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The Master

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The Master Kritik

The Master Kritik

The Master Kritik
0 Kommentare - 28.06.2022 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "The Master" ist.

Bewertung: 4 / 5

Lancaster Dodd (Philip Seymour Hoffman) gründet nach dem Zweiten Weltkrieg eine Glaubensgemeinschaft. Als Anführer der „The Cause“ sammelt er gescheiterte Existenzen um sich. Auch der schwerkranke Alkoholiker Freddie Quell (Joaquin Phoenix) erliegt dem Charisma des Sektenführers und findet so neue Hoffnung in seinem Leben. Immer tiefer begibt er sich in den Morast der Gruppe und verliert sich dabei nach und nach.

Durch die Komplexität der Umwelt, gelingt es dem Menschen häufig nicht, auch die eigene komplexe Erscheinung einer zufriedenstellenden Deutung zu verschreiben. Man muss das natürlich nicht, schließlich wird man ohnehin unweigerlich in ein Schema der Vereinfachung gepackt. Doch wenn man das nicht tut, so ist der Mensch nicht mehr Herr über das geschaffene System, sondern einem ungreifbarem Antagonismus unterlegen. The Master von Paul Thomas Anderson weiß um diesen Umstand, und hat damit im Voraus schon ein konzeptionelles Problem. Denn die Vieldeutigkeit des Menschen verträgt sich nicht mit einer häufigen Eindeutigkeit eines Dramas. Dabei erzählt dieser Film von sonnenklaren Konflikten, die eigentlich von Sekunde eins an impliziert werden. Wo hier aber das Problem liegt, ist, daß dieser Film nach einer Stunde quasi auserzählt wäre, wenn sein Regisseur ihn nicht strecken würde. Natürlich geht es um einen idiotischen Führerkult. Natürlich geht es darum, daß leichtgläubige und Menschen, die nichts mehr zu verlieren haben, in ein Abhängigkeitsverhältnis zu übergeordneten Instanzen geraten. Das entscheidende in diesem Film ist aber, daß er sich dahingehend im Kreis bewegt. Aus der anfänglich wirklich spannenden und vielsagenden Prämisse, wird nun das, was man im schulischen Sinne vielleicht aus ausreichend bezeichnen würde. Denn so vernarrt Anderson auch in seine Grundprämisse ist, so erzählt sie am Ende nur das, was man erwarten konnte. Es sind immer diese von Grund auf kaputten Individuen, die aus einer New Hollywood-Mentalität heraus die Faszination des Zuschauers haben. Doch wenn man ein System kritisieren will, dann muss man einen schmalen Grat zwischen Abtauchen und Ankreiden eines Problems wagen. Doch das gelingt Anderson in The Master leider nicht, weil der Film dafür viel zu früh klarmacht, um welche Sorte Mensch es sich im Endeffekt hier handelt. Denn unser Protagonist ist wahrlich nicht mit psychischer Gesundheit gesegnet.

Trailer zu The Master

Nun ist das an sich nicht das Problem. Doch taucht man in die Pathologie von Individuen ab, so ist klar, daß Menschen, die Gräueltaten begehen, häufig auch ein für dieses Stigma logisches Verhalten an den Tag legen, daß seinen Ursprung in einem Trauma oder dergleichen hat. Man spricht da von Befangenheit oder der fehlenden Möglichkeit einer reellen Reflexion. Aber man lässt auch im Umkehrschluß keine Kinder Strafverfahren führen, oder gar das Opfer der Tat. Denn es fehlt nun mal die Distanz dazu. Das heißt also, wenn ich eine Figur nehme, die ein System kritisieren, eine Ideologie repräsentieren und den Zuschauer belehren soll, dann habe ich den narrativen Super-GAU erschaffen, weil man nicht Kläger und Angeklagter zugleich sein kann. Zumindest nicht für die gleiche Tat. Doch The Master tut genau das mit seiner Hauptfigur. Wir haben einen völlig verstörten, vom Krieg gezeichneten Mann, dessen Leben nie wieder so richtig ins Rollen kommt. Dabei sind es doch gerade diese Menschen, die anfällig für Propaganda erscheinen. Wobei das natürlich auch wieder aus einer elitären Beobachterposition heraus gewertet ist. Geht man also zurück zu den Wurzeln des Films, so liegen die Probleme ja klar auf der Hand und es verwundert schon, daß Anderson, der handwerklich ein Virtuose ist, in diesem speziellen Fall nicht dazu in der Lage ist, seine Geschichte anständig zu straffen. Denn meine Güte passiert da nach einer Stunde nichts mehr. Wir haben die etablierten Hauptfiguren, wir haben ein Problem und wir warten auf einen Knall. Und dabei sind natürlich endlose Kamerafahrten und Spielreihen mit den sonstigen technischen Mitteln nichts, was den Zuschauer von dieser Erkenntnis ablenken sollte. Ja, auch dieser Film ist in mancher Hinsicht mehr Stil als Substanz.

