Bewertung: 4.5 / 5
Das ist eine Kritik, die ich eigentlich nur verfasst habe, weil ich in irgendeiner anderen Diskussion mit TiiN, Kayin, luhp und Silencio über die Für und Wider diskutiert habe, warum Dunkirk jetzt ein unkonventioneller bzw. Arthouse-Kriegsfilm sein soll. Nur für die, die diese Diskussion nicht verfolgt haben: ich bin der Meinung, dass Dunkirk kein Arthouse-Film ist und auch kein Antikriegsfilm ist, er ist lediglich leidlich unkonventionell durch die drei Zeitebenen, aber selbst da macht er gar nichts Neuartiges. Aber ich schweife ab. In diesem zusammenhang kamen wir auf Wege zum Ruhm zu sprechen. Und da ich eine Behauptung in den Raum stellte (dazu weiter unten mehr, keine Sorge!), für welche ich nach kurzer Recherche im Netz zu meiner Überraschung keinen Beleg finden konnte, dachte ich mir, ich schreibe eine ausführliche kritik zu dem Film.
Und da ich zuletzt in meinen Filmkirtiken immer sehr ausschweifend bin und mehr als nur einen Quervergleich mit anderen Filmen anstrebe, wird meine kritik zu Wege zum Ruhm auch meine allumfassende Kritik zum Thema Kriegs- bzw. Antikriegsfilm im Bereich des Populärfilms. Ihr seid vorgewarnt. Es wird wirklich lang!
Was ist für mich ein Antikriegsfilm?
Zu allererst mal sollte ich vielleicht erklären, was für mich der Begriff Antikriegsfilm bedeutet, denn ich hab das Gefühl, dass das jeder ein bißchen anders wahrnimmt. Viele Leute nennen beispielsweise Saving Private Ryan als den ultimativen aktuelleren Anti-Kriegsfilm, oder sogar sowas wie Dunkirk. Für mich sind das definitiv keine Antikriegsfilme. Knöpfen wir uns mal Private Ryan vor: Der Film beginnt mit einem extrem pathetischen Marsch eines alten Mannes, gefolgt und fotografiert von seiner Familie, dann die Rückblende, woe quasi gleich als erstes die Hölle auf Erden losbricht, wo auch gar nichts beschönigt wird und abschreckt, aber als man private Ryan dann schließlich findet, ist er ein aufrichtiger Pfadfinder, der zu seinen Kameraden steht und gute amerikanische Werte repräsentiert. Das ist alles schön und gut, aber der Film ist ganz klar als Massenfilm konzipiert, der niemanden verstört zurück lässt, eher ein bißchen belämmert und traurig, weil Tom Hanks und Vin Diesel sterben. Der Film ist Pathos pur. und die bereits angesprochene Schlachtszene? Nun ja, wenn man vor dem fernseher sitzt und sich über die tollen Effekte freut, dann macht der Film sicher nicht 100% alles richtig. Ein Anti-Kriesgfilm ist für mich ein Film, der den Zuschauer über die Kriegsgräuel aufklärt, ihm ein extrem mulmiges Gefühl im Magen zurück lässt und der nachhaltig verstört. Dabei muss er noch nicht einmal besonders radikal oder brutal sein, er muss eigentlich nur seine Protagonisten entweder komplett zerstören (psychisch oder physisch) oder wenn er satirisch angehaucht sein will, den Riesenarsch von Protagonisten mit allem möglichen Scheiss zum Entstezen des Zuschauers durchkommen lassen. Nur weil ein Film tricktechnisch in der Lage ist, zerfetzte Laiber in Perfektion darzustellen, macht es ihn noch lange nicht zu einem Antikriegsfilm. In den meisten Fällen ist dann sogar das Gegenteil der Fall, da dann plötzlich die Kriegsgräuel zu Schauwerten degradiert werden. Bitte nicht falsch verstehen, ich mag den Soldaten James Ryan, ich finde es auch einen der besseren