ern vom lieben, unschuldigen und unerfahrenen Bubi zum skrupellosen, misogynen und allgemein menschenverachtenden Kapitalisten und Machtmenschen mit seinem Wahrheits- und Siegerverständnis entwickelt, als den wir ihn heute kennen. "The Apprentice" bedeutet hier, dass Trump bei seinem Anwalt und Mentoren Roy Cohn in die Lehre geht, bei Cohn handelt es sich um einen homosexuellen, antiliberalen, sexistischen und rassistischen Anwalt, in den 50ern die linke Hand von Joseph McCarthy, der die Rechtsstaatlichkeit verdreht, um in seinen Augen die USA, Demokratie und Freiheit zu "beschützen".
Zudem beschreibt der Film, wie Donald Trump die heruntergekommenen und finanziell gebeutelten Manhattan und Atlantic City mit seinen Investitionen (Trump Tower, Casinos) wieder great again macht bzw. great again machen möchte, wenn ihm die unfähigen Politiker, Gerichte und Räte dabei keine Steine in den Weg legen würden.
Das 1970er & 1980er Setting wird schön mit Retroflair auf die Leinwand gebracht, Trumps Aufstieg wird außerdem stets mit poppigen Songs aus der damaligen Zeit wie "Always On My Mind" von den Pet Shop Boys begleitet, "Yes Sir, I Can Boogey" als das Lied der Liebesbeziehung zwischen Donny und Ivana. Wobei man bis zum Auftreten von Ivana sogar vermuten könnte, Donny sei homosexuell, da sind im Film schon gewisse Vibes vorhanden, zumal Trump wegen Cohn auch von vielen schwulen Männern (z.B. Andy Warhol) umgeben ist.
Alles in allem schon ein sehenswert in Szene gesetzter Film, ich weiß nur nicht, ob mir das alles so sehr gefällt, wie ich es eigentlich möchte. "The Apprentice" zeichnet zum Einen klar ein kritisches Bild Donald Trums, wenn man am Ende Mitleid mit so einem Unmenschen Wie Roy Cohn hat, sagt das sehr viel über Donald Trump aus. Zum Anderen fehlt mir hier aber auch die Distanz, der Film ist definitv von Trump fasziniert, womöglich zu sehr, es offenbaren sich finde ich schon Phasen der Verehrung. Weil der Film aus Trumps Sicht erzählt wird, fehlt hier und dort ein tiefergehendes Aufgreifen und Beleuchten der Gegenpositionen.
Vielleicht meint Ali Abbasi dies alles aber auch als Satire, diese fällt dann mitunter aber so drastisch und heftig aus, dass es an Geschmacklosigkeit grenzt. Traurige, dramatische und brutale Momente (z.B. Tod und Vergewaltigung) werden hart von poppigen und fröhlichen Montagen abgelöst, in denen Trump wieder als gefeierter und erfolgreicher Geschäftsmann auftritt. Konsequenzen gibt es für Trump im Film nie oder wenn doch, dann nur kurz und abgeschnitten. Dabei handelt es sich sicherlich um unsere bittere Realität (egal, was er tut, er verliert nicht an Popularität, wird nicht dafür belangt), aber Film als Kunstform hat auch immer andere Möglichkeiten, einen Menschen kritisch zu beleuchten, der in der Realität Erfolg und Popularität genießt; hat die Möglichkeiten, sich sensibler gegenüber den Opfern zu verhalten und auch mehr auf ihre Positionen einzugehen. Vielleicht ist der womöglich angedachte Satireansatz letztendlich einfach nichts für mich persönlich.
Make-Up und Frisuren bewegen sich auf einem meisterlichen Nivaeu, nicht nur bei Donald Trump selbst, sondern zum Beispiel auch bei Fred Trump Sr. und Fred Trump Jr. Der Cast spielt toll, Sebastian Stan performt mit einer der besten Leistungen seiner Karriere, zurückhaltend menschlich, ohne in eine es sich leicht machende Parodie Donald Trumps zu verfallen. Ansonsten gehört der Film klar Jeremy Strong ("Succession") als Roy Cohn.
Fazit: Egal, wie man "The Apprentice" nun gegenübersteht, es handelt sich in meinen Augen definitiv um einen sehenswerten Film. Ein Biopic, welches sich nicht auf seine Maske verlässt und sich an Wikipedia-Artikeln entlanghangelt, stumpfe politische Propaganda oder Award-Kalkül findet man hier nicht. Stattdessen findet der Film seinen eigenen Stil und hat das ernsthafte Anliegen, sich mit Donald Trump und der US-amerikanischen Demokratie zu beschäftigen.