Kann nicht jede Woche Super Bowl sein? Der Zeitpunkt für eine vorzeitige Veröffentlichung hätte jedenfalls nicht besser passen können, denn mit Folge 4 und Folge 5 von The Last of Us wurden gleich zwei Episoden in einer Woche veröffentlicht, die einen der eindringlichsten Story-Arcs der Videospielvorlage zu einem tollen Fernsehereignis bündeln.
Zwar monierten wir bei der Anfang dieser Woche veröffentlichten Episode "Niemand wird uns finden" noch, dass diese etwas zu kurz ausgefallen ist (siehe unsere Review), doch wie ersehnt hat man mit "Ertragen und Überleben" (Originaltitel: "Endure and Survive") all das eingelöst, was man sich als Fan der in Kansas City spielenden Passage erträumt hatte. Mit The Last of Us Part I unvertraute Zuschauer:innen dürften die besagten Szenen ebenso mitgerissen haben.
Schauen wir kurz noch einmal auf Folge 4 von The Last of Us zurück, fällt auf, dass Kansas City eine Zone voller Probleme ist. Ellie (Bella Ramsey) und Joel (Pedro Pascal) mussten bei ihrer Ankunft feststellen, dass die einst von der FEDRA kontrollierte Stadt in die Hand von erbarmungslosen Rebellen gefallen ist, mit denen sich nicht verhandeln lässt.
Durch das Aufeinandertreffen mit dem gesuchten Bruderpaar Henry (Lamar Johnson) und Sam (Keivonn Woodard) handelt Episode 5 davon, herauszufinden, wie man der im Verfall befindlichen Stadt lebendig den Rücken zukehrt. Die von Two and a Half Men-Darstellerin Melina Lynskey gespielte Rebellenanführerin Kathleen Coghlan ist ihnen gemeinsam mit ihrem engen Vertrauten Perry (Jeffrey Pierce) dicht auf den Fersen!
Bemerkenswert: Sam und Henry stehen sinnbildlich für die komplexe Beziehung von Ellie und Joel. Während Sam und Ellie die kindliche Perspektive eint, ist es bei Joel und Henry jener Part des unbeirrbaren Beschützers. Joels Schutzpanzer, den er sich über all die Jahre zugelegt hat, beginnt durch die Beobachtung des harmoniesüchtigen Miteinanders der beiden Brüder zu bröckeln. Dazu trägt auch die (non-)verbale Interaktion von und mit Henry bei. Einprägsam ist dabei die Art, wie Joel den Dialog zu seinen Bedingungen sucht und wieder auflöst, um sich nicht mit schwerwiegenden moralischen Fragen zu belasten, die seiner eigenen Agenda widersprechen.
Die fünfte Folge von The Last of Us legt spürbar an Tempo zu und sorgt in ihrem Verlauf für einen gelungenen Mix aus zwischenmenschlichen Konflikten, treibender Action und ruhigen Momenten, die auch der kindlichen Unschuld Luft zum Atmen geben. Durch diese Herangehensweise gewinnt die Serie an Relevanz, denn indem Regisseur Jeremy Webb innerhalb der knapp 56 Minuten andauernden Episode Blicke hinter die mühsam aufgebautem Fassaden verschiedener Figuren freigibt, lädt er auch dazu ein, sich in unbequeme Perspektiven hineinzudenken.
Erneut fielen uns als Eingeweihte die zahlreichen Anleihen von The Last of Us Part I auf, die von einprägsamen Dialogpassagen, Kameraeinstellungen und musikalischen Manierismen zehrten. Wirklich euphorisch haben uns aber erst die treffsicheren Änderungen gestimmt, denn beispielsweise wagt man in einer entscheidenden Szene des Handlungsbogens tatsächlich ein Pulverfass aufzumachen, das wir in dieser selbstbewusst vorgetragenen Art und Weise nicht erwartet hätten. Nur so viel sei verraten: Die besagte Stelle spielt gewaltig mit der Erwartungshaltung der gaming-affinen Zielgruppe und rückt die wichtige Frage in den Fokus, welch gewaltigen Unterschied Ellie in dieser absterbenden Welt machen könnte.
Uns bleibt zum Abschluss wohl nur noch zu sagen, dass wir nun die verlängerte Wartezeit auf Episode 6 von The Last of Us schwer aushalten, denn die HBO-Adaption von Craig Mazin und Neil Druckmann bleibt weiterhin vor allem eines: Verdammt gute Serienunterhaltung!