Spielberg Filme, aber ein Antikriegsfilm ist was anderes - für mich. James Ryan ist eher ein Unterhaltungsfilm, der ein paar kritische Anmerkungen hat, aber sich nicht zu weit aus dem fenster lehnen will. Und das ist auch völlig ok. Da ist sogar ein First Blood (Rambo) für mich ein wirklich astreiner Antikriegsfilm in der Tradition eines Deer Hunter, vermengt mit dem Actionkino der frühen 1980er Jahre. Und sowas ist mir deutlich lieber. Ich möchte jetzt nicht wieder davon anfangen, wie Stallone seine Paraderollen durch sinistre Fortsetzungen ihrer ursprünglichen Bedeutung beraubt hat, also wechsle ich jetzt mal geschwind den Film. In die Riege solcher Filme wie Soldat James ryan fällt unter anderem auch der absolut sehenswerte Südkorea-Reisser Brotherhood, der prinzipiell genauso inszeniert ist, als wäre er von Spielberg, der dann aber noch mehr Eier in der Hose und deutlich kritischer mit dem Kriegstreiben wird, aber die sentimentale Rahmenhandlung macht ihn genauso zu einem kalkulierten Blockbuster. A Propos Blockbuster: Da gibt es dann natürlich diejenigen Filme, die dann auch noch vom US-Militär unterstützt werden, solcher patriotischer Superkitsch wie Pearl Harbour. Wer über diese Filme erzählt, sie wären Antikriegsfilme, ... naja, mit dem kann ich in 10 Jahren nochmal reden, wenn sie ein paar andere Filme gesehen haben. Also das alles sind also keine Antikriegsfilme für mich, was ist dann doch ein Antikriegsfilm -abgesehen von Rambo und den Muppets?
Nun ja, fangen wir mal mit dem offensichtlichsten Film aus heutiger Sicht an: Apocalypse Now. Ganz klar, wir haben hier traumatisierte Figuren in einer traumatisierten Welt, die irgendwie traum(a)wandelnd zu Grunde gehen. Sicher, es gibt auch hier irgendwelche jolenden Fans, die ganze Zeilen des Films auswendig mitgröhlen, aber das ändert nichts daran, dass der Film dann doch was anderes vermittelt als: Krieg ist Geil, komm zum Millitär!
Dann sind da noch diese japanische Kriegstrilogie, die ganz klar die Bestie Mensch seziert (Barfuss durch die Hölle), solche Filme wie Johnnie zieht in den kKieg und natürlich Die durch die Hölle gehen. Alles auf ihre Weise deutlich gegen den Krieg orientiert und sehr pessimistisch angehaucht. Aber damit hat es sich nicht gleich.
Ein Film ist auch immer ein Film, der erst mal viel geld gekostet hat, gemacht zu werden, d.h. er sollte auch darauf ausgerichtet sein, irgendwie etwas geld einzuspielen. Sprich: Er sollte auch immer so konzipiert sein, dass er möglichst viele leute abholt und - im Falle eines Antikriegsfilmes - die Leute trotz der verstörenden Nachrichten auch zum Wiederkauf eines Kinotickets zu animieren.
Ein Film wie Komm und Sieh, den ich persönlich formal für den besten mir bekannten Antikriegsfilm halte, möchte ich beispielsweise nie wieder sehen, so entsetzt war ich über den Film, dass ich beim Schauen das gefühl hatte, dass meine Augen immer größer werden und gleich aus meinem Schädel plumpsen. Auch ein Slaughterhouse 5, so gut er ist, und von der kritik ebenfalls hoch gelobt wird, ist eigentlich kein Massenkompatibler Film. Daher: Selbst ein Antikriegsfilm muss irgendwie massenkompatibel sein. Und daher kann ich beispielsweise Komm und Sieh, obwohl ich ihn inhaltlich besser als Apocalypse Now ansehe, nicht einmal ansatzweise gleich hoch bewerten.
