Bewertung: 4 / 5
Beim Videothekengang in den Sinn gekommen: [b]3:10 to Yuma[/b] aka [b]Todeszug nach Yuma[/b]. Hab ich mir den Film doch tatsächlich endlich angeschaut. [b]3:10 to Yuma[/b], der Spätwestern um Russel Crowe und Christian Bale, inszeniert von [i]James Mangold[/i] aus dem Jahr [i]2007[/i] besticht vor allem durch staubige Westernbilder und einen tollen Soundtrack. Welche Qualitäten ihn insgesamt auszeichnen werde ich im Folgenden erörtern [u][b]Inhalt:[/b][/u] Der Farmer und Kriegsveteran Dan Evans erwacht voller Schrecken gemeinsam mit seiner Familie aus dem Schlaf. Verstörende Geräusche dringen an ihre Ohren. Als sie aus dem Fenster schauen, sehen sie wie ein paar unbekannte Reiter den Pferdestall in Flammen setzen. Nachdem die Pferde und Sättel gerettet sind, wird Evans schnell klar, was das Motiv des Anschlags war. Auf seinem Land soll die neue Eisenbahnlinie verlaufen, weshalb Evans den Betreibern der Eisenbahn ein Dorn im Auge ist. Um die Verantwortlichen zur Rede zu stellen begibt er sich nach Bisbee, wo er Zeuge der Gefangennahme des Outlaws Ben Wade wird. Da für den Gefangenentransport zur Bahnstation nach Contention noch einen Mann benötigt wird, meldet sich Evans freiwillig, um für den erfolgreichen Transport 200 $ zu verdienen, die er so dringend für seine Farm bräuchte. Während des Transports sind den Männern um Evans und den Kopfgeldjäger Byron McElroy Wades Männer auf den Fersen, die vor nichts zurückschrecken ihren „Boss“ zu befreien. Das Ziel ist klar, 3:10 Uhr soll Wade in Contention in den Zug nach Yuma gesetzt werden, doch die Antwort darauf, wer diesen Höllentrip überlebt, bleibt ungewiss.. [b][u]Kritik:[/u][/b] [b]3:10 to Yuma[/b] lebt insbesondere von der großartigen Chemie zwischen [i]Christian Bale[/i] und [i]Russel Crowe[/i]. Die beiden Figuren [i]Dan Evans[/i] und [i]Ben Wade[/i] werden schnell zu den beiden direkten Kontrahenten herausstilisiert. Der Fokus bleibt auch die gesamte Dauer des Films über auf diesen beiden haften. Dabei ist Bales Evans ein vom Krieg versehrter Mann, der die Farm seiner Familie nur mit Mühe bewirtschaften, seiner Familie kaum etwas bieten kann. Ein Versager, ein Taugenichts der sich nur mit Glück durchs Leben schlägt. Auf der anderen Seite steht Crowes Wade, der etliche Menschenleben auf dem kaum vorhandenen Gewissen hat, mordet und raubt und mit seiner Bande den Westen unsicher macht. Doch das Verhältnis zwischen den beiden Männern wandelt sich im Laufe des Films. Während Evans in Wade zunächst nur den Verbrecher und Unmenschen sieht, wird ihm, gemeinsam mit dem Zuschauer, zunehmend die Ambivalenz in dessen Charakter klar. Er ist kaltblütiger Mörder, das leugnet er auch nicht, aber zugleich tadelt er Evans für die schlechten Lebensumstände, die er seiner Familie auferlegt. Er provoziert Evans indem er ihm seine Schwäche vor Augen führt. Dabei geraten die Männer immer wieder aneinander und obgleich mehr als einmal klar wird, dass Wade der Überlegene ist, tötet er Evans nicht. Er spielt mit ihm und verhilft ihm letztlich auf seine ganz eigene Weise zu neuer Selbstachtung und dem Einsehen, dass er mehr sein kann, mehr sein muss, als er nach seiner Verletzung im Krieg wurde. Ein Held ist Evans dabei nicht, eher ein klassischer Antiheld, unfreiwilliger Streiter für das Gute, dem jedoch nicht viel mehr bleibt, als der bloße Wille, das Richtige zu tun. Bis zum Schluss unbestechlich und aufrecht verteidigt er zumindest seine Ehre. Wade hingegen lernt auch von Evans. Er findet Gefallen an diesem standhaften Mann, der für seine Ideale einsteht und bereit ist für seine Familie letztlich bis zum Äußersten zu gehen. Der durchweg genial gespielte und allein durch seine Präsenz