Bewertung: 4 / 5
Bitte seht von einem Kinobesuch ab, wenn ihr einen Film im Stile von Paranormal Activity erwartet. Ihr werdet bitter enttäuscht. A Ghost Story ist vielmehr eine melancholische Reise in Geisterform, und dabei so unglaublich berührend und schwermütig. So zäh der Beginn wirken mag, umso nachhallender ist das große Ganze. Ein Film, der ähnlich Sieben Minuten nach Mitternacht aus diesem Jahr hängenbleibt und in seiner Einfachheit berauscht.
A Ghost Story Kritik
Ein Mensch lebt. Ein Mensch liebt. Ein Mensch stirbt. Als geisterhaftes Wesen auf unserem Planeten, irgendwo in einer nicht erfassbaren Ebene zurückgelassen, begleitet es die Geschicke in seinem früheren Zuhause auf Jahre hinaus. Es erlebt Trauer, es erlebt Glück, Vorkommnisse, die alles von jetzt auf gleich ändern - und an das letzte bisschen Menschlichkeit in ihm rühren...
Trailer zu A Ghost Story
David Lowery? Den wenigsten dürfte der Name des 36-jährigen Regisseurs etwas sagen. Zuletzt ist ihm mit Elliot, der Drache ein warmherziger Familienfilm gelungen, sein 2013 erschienenes The Saints - Sie kannten kein Gesetz kam in Deutschland hingegen nicht mal ins Kino. Schon damals spielten Rooney Mara und Casey Affleck ein sich liebendes, dem Schicksal ausgeliefertes Paar und man spürt auch in A Ghost Story ihre Verbundenheit zum Drehbuch.
Und doch ist man erst mal verwundert, sofern im Vorfeld keine Infos zum Kinogänger über die Story durchgedrungen sind. Der Film beginnt, der Film schleppt sich, man fragt sich, was dieser flatterhafte Casper-Verschnitt eigentlich treibt. Und spätestens nachdem man Mara gut fünf Minuten beim Binge-Eating zugesehen hat, passiert es. Irgendwas passiert mit einem (mit anderen vielleicht auch schon früher im Film), man beginnt zu begreifen und folgt. Und dann treibt man mit der Geschichte dahin und wie der Geist durch die Gezeiten. A Ghost Story schafft es, zugleich die starke emotionale Bindung zwischen Menschen und deren Bedeutsamkeit zu zeigen und zudem die Vergänglichkeit und Banalität von allem und jedem. Die Melancholie, die nahezu jede Szene umtreibt, gipfelt in einem langsam ansteigenden Finale, wobei nicht die Stimmen und Dialoge uns an die Hand nehmen, sondern Momentaufnahmen und die kraftvolle Musik.
Es ist kein Geheimnis, dass wir Casey Affleck trotz Oscargewinn nicht zu den Größten seines Fachs zählen. Nichtsdestotrotz ist seine mimische Bodenständigkeit in genau diesem Film perfekt. Das war sie für viele auch in Manchester by the Sea, aber wo bei uns einst der Puls zu sehr absackte, schwebt er hier auf einem Niveau, neugierig dessen, was da noch folgt. Rooney Mara, die stets etwas Unterkühltes, Taxierendes in sich trägt, ist sein perfektes weibliches Pendant und der Zuschauer ist stets nah dabei, in den Momenten der Zärtlichkeit, den Momenten des Wartens, den Momenten der Erkenntnis.
Und so wie nur ein, zwei Szenen zu Beginn erahnen lassen, es könnte sich um einen wachechten Geisterhorror handeln, so handelt es sich bei A Ghost Story mitnichten um eine banale Lovestory. Verloren, melancholisch, weise, klein ... es ist dieses Wechselbad der Gefühle, das einen beim Schauen verfolgt. Ein wirklich schöner Film, so still und doch mit so kraftvoller Musik untermalt, der vielleicht zu langsam beginnt, aber am Ende ganz großartig verhallt. Ein Film, der berührt und etwas Intimes ausstrahlt, etwas Besonderes, was manchmal so unglaublich guttut.