Bewertung: 4.5 / 5
Als das US-Militär im Jahr 2000 befiehlt Formaldehyd in den Han-Fluss zu streuen, entsteht in Seoul dadruch ein riesiges Monster, welches die Tochter von Park Kang-du (Song Kang-ho) Hyun-seo (Ah-sung Ko) entführt.
Auch an dieser Stelle muss ich einmal mehr ausholen um verständlich zu machen, was ich von diesem Film halte. Grundsätzlich bin ich kein großer Freund von Monsterfilmen. Ich kenne den Original King Kong von 1933, die neuen Filme des MonsterVerses und die Pacific Rim-Filme. Ob das jetzt genug ist, um über das Genre urteilen zu können, sei jedem selbst überlassen.
Trailer zu The Host
Dennoch freute ich mich auf den Film. Denn mit Parasite lieferte Bong Joon-ho den eindeutig besten Film 2019, sowie grundsätzlich einen der besten Filme, die jemals gedreht wurden. Zumindest aus meiner Sicht. Meine Erwartungen waren dementsprechend hoch.
Und The Host hat sie wirklich alle erfüllt. So macht dieser Film was den Monsterfilmen einfach nie gelingen mag. Zum einen schafft er es uns ein Monster zu präsentieren, welches den Zuschauer tatsächlich auch ohne überdimensionale Größe und dauerndes CGI-Gewitter in den Bann zieht. Es ist relativ klein und wendig, dadurch aber auch wesentlich präsenter und prägnannter als eben Kong, Godzilla und Konsorten. Darüber hinaus spielen auch die Menschen in diesem Film eine Rolle. Während die neueren MonsterVerse-Filme und Pacific Rim eigentlich nur aus eindimensionalen Charakteren mit Vaterkomplex und einem Hang zu StIchwortgeben bestehen, schafft es Bong Joon-ho mich mit diesen Charakteren wirklich zu fesseln. Sie sind mir nicht egal, im Gegenteil. Ich fiebere mit ihnen mit. Kurz um, es ist mir nicht egal ob Hyun-seo stirbt, oder nicht. Es mag damit zu begründen sein, dass ich einfach jemand bin der politisch sehr, sehr viel mit Bong Joon-ho anfangen kann, aber auch seine Art zu inszenieren sucht seines Gleichen.
Denn Bong Joon-ho dreht in der Regel mit einem Film, nicht nur einen Film, sondern gefühlt fünf, oder sechs. Natürlich spielt des Menschens Umgang mit seiner Umwelt wieder die zentrale Rolle in seinem Monsterfilm. Man könnte jetzt argumentieren, daß das aber auch von Godzilla übernommen wurde. Allerdings ist dieser Film zu keinem Zeitpunkt eine Kopie, sondern viel mehr eine Hommage. Findige Filmfans werden duzende Anekdoten und Anspielungen nicht nur auf das Monster-Kino finden, sondern auf die Filmgeschichte im Allgmeinen. Denn während die meisten Filme stumpfsinnig kopieren, nimmt The Host das Genre, zollt ihm Tribut und verwandelt es in etwas neues, tiefgründiges und rüttelt damit seine Zuschauer wach. Doch wie so häufig nicht mit einer moralischen Überlegenheit, sondern mit einem kalten, analytischen Blick.
Denn auch Klassenkämpfe spielen hier eine Rolle. Park Kang-du ist nicht der typische Held. Er ist ein ganz normaler Arbeiter, der unter den Folgen des Kapitalimus nahe des existenzlosen lebt. Er entspricht keinem Archetypen, er ist nicht mal ein Held, sondern einfach ein ganz normaler Mensch.
Das mag man jetzt langweilig finden, und vielleicht ist das sogar wahr. Aber es ist ehrlich, es ist authentisch, es ist analytisch, lustig, spannend und klug. Denn Bong Joon-ho lässt selbst Filmkenner rätseln. Sobald man denkt, man habe durchschaut wohin der Film geht, macht er eine neue Kehrtwende. Es wird immer was neues engestreut. Es fühlt sich wie ein Rundumschlag gegen alles schlechte in der Welt an. Gegen Kapitalismus, gegen Umweltverschmutzung, gegen das Militär und die damit einhergehende Gewalt. Kurz um: Gegen alles was diesem Planeten schaden zufügt. Und das in einem Montserfilm? Ja, dass kann nur Bong Joon-Ho
Und dennoch bin ich nicht restlos begeistert. So gut dieser Film auch als Genre-Hybrid und Kapitalismuskritik funktioniert, so fehlt es ihm in manchen Bereichen an letzter Konsequenz. Denn zum einen zieht sich der Film im Mittelteil ein wenig, und zum anderen hatte ich das Gefühl, dass Bong Joon-Ho seinen Schauspielern nicht den nötigen Raum gibt, um sich mal richtig auszutoben.
Einen richtigen Lead-Actor sucht man hier vergeblich. Song Kang-ho ist zwar über jeden Zweifel erhaben, aber er drängt sich nicht in den Vordergrund. Es ist verhältnismäßig subtil, was vielleicht an der Inszenierung, oder dem Drehbuch liegt, aber Stars, wollen auch Stars sein.