Dabei greift der Film thematisch unglaublich spannende und teilweise gewagte Felder auf. So erlebt der Zuschauer neben dem verstörten Protagonisten, einen charismatischen Sektenführer, der immer mehr Menschen um sich scharrt. Dabei wird nie so ganz eindeutig, was er eigentlich tut und auch wie sein Einfluss auf die Welt nun wirkt. Es ist natürlich einerseits fragwürdig, dem Zuschauer hier nicht zu erklären, was dabei der Kern der ganzen Geschichte ist. Doch spinnt man diese Idee weiter, dann fällt auf, daß darin natürlich auch eine gewisse Genialität liegt. So bleibt der Kult selbst immer so ein wenig um Dunkeln, wie es natürlich auch die Machenschaften großer Kulte sind. Insgesamt ist die Ideologie hier mit einem Glauben definiert, vom dem aber auch alle beeindruckt scheinen. Dabei stilisiert sich deren Führer Lancaster Dodd als wahrlich weiser Philosoph, Autor, Arzt und noch vieles mehr. Was davon nun stimmt, und was nicht. Bleibt ebenso offen, wie die ganzen Reden schwammig sind. Dabei muss man kein Genie sein, um die Parallelen zu freikirchlichen Organisationen oder Sekten wie Scientology zu erkennen. Selbst wenn sie von den Machern selbst dementiert wurden, so treffen sie genau den Kern des großen Problems, daß bei diesen Organisationen eben vorherrscht. Denn The Master entlarvt eine vermeintlich freigeistige Bewegung und eine anti systemische Haltung als Farce, weil es im Kern darum geht, sich nicht der Demokratie zu unterschreiben, sondern einem Führerkult, der es mit der ganzen Welt aufnimmt. Das ist auch immer sehr pathetisch und mit einem cleveren Augenzwinkern bedacht.

Dabei wird das Sprechen der Ideologie in Form der gemeinten Wahrheit bewusst banal gehalten, sodass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Gruppe ihrem eigenen Glaubenssatz folgen können, dabei aber nie den Kern verstehen. Insgesamt wirkt Marx auch stark im Hintergrund. Denn das Opium wird hier sogar nochmal deutlich, indem tatsächliche Abhängigkeit zur Persona Lancaster Dodd durch das Auswählen von gesellschaftlich ausgestoßenen, die Eingabe von Sex, Drogen und allen anderen ersehnten Substanzen hier eben deutlich zur Sucht nach der Sekte führen. Das wird dann nicht nur in der wunderbar klaren und langen Kameraführung verdeutlicht, sondern auch durch die großartige Musik untermauert. So wirken Jonny Greenwoods Stücke hier unglaublich anspannend und dabei berauschend. Man kann sie eigentlich kaum ertragen und doch macht sie abhängig. Denn sie versetzt den Zuschauer in einen Zustand der Hektik, die dann durch die Streichinstrumente auf ein großes Drama hindeuten. Überhaupt spart der Film aber auch nicht an expliziten Bildern aus, indem Nacktheit, Drogen, Masturbation, Sex und vieles mehr Teil des Filmes sind, die damit natürlich auch wieder aufzeigen, daß es für Macht in dieser Form keinerlei Grenzen geben kann.

Ein kleiner Wermutstropfen bleibt indes der Hauptdarsteller Joaquin Phoenix. Denn in vielen Szenen kommt die verkörperte Figur viel zu plakativ herüber, weil sie von vorneherein einem stellenweisen Pseudowahn drinsteckt, der auch nicht mehr kippt. Das erinnert dabei auch stark eine Phoenix’s Leistung in Joker (2019), die eigentlich auch nur aus runterhungern und blöd lachen bestand. Wenngleich der Schauspieler hier auch ein paar Nuancen mehr zeigen darf. Ganz anders ist Philip Seymour Hoffman, dessen Spiel unglaublich intensiv ist. Man spürt die ganze Zeit, die Macht, die die Figur besitzt. Gleichsam ist auch deutlich, daß er diese viel eher durch Charisma und seine Worte verbreitet. Es bleibt auch weitestgehend unklar, ob die Figur nun ihre eigenen Worte nun selbst glaubt, oder nicht. Auch Amy Adams als radikale Anhängerin, die voll in ihrem Fanatismus aufgeht, ist indes überzeugend. Natürlich hat das auch unweigerlich starke Bezüge zum generellen Rechtsruck der westlichen Welt, weil die Rhetorik und Radikalität, aber auch die Überzeugung, mit der die Figur vorgeht, in diesem Sinne auch stark übertragen werden könnte. Wenngleich natürlich auch nicht in jedem politischen Lager. Insgesamt beläuft sich der Film aber eher auf einen Schlagabtausch zwischen Hoffman und Phoenix, welcher in seiner Kraft auch sehr starke Parallelen zu There Will Be Blood (2007) aufweist.

In seinem Werk The Master rüttelt Paul Thomas Anderson den Zuschauer wach und erzählt eine Geschichte von Überzeugungen und der Kraft dieser. Gleichsam sind es die ausweglosen Situationen einiger Figuren, die sie auf einen Weg der Radikalität führen, in welchem besonders der handwerkliche Aspekt, aber auch die Schauspieler, neben einer weniger cleveren Geschichte, zur Geltung kommen.

The Master Bewertung
Bewertung des Films
810

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