Das bringt uns endlich zu den beiden in Frankreich jahrzehntelang untersagten Filmen: Im Westen Nichts Neues und Wege zum Ruhm, beides Filme über den ersten Weltkrieg aus der Sicht französischer Soldaten, bei der Frankreich natürlich nicht allzu gut wegkommt. Aber das ist gar nicht die Pointe der Filme, es geht ganz allgemein um Krieg an sich. Beides mit die besten Filme im Genre. Und nachfolgend endlich die Besprechung von Wege zum Ruhm.
Handlung und Besprechung
Mal eine Umreißung, inkl. des Verrates vom ende, da ich nicht davon ausgehe, dass jemand den Film schauen wird, der ihn noch nicht kennt: Schützengrabenkrieg, ein französischer ranghoher Offizier will sich profilieren und befiehlt seiner Kompanie eine Selbstmordmission. Als diese sich weigert, will er das Feuer auf seine eigenene Männer eröffnen lassen. Später stellt er die gesamte Kompanie wg Feigheit vor dem Feind vor Kriegsgericht, doch man kann sich darauf einigen repräsentativ nur drei Männer zu opfern. Diese werden aus persönlichem Kalkül ausgewählt und das kriegsgericht ist eigentlich eine Farce. Als ein Kommandant, der sich für seine Leute aus seiner Überzeugung heraus stark machte, sich gegen den genral stellt, bekommt die ganze Bataillon den Befehl sofort wieder auf die Front zu gehen, im Prinzip deren Todesurteil.
Der Film prangert recht deutlich Opportunitätsdenken, Egoismus und Kalkül auch auf Kosten von zigtausend Menschen an. Die Soldaten werden irgendwann zwar als komplett verroht und verwahrlost dargestellt, aber das ist nur Ergebnis der Führungsriege des Millitärs, das diese Menschen einfach wie Figuren hin- und herschieben und wenn nicht mehr benötigt, wegwerfen. "Sie sind ja tatsächlich ein Idealist?!? Sie ekeln mich an!" Die wenigen Menschen, die sich noch Menschlichkeit bewahrt haben, müssen dafür teuer bezahlen oder tun gut daran, diese Menschlichkeit gut zu verstecken.
Mit seiner geringen laufzeit von knapp 90 Minuten deckt Kubrick mit Wege zum Ruhm einen Großteil von Themen ab und es gelingt ihm auch noch dabei, ein Finale hinzuzaubern, dass sich vor keinem Finale eines Filmes jeglicher Güte zu verstecken braucht (Versprochen, dazu gleich mehr). Aber damit nicht genug, er fängt mit einer grandiosen Plansequenz an, erzählt virtuos mehrere zwischenmenschliche Geschichten und klagt nicht nur die Kriegsmaschinerie an, sondern auch diejenigen, die sich an ihr bereichern bzw. durch sie unliebsame leute loswerden (was im Prinzip aufs Gleiche hinaus läuft).
Kirk Douglas ist dabei ein Riesendank auszusprechen, dass es diesen Film überhaupt gab: Er hat das Riesenpotential bemerkt, das im damals noch jungen Stanley Kubrick schlummerte und ihn erstens überzeugt, diesen Film zu drehen. dann hat er Kubrick darin bestärkt, dass der Film auch sein düsteres Ende behalten müsse, welches sie in einer legendären Guerilla-Taktik bei den Produzenten durchgeschmuggelt haben. Douglas wusste daher, welch Rohdiamant Kubrick zu der Zeit war, und hat ihn daraufhin auch als Ersatz fürAnthony Mann als regisseur für Spartacus geholt, was man auch jenem Film sofort ansieht. Aber Douglas und Kubrick waren zwei Alphatiere, die irgendwann sich derart in die Haare gekommen sind, dass beide nicht mehr miteinander arbeiten wollten, doch bis dahin haben sie Filmgeschichte geschrieben. Dennoch, es ist nicht alles Gold, was bei Douglas glänzt: Denn auch wenn er sich für den Film strak machte und auch dafür kämpfte, dass er so kompromisslos enden sollte, bei einer Sache war er unnachgiebig: Obwohl er wußte, dass der Film in dieser Form wahrscheinlich kein Geld machen würde, pochte er auf sein üppiges übliches Gehalt, so dass der noch junge Kubrick auf Gehaltsanteile verzichtete.
