Bewertung: 4 / 5
Wir sind durch die komplette erste Staffel von The Sandman auf Netflix durch, japp, wir konnten nicht pausieren! Und tatsächlich ist die Serie mit ihren ersten zehn Episoden eine wirklich tolle Adaption der Graphic Novels von Neil Gaiman - zumindest schon einmal einem Teil davon, bekanntlich soll es nicht bei einer Staffel bleiben, es gilt noch um die 2600 weitere Seiten zu adaptieren. Hier, warum wir kaum erwarten können, wie es weitergeht nach der ersten Runde!
The Sandman Review
100 Jahre wurde Morpheus, der Herrscher der Traumwelt (Tom Sturridge), mit einem Zauberbann belegt eingesperrt und zudem seiner drei Insignien beraubt: Der Maske, dem Sack mit Traumsand und seinem Rubin. Sein Reich ist zerfallen, und auch auf die Wachwelt hat seine Gefangenschaft einen desaströsen Einfluss: Manche fallen in einen ewigen Schlaf, andere können keinen Schlaf finden oder Schlafwandeln ohne Unterlass. Ohne seine Regentschaft zerstreut sich auch seine Familie und seine Schöpfungen treiben in der Wachwelt ihr Unwesen. Als Morpheus nach 100 Jahren freikommt, gibt es daher einiges mehr zu tun, als nur seine drei Insignien wieder zurückzuerlangen...
Trailer zu The Sandman
Bereits im Vorfeld wurde klar, dass The Sandman unter auch Neil Gaimans Aufsicht zwar einiges verändert, man dem Geist der Graphic Novels dabei aber treu bleiben möchte - und das gelingt tatsächlich wunderbar! Während die Premiere erzählt, wie es überhaupt zur Gefangenschaft von Morpheus aka Dream kam und wie er wieder freikam, beginnt mit Episode 2 der Weg, seine Macht wieder voll zurück zu erlangen - und dafür braucht er seine drei Insignien. Natürlich stellt er dabei auch fest, was alles in seiner Abwesenheit passiert ist, und welche Bösewichte daraus hervorgegangen sind. Sowie welch schlechter Familienzusammenhalt unter den Ewigen zuvor schon existierte und nun ohne ihn so richtig sichtbar wird.
In den zehn Episoden bekommen seine Familienmitglieder jedoch gar nicht so viel Raum, sich zu zeigen, mal abgesehen von Death (Kirby Howell-Baptiste), der eine gesamte Folge von The Sandman gewidmet ist - doch ihr Wirken wird mehr als deutlich und die kurzen Anteaser-Szenen, in denen Ewige in Erscheinung treten, machen genug neugierig, sie in einer weiteren Staffel noch besser kennenzulernen.
Mehr Spielraum bekommen zum einen die Schurken, die aus der Premiere von The Sandman hervorgegangen sind, der Korinther (Boyd Holbrook) und John Dee (David Thewlis, der schon in Fargo ein toller Schurke war) sowie weitere abtrünnige Traumwesen, zum anderen Lucifer (Gwendoline Christie), der eine höllisch gute Episode gewidmet wird, wie auch Johanna Constantine (Jenna Coleman) und ein gewisser Freund von Morpheus. Doch auch die eher am Rande mitlaufenden Charaktere werden gut in die Story mit eingeführt, sowie coole und sweete animalische Fantasy-Kreaturen aus den Vorlagen. Am besten liest man die Graphic Novels erst hinterher, um sich so manch spannende Wendung nicht schon vorwegzunehmen.
Kenner:innen, bei denen es schon länger her ist, sie gelesen zu haben (und nicht schon zu oft), werden zwar einiges rasch wiedererkennen und sich über so manch sehr nahe Umsetzung in The Sandman freuen, doch mit Glück werden auch sie überrascht, wenn die Erinnerung erst mit dem Schauen so richtig wiederkehrt. So manche Änderung bietet aber auch ihnen Neues. Der Look und die Fantasy-Horror-Stimmung sind toll, auch wenn man sicher hier und da beim CGI mäkeln kann - dennoch ist es Jammern auf hohem Niveau, denn die wichtigsten Elemente und Locations sehen richtig gut aus!
Die Story teilt sich dabei in zwei große Teile neben den kleineren Etappen, dem der Wiedererlangung seiner Insignien und Macht (Nocturne-Story), sowie der Rose-Story - der Name sagt Kenner:innen genug. Mehr wollen wir dazu auch gar nicht verraten! The Sandman wird von Folge zu Folge einfach nur immer besser, und die genannten Charaktere im Fokus werden mit Tiefgang ausgerollt und ihre Story spannend erzählt. Wir waren damals schon froh, als es hieß, dass man weg von der Verfilmung hin zu einer Serienadaption geht, das haben die Graphic Novels auch einfach verdient, deren Storys man nicht zusammengekürzt auf einen Film oder eine Trilogie hätte sehen wollen. Mal abgesehen vielleicht von kleineren Spin-off-Storys, nachdem man eine würdige Basis als Serie zuvor schon gelegt hat.
Der Cast von The Sandman ist nicht nur bezüglich des Titelstars, der ein wunderbarer Morpheus in all seinen Facetten ist, super besetzt, auch wenn man sich an manch neuen Look gewöhnen muss - die Wesenszüge, die Ausstrahlung und Art der Charaktere werden so gut rübergebracht, dass der Look tatsächlich schnell in den Hintergrund rückt. Die Musik unterstützt die Stimmung sehr gut, und für Fans sind die Abspannszenen, für die der Illustrator der Graphic Novels aus dem Ruhestand wiederkehrte, ein tolles i-Tüpfelchen obendrauf.
Kurz, für uns gingen die zehn Episoden von The Sandman viel zu rasch vorbei, und für uns Fans der Graphic Novels ist der Wiederschauwert definitiv 100%, objektiv gehen wir etwas runter und lassen auch sonst für die Folgestaffeln und noch tiefer oder auch generell noch einzuführenden restlichen Ewigen noch etwas Luft nach oben in der Wertung. Fantasy und Horror sind hier neben Thrill und Drama gut gewichtet, und die Freigabe ab 18 Jahren auf Netflix sagt euch schon genug, dass hier kein Kinderkram zu erwarten ist. Wir freuen uns auf mehr davon und hoffen insgeheim, dass wir nicht ein Jahr warten müssen auf die nächste Season, sondern schon vorproduziert wurde... schön wäre es ja! :-)
Einen größeren Minuspunkt gibt es für uns, für die deutsche Synchrostimme von Morpheus, die uns etwas zu jugendlich hoch geraten ist in der Tonlage, auch wenn die Betonungen passen - schaut es daher am besten auch noch einmal im Original, wer kann.
Wiederschauwert: 80%