Bewertung: 3.5 / 5
Ich glaube, allzu große Freunde werden Paul Thomas Anderson und ich in diesem Leben nicht mehr.
"Er erzählt in verschiedenen Episoden die Geschichten mehrerer Menschen an einem Tag im San Fernando Valley (Kalifornien). Die Verbindungen zwischen den einzelnen Personen ergeben sich dabei erst im Laufe des Films."
Dieses Zitat aus dem Wikipedia-Artikel war mehr noch als alle Lobpreisungen meine Eintrittskarte zum Film. Episodendramen, welche die Schicksale mehrerer Menschen miteinander verbinden, sind in der Regel genau mein Ding, Selbstläufer, instant 9-10/10 Punkten.
Und ja, PTA macht hier größtenteils echt einen richtig guten Job als Drehbuchautor und Regisseur. Mit 180 Minuten nimmt er sich die nötige Zeit für den Aufbau seines Charakterdramas über Schuld und Vergebung. Dreidimensionale Charaktere innerhalb eines stimmig und klug verwobenen Netzes aus verschiedenen Handlungssträngen. Daraus folgen emotionale Ausbrüche reiner Menschlichkeit, die mich als Zuschauer dementsprechend intensiv trafen. "I have so much love to give, I just don’t know where to put it."
Und doch finde ich wie schon bei "There Will Be Blood" und "Last Exit Reno" über die gesamte Laufzeit hinweg keinen kompletten Zugang zum Film. Eigentlich ist "Magnolia" mit seinen 180 Minuten keine Sekunde zu lang und doch musste ich mich durch den Mittelteil etwas durchkämpfen, im Film fehlt es an einer für mich durchgehend dichten und fesselnden Atmosphäre.
Darüberhinaus leidet der Film meiner Meinung nach darunter, dass PTA hier gelegentlich zu unnötigen stilistischen Übertreibungen neigt. Musste das Intro wirklich so comichaft überzeichnet dargestellt werden? Mich hat es nur genervt! In den ersten 30 Minuten setzt PTA auf mehrere anspruchsvolle Kamerafahrten, die allerdings mehr dem Selbstzweck dienen, als den Plot zu unterstützen. Nach diesen 30 Minuten kommt die Kamera zum Glück zur Ruhe und fokussiert sich auf das Wichtige: die Charaktere. Irgendwann gegen Ende schien es PTA dann für eine gute Idee zu halten, einfach mal die Tonspur zu verschieben und asynchron zum Bild ablaufen zu lassen. Vielleicht habe ich keine Ahnung, was der Künstler mir damit sagen möchte, vielleicht sind mit dem Künstler da aber auch nur die Pferde durchgegangen. Dieses Stilmittel führte jedenfalls lediglich dazu, dass ich den Film aufgrund eines möglichen Technikfehlers neu gestartet habe.
Des Weiteren möchte ich noch etwas zur Esoterik in "Magnolia" schreiben. Ich kann nachvollziehen, dass man Regisseuren wie Terrence Malick, Darren Aronofsky, den Wachowskis oder Alejandro G. Iñárritu Esoterik vorwirft. Ich kann nicht nachvollziehen, dass man dies bei "Magnolia" scheinbar außenvorlässt. Anstatt den Plot des Films als großen Zufall anzulegen, wird er den Zuschauern als Folge einer höheren Macht präsentiert. Da es sich hier zudem um ein reines Drama (kein Science Fiction oder Fantasy) handelt, fällt dies umso mehr auf. Während zum Beispiel die Gesangsszene aller Charaktere in "Sense8" wunderbar mit der Handlung harmoniert, wirkt sie in "Magnolia" einfach nur albern. Den Froschregen sehe ich dennoch nicht als christliche Läuterung sondern als Zufall an. Die Konflikte zwischen den Charakteren sind nach dem Filmfinale nicht überwunden, PTA gewährt uns lediglich einen eintägigen Blick in das Leben der Menschen.
Insgesamt klingt das Review jetzt schlimmer, als ich den Film empfunden habe. Im Netz finden sich zahlreiche Kritiken zu "Magnolia", die sich mit dessen Stärken bedeutend detaillierter und besser befassen, als ich es könnte oder es momentan meine Zeit hergibt. Solche Kritiken gibt es also wie Sand am Meer, ich wollte euch stattdessen einen Eindruck davon vermitteln, was mir nicht gefallen hat. Nichtsdestotrotz handelt es sich bei "Magnolia" um einen sehens- und empfehlenswerten Film, der mich aber leider nicht zur Gänze begeistern konnte.