beeindruckende Charakter bleibt undurchsichtig und scheint mehr zu verbergen, als er offenbart. Über seine Vergangenheit lernen wir nur sehr wenig, seine Zukunft scheint ungewiss, er lebt für die Gegenwart, er lebt für sich selbst. Er bringt es selbst auf den Punkt, wenn er davon spricht, dass ein Mann sich das nehmen muss, was er will, das liege in seiner Natur. Und nach diesem Credo lebt er, dabei scheint er trotzdem in gewissem Maße ein Mann von Ehre und Idealen zu sein, jedoch ist er beim Töten so gnadenlos wie keine andere Figur im Film. Bei den anderen Figuren auf Seite der „Guten“ beeindrucken insbesondere der unvergleichliche [i]Peter Fonda[/i] als alternder Kopfgeldjäger [i]Byron McElroy[/i] und [i]Logan Lerman[/i] in der Rolle von [i]Evans Sohn William[/i]. Während Fonda den verschrobenen, knarzigen und knallharten Kopfgeldjäger mit viel Präsenz auf die Leinwand bringt, gelingt es ihm die völlige Unnahbarkeit der Figur zu vermitteln. Seine Leinwandzeit bleibt zwar begrenzt, doch die Figur gefällt definitiv. Lermans William beeindruckt vor allem durch seinen Willen, seinem Vater zu beweisen, dass er ein besserer und stärkerer Mann ist als dieser. Dabei übergeht er zu Beginn das Verbot des Vaters, der Gruppe zu folgen. Zum Ende hin wird jedoch klar, dass es nicht zuletzt um Akzeptanz geht. Akzeptanz, dass der Sohn das Mannesalter erreicht hat und auch für sich und die Familie sorgen kann und will. Aber auch die Akzeptanz, dass er möglicherweise wirklich der stärkere Mann geworden ist und seinen Vater überflügelte. Die zunächst eher dickköpfige und unsympathische Figur gefällt immer mehr und überzeugt dann gegen Ende wirklich völlig und wird zum Sympathieträger. Auf Seite der "Bösen" gibt es natürlich noch die zentrale Figur des [i]Charlie Prince[/i], verkörpert von [i]Ben Foster[/i]. Die Figur ist sadistisch, bösartig und zugleich bedingungslos Loyal zu seinem „Boss“ Ben Wade. In seiner Jagd auf die Häscher seines Boss ist er gnadenlos und schreckt vor nichts zurück. Es wird klar, dass er und seine Männer Wade etwas schuldig sind. Dass sie Gründe für die Loyalität haben, obgleich diese niemals klar thematisiert sind. So steckt selbst in diesen negativ gezeichneten Figuren mit Prince an ihrer Spitze ein Mindestmaß an ehrenhaftem Verhalten, wenngleich in einer äußerst verdrehten Form. Was die Handlung angeht, so begleitet sie vorwiegend den Transport Wades zum Zug. Die Gruppe, die Wade eskortiert bekommt es mit unterschiedlichen Problemen zu tun, deren sie sich in der Regel mit Gewalt entziehen müssen. Mangolds Westen ist ein typischer, von Gewalt und Gegengewalt geprägter. Gezeichnet nah an den Ideen des Italo-Western wie Antihelden und Ambivalenz in den Figuren doch zugleich auch mit Figuren und Motiven des klassischen Western wie Ehre und Loyalität versehen. Dabei verknüpft er unterschiedliche Tugenden des Genres gekonnt und vermittelt diese durch gute Dialoge, die er insbesondere Crowe und Bale in den Mund legt und durch tolle Bilder. Die Landschaftspanoramen, gefilmt vorwiegend in New Mexico, geben dem Film eine sehr typische, staubtrockene, Westernatmosphäre. Das gefällt und zieht den Zuschauer in den Film und die Handlung herein. __________ Schön ist auch die Metaebene, die der Film auftut. So wie Evans Farm von der Bahnlinie bedroht wird und die sich nähernde Bahn den Untergang zu bedeuten scheint, wird auch schnell klar, dass Evans physischer Weg zur Bahn wo er Wade abliefern soll, seinen Weg in den fast sicheren Untergang bedeutet. Diese Entwicklung der Geschichte parallel zum tatsächlichen, existenzbedrohenden, Ausbau der Eisenbahnlinien verleiht dem Film eine schöne Symbolik, aber auch eine durchdringende Tragik, die