
In den 9 Folgen von The Last of Us haben wir gemeinsam mit Ellie und Joel gelacht, geweint und geschrien. Wir haben ihnen dabei zugesehen, wie sie sich mit größtmöglicher Skepsis begegnen, um am Schluss als ungleiches Team dazustehen. Genau wie in der 2013 erstmals veröffentlichten Videospielvorlage hat sich herauskristallisiert, dass Joel Miller (Pedro Pascal) sein Trauma um den grausamen Verlust seiner Tochter Sarah (Nico Parker) noch immer nicht angemessen verarbeitet hat.
Seine Vatergefühle projiziert der gebrochene Überlebende nun auf überdeutliche Weise auf die zu Beginn der Story als "Frachtgut" bezeichnete Ellie Williams (Bella Ramsey). Für das junge Mädchen ist Joel erneut zur Bestie mutiert, was in Anbetracht des verwesenden Umfelds des Endzeitszenarios eine bittersüße Metapher für die Stoßrichtung der Reihe ist.
Mit seinem brutalen Amoklauf in den letzten Minuten von The Last of Us hat er alle Hoffnung auf eine Heilung der Welt auf egoistische Weise zunichtegemacht und damit auch das an seine verstorbene Gefährtin Tess (Anna Torv) abgegebene Versprechen gebrochen - ihr Ableben ist im Übrigen einer von vielen Magic Moments, den die Serie zu bieten hat:
Schnell wurde man in der Serie davon Zeuge, dass sich der Cordyceps-Pilz alles Lebendige einverleibt und nach Episode 9 weiß man, dass es die unbändige Liebe von Joel zu Ellie diesem todbringenden Organismus gleichzutun scheint. Nachdem wir in Folge 1 dem schlimmsten Verlust beigewohnt haben, den ein Vater durchleben kann, wurde im Prolog der zweiten Episode die Fallhöhe für die Menschheit noch einmal nachhaltig zementiert.
Die Szenen, in denen Doktorin Ratna Pertiwi (Christine Hakim) von einem hochdekorierten indonesischen Militäroffizier aufgesucht wird und sie ihm im Verlauf offenbart, dass der Pilz alles Lebendige verschlingen wird und man ganze Städte dem Erdboden gleichmachen müsse, zählt ohne Wenn und Aber zu den besten und buchstäblich erschütterndsten Neuschöpfungen für die Serie.
Der unvergleichliche Bio-Horror, den Videospielentwickler Neil Druckmann mit seinen Leuten von Naugthy Dog mit The Last of Us einst erschaffen hat, er kommt in der Serienadaption bestens zum Tragen und wird durch weitere Detailanpassungen wie der Vernetzung der lebenden Toten sogar noch ausgebaut. Man kann wunderbar darüber streiten, ob die in den Videospielen vorkommenden Sporen, durch die man infiziert wird, nicht auch für einige wunderbare Gruselmomente gesorgt hätten, doch für die Serie haben sich Druckmann und sein Kollege Craig Mazin (Chernobyl) für einen veränderten Fokus auf tödliche Ranken entschieden.
Schmerzlicher als das Durchschreiten von sporenverseuchten Korridoren vermissten wir allerdings solche Momente, wie sie etwa im Museumsabschnitt von Folge 2 ("Infiziert") oder bei der Flucht in Folge 5 ("Ertragen und Überleben") zu sehen waren. Uns geht es hierbei gar nicht um die verpassten Chancen für mehr Action. Viel eher hätte man dadurch das Grauen und den grassierenden Verfall deutlicher vor Augen führen können. In den The Last of Us-Spielen ist das Schleichen und Verstecken ein integraler Bestandteil des Erlebnisses, durch diese Aspekte wird immens große Spannung aufgebaut.
Zwar können wir die Entscheidung nachvollziehen, dass man die Infizierten nicht zu prominent ins Bild rücken wollte, damit ihr Aufkommen auch in Zukunft besonders und bedrohlich erscheint, dennoch hätte man durchaus mehr von den Kreaturen zeigen können, damit man die Aussichtslosigkeit dieser Welt noch mehr begreift. Wenn sie denn mal auftauchten, ging der Look weitestgehend in Ordnung, denn durch das Spiel von Licht und Schatten konnte man etwaige Budget-Grenzen clever kaschieren.
In jedem Fall ist es toll, dass man weithin auf praktische Effekte gesetzt hat, wir hätten uns für die Adaption allerdings noch gelungenere und widerlichere Maskeraden gewünscht. An manchen Stellen hätte man auch etwas behutsamer mit CGI-Effekten zu Werke schreiten können.
Ebenfalls hätten wir gern noch mehr von den fürchterlichen Methoden der "Federal Disaster Response Agency (FEDRA)" und anderer Fraktionen wie den Fireflies gesehen. Die Tötung eines unschuldigen Kindes war ein einschneidender Gänsehautmoment und er hat veranschaulicht, welche Gräueltaten man in dieser Welt begehen muss, um den kläglichen Rest der Menschheit vor Schlimmeren zu bewahren.
Lest auf Seite 2, wie wir über die Beziehung von Ellie und Joel denken und was wir zu den Abweichungen von The Last of Us zu sagen haben.