Wisst ihr noch, wie Thanos (Josh Brolin) am Ende von Avengers - Age of Ultron sagte, "Na schön, ich kümmere mich selbst darum!"? Da dachte man noch, er würde die Jagd nach den Infinity-Steinen jetzt allein in die Hand nehmen, stattdessen kreuzt er in Avengers - Infinity War mit einer ganzen Armee und seiner Black Order auf.
Nicht ihr Film, sagen die Infinity War-Autoren Stephen McFeely und Christopher Markus zu besagter Post-Credit-Szene. Sie sind deswegen genau verwirrt wie wir. Auch der andere Infinity-Handschuh in Odins (Anthony Hopkins) Schatzkammer stellte ein Kontinuitäts-Problem dar, das gelöst werden musste. Es soll wohl nicht das Original, sondern nur eine Attrappe gewesen sein, wie es Hela (Cate Blanchett) in Thor - Tag der Entscheidung ja angedeutet hat.
Nachdem Thanos bislang immer nur kurz angeteast wurde, soll er jetzt als Schurke dargestellt werden, der diese epische Storytelling-Level rechtfertigt und erfordert. Man wird merken, dass sie keine halben Sachen mehr mit ihm machen, erklärt Markus. Thanos ist der Hauptcharakter des Films und erhält deshalb auch die meiste Screentime. Er sollte nicht wie eine unaufhaltsame Maschine wirken, die Infinity-Steine einsammelt, als gehe sie shoppen. Darum wurde ihm eine hochemotionale Geschichte auf den Leib geschrieben, seine Origin-Story sozusagen. Und es sollte auch nicht so wirken, als sei die Erde wieder der Mittelpunkt von allem, als befänden sich zufälligerweise alle Steine in Amerika. Vielmehr teilt sich die Handlung auf die Erde und den Weltraum auf, alles wird breitflächiger aufgezogen.
Laut McFeely durfte es nicht so sein, als werde bei jedem eingesammelten Infinity-Stein einfach ein Häkchen drangemacht. Es musste auch charakterlich etwas bewirken, die Story voranbringen und Folgen für bestimmte Charaktere haben. Tödliche Folgen womöglich? Diesbezüglich bekamen Markus und McFeely von den Marvel Studios keine Vorgaben, sie hatten jede Menge Spielraum. Die einzige Regel war, dass es keine Regeln gibt. Niemand war sicher. Solange es aus Story-Sicht einen guten Grund dafür gab, jemanden sterben zu lassen, seien die Marvel Studios offen für alles gewesen, erzählt Markus. Zwar wollten sie keine Blume ausreißen, die gerade erst zu erblühen beginnt, aber so eine schöne große Blume? Vielleicht... Mit anderen Worten: Die neueren Gesichter im Marvel Cinematic Universe dürfen sich relativ sicher fühlen, die ältere nicht unbedingt.
Markus und McFeely mussten auch abwägen, welche Charaktere zusammengesteckt werden sollen. Bei der Masse an Superhelden war das Bilden von Teams unerlässlich, um alle unterzubekommen. So sieht man auf einem neuen Szenenbild Doctor Strange (Benedict Cumberbatch), Tony Stark (Robert Downey Jr.), Wong (Benedict Wong) und Bruce Banner (Mark Ruffalo) durchs verwüstete New York streifen. Sie überlegten sich, welche Kombination witzig wären, immer auf der Suche nach - wie McFeely sagt - Vergnügen und Terror. Viel Terror.
Der Ton der verschiedenen MCU-Charaktere vermischt sich in Avengers - Infinity War: Wird beispielsweise von einer intensiven Szene mit Black Panther (Chadwick Boseman) und Captain America (Chris Evans) zu Star-Lord (Chris Pratt) und Drax (Dave Bautista) übergeblendet, kann man erst mal durchschnaufen. Nicht weil die Guardians of the Galaxy weniger Plot-Last tragen, sondern weil der Ton ein anderer ist. Lustig wird es auch, wenn diese so unterschiedlichen "Welten" aufeinanderprallen. James Gunn scheint jedenfalls zufrieden damit zu sein, wie seine Guardians eingebaut wurden. Er hat den Film bereits gesehen, Avengers - Infinity War sei unglaublich (sogar in Großbuchstaben), twitterte er. Das sei alles, was er dazu für den Moment sagen werde.
Tatsächlich spart man sich das Debüt von Carol Danvers aka Captain Marvel (Brie Larson) für den Captain Marvel-Film auf, der zurzeit gedreht wird. Avengers - Infinity War findet folglich noch ohne sie statt, aber in Avengers 4 darf sie dann ins Geschehen eingreifen und ihre Superkräfte, deren Ausmaß alles Bisherige im MCU übersteigt, in den Dienst der Avengers stellen. Markus vergleicht sie vom Typ her mit Captain America, einer inzwischen seltenen Art von Charakter: eine rechtschaffene Person, die auch weiß, dass sie im Recht ist, und nicht hören will, dass man ihr erzählt, sie liege falsch. In Anbetracht all dieser fehlerbehafteten, schwierigen Leute sei es spaßig, noch jemanden mit einer klaren Vision hinzuzugewinnen.
Da der Captain Marvel-Solofilm noch nicht existiert, müssen sie sich bei Avengers 4 im Moment auf ihr Bauchgefühl und ihre guten Absichten verlassen. Nicht so einfach, bestätigt McFeely - oder wie er es nennt: ein Albtraum. Er denkt jedoch, dass sie es auf recht clevere Art und Weise gelöst haben.
Avengers Infinity War is INCREDIBLE. Wow!!!! And that’s all I’ll say for the time being. #Avengers #AvengersInfinityWar #InfinityWar
— James Gunn (@JamesGunn) 22. März 2018