Bales Figur innewohnt. Doch dieser Zwiespalt zwischen Familie und selbst auferlegter Pflicht und das Bewusstsein um die Hoffnungslosigkeit des Unterfangens wird von Bale sehr intensiv und klasse eingefangen. Schauspielerisch ist das jedenfalls ganz große Klasse und Bales Spiel kann sich durchaus mit dem des wie immer genialen Crowe messen. Mangold gelingt es, die Handlung einer Klimax folgend zunehmend spannender werden zu lassen. Ist man zu Beginn noch eher skeptisch, wohin der Film da plätschert und warum er sich so viel Zeit lässt, so wird man mit der zunehmenden Laufzeit interessierter und der Film zieht einen in seinen Bann. Die Effekte, die Shoot-Outs und die Konfrontationen werden mehr, die Action ist mitunter sehr treibend und glücklicherweise meist sehr im Geschehen gefilmt. Das nimmt den Szenen jedoch keineswegs die Übersicht, wie vielleicht zu befürchten wäre, sondern verleiht ihnen eine besondere Intensität und lässt durch geschickte Kameraeinstellungen trotzdem immer sehen, wer gegen wen ist. Das ist filmisch toll gelöst und verleiht den actionreichen Schießereien eine besondere Qualität. Problematisch stellt sich nur der wie erwähnt eher lahme Beginn dar. Nachdem der Einstieg auf der Farm der Evans´ angenehm direkt und kurzweilig gestaltet ist passiert erstmal wenig. Eine Postkutsche wird überfallen, Figuren werde eingeführt und zunächst wird die Linie nicht ganz klar. Wenn jedoch dann die Handlung startet, gewinnt der Film an Fahrt und die Probleme lösen sich. Schön ist jedoch an dem eher gesetzten Tempo, dass sich Mangold um seine Figuren kümmert und den Fokus niemals verliert oder gar gänzlich auf die Action übergehen lässt. So spannend der Film zum Schluss wird, so nah bleibt er am Ende an der Entwicklung der Figuren, die nachvollziehbar bleibt. Zu erwähnen ist nun zuletzt noch der tolle Soundtrack von [i]Marco Beltrami[/i], der zuletzt mit dem fesselnden und genialen Soundtrack zu [b]The Woman in Black[/b] von sich reden machte und der hier auch eine großartige Arbeit abliefert. Der Score unterstützt die Handlung, trägt sie mitunter gut und reißt einen mit. Dabei drängt er sich nicht in den Vordergrund und bleibt trotz Präsenz angenehm dezent. Grade zum Ende hin steigert sich der Score dann auch noch mal, um zum Schluss einige der besten Themen aufzubringen, die einen als Zuschauer voll mitgehen lassen. Sehr hörenswert! [u][b]Fazit:[/b][/u] Beeindruckende Bilder, ein toller Score, zwei beeindruckende Hauptdarsteller, eine gut aufgelegte Nebendarstellerriege, knackige Action und eine dicht inszenierte Handlung. Das sind die Zutaten, mit denen James Mangold seinen Spätwestern inszeniert. Obgleich er damit keineswegs das Genre revolutioniert hat und oftmals bekannten Schemas folgt, kann er mit [b]3:10 to Yuma[/b] doch absolut überzeugen. Er versteht es, die einzelnen Elemente gekonnt zu verknüpfen und verleiht dem Film sogar durch die Parallele zwischen Eisenbahnausbau und dem Niedergang Evans dieses entscheidende Quäntchen „mehr“, das man sich als Filmfreund wünscht. Dadurch hat sich [b]3:10 to Yuma[/b], [u][b]8/10 Punkte[/b][/u], bzw. [b][u]4/5 Hüte[/u][/b] durchaus verdient, weil er als Western auf ganzer Linie überzeugt und klasse unterhält. Dass er sich dabei mitunter ein bisschen zu wenig Neues traut und eher bekannte Motive nutzt, sowie klassische Wege beschreitet, mag man ihm verzeihen. Dafür funktioniert das Gesehene einfach zu gut. Wer Western mag sollte auf jeden Fall einen Blick riskieren, alle anderen sollten sich zumindest überlegen, ob die geniale Performance von Bale und Crowe nicht ein Anreiz zum schauen wären. In diesem Sinne, viel Spaß beim Film und bis zum nächsten Mal.
Todeszug nach Yuma Bewertung