Bewertung: 3.5 / 5
Die Erfindung der Wahrheit ist ein energischer Thriller über eine starke Persönlichkeit und ein in den USA hochstrittiges Thema. Jessica Chastain spielt die toughe Lobbyistin mit einer ordentlichen Prise Power, dass man sich selbst ganz klein fühlt, Hochschulstudium oder Vorstandsmitglied hin oder her. Der Film spiegelt die komplexe Sachlage um den 2. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten wieder und wirft einen intelligenten Blick auf die Lobbyarbeit auf beiden Seiten. So fiktional die Charaktere, so präsent ist die Debatte in Realität, die noch lange Thema sein wird.
Die Erfindung der Wahrheit Kritik
In Washington ist Elizabeth Sloane (Jessica Chastain) nicht bloß eine einflussreiche Lobbyistin, sie ist der Star der Szene. Ihr Ruf eilt ihr meilenweit voraus und scheinbar gibt es kein Thema, dem sie nicht mit ganzem Einsatz bis zum Sieg verhelfen kann. Nicht überraschend also, dass die mächtige Waffenlobby in ihr die perfekte Mitstreiterin sieht, um gegen rigidere Vorgaben und ein neues Waffengesetz vorzugehen. Plötzlich überrascht Sloane die Gesprächspartner und wechselt kurzerhand die Seiten. Nun ist sie es, die ein nahezu unmögliches Vorhaben anführt und sogar moralisch integer wirkt. Doch Sloane widmet ihre ganze Kraft nur aussichtsreichen Unterfangen und ist sich nicht zu schade, auch Grenzen zu überschreiten...
Trailer zu Die Erfindung der Wahrheit
Der 2. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten, der Einschränkungen im Besitz und Tragen von Waffen seitens der Regierung verbietet, ist seit langem heiß umstritten und rückt sowohl juristisch als auch politisch immer wieder in den Fokus. Er spaltet nicht nur Amerikaner, auch in unseren Medien wird regelmäßig über das Für und Wider debattiert. Spätestens wenn ein neuer Amoklauf geschieht, ob in Nachtclubs, Kinos, Universitäten oder Schulen, und man sich fragt, was noch passieren muss, damit die Verantwortlichen reagieren. Die Erfindung der Wahrheit widmet sich dieser Thematik mit innbrünstiger Entschlossenheit wie seine Hauptheldin, doch gerade deswegen wird nichts beschönigt und die Realität bitterer abgebildet, als man es sich wünschen würde.