Dann kam der Film raus und galt gleich als zum einen Meisterwerk, zum anderen aber auch als Machwerk und in nicht wenigen Ländern wurde er auf Jahre gebannt, in Frankreich bis weit in die 1970er.
Wie gut ist der Film tatsächlich?
Wege zum Ruhm steht und fällt mit dem Ende, und das hat es einfach in sich. Stetig steigert sich die Spannungskurve des Filmes, welches eigentlich ein Millitärgerichtsfilm sein sollte, und findet ab der Stundenmarke ungefähr mehrere Glanzlichter hintereinander: Die radikale Exekution, welche teilweise schon groteske Züge annimmt, die Ausbotung des ranghohen Offiziers, wo das Publikum schon fast glaubt, dass zumindest die Schuldigen ihre gerechte Strafe bekommen könnten, dann jedoch das Boden unter den Füßen weggezogen bekommen beim Streitgespräch und schließlich der emotionale Schlag in die Magengrube bei der Taverne.
Das alles macht Wege zum Ruhm zu einem der besten Filme zu diesem Thema, und eigentlich gibt es keinerlei Grund zum Meckern. Wäre da nicht dieser kleine Umstand:
Unterschiede in den Fassungen bei der Spelunkenszene:
Erst mal (komisch das ausgerechnet so weit unten sagen zu können) möchte ich anmeken, dass ich mir das ganz sicher nicht eingebildet habe, denn so einen gravierenden Aspekt kann ich mir einfach nicht ausgedacht oder eingebildet haben. Aber ich war wirklich erstaunt darüber, dass ich auf die Schnelle einfach kein Beleg für meine gleich folgende Behauptung finden konnte. Wer das doch kann, bitte gerne in den Kommentaren schreiben.
Ich weiss, dass die DVD Version mit der Spelunkenszene wie folgt endet: Ein Mann kommt zu Kirk Douglas, sagt ihm, dass sie quasi sofort ausrücken müssen, dann kommt der Abspann. dafür gibt es auch sogar auf Youtube diverse Videos und es ist allgemein als das Ende anerkannt.
Die Version, die ich Fernsehen gesehen habe, endete aber wie folgt: Aus der Taverne drint noch der Gesang heraus, ein Mann kommt zu Kirk Douglas, sagt ihm etwas, was wir aber nicht hören, da der Gesang das übertönt. Dann kommt der Abspann. Nach dem Abspann erst hört man, was der Dialog war.
Das ist ein kleiner aber feiner Unterschied: Zum einen haben wir hier eine kleine Spielerei mit den Zeitebenen (etwas was man ja gemeinhin Dunkirk zum Beispiel immer hoch anrechnet, weil das auch ein Vermarktungsgegenstand war, im vorliegenden Fall ist es aber völlig organisch integriert), zum anderen bekommt der Zuschauer den Gesang aus der Taverne noch immer mit, was die Gänsehautszenen nur noch weiter verlängert, und zum anderen haben wir die absolut bittere Pointe des Films wirklich genau mit dem schwarzen Bildschirm. Das ist perfekt getimter Schockeffekt, der den Zuschauer - auch wenn er weiss, was der Dialog gewesen sein dürfte - einfach nochmal härter in die Weichteile trifft.
Ich bin mir nicht sicher, ob es mittlerweile eine Veröffentlichung gibt, die diese Szene in der Fernsehversion hat, es ändert auch nicht gravierend das Ende, aber es wäre wirklich das schönere Ende.
Nichtsdestotrotz: Sehr sehr guter Film, 9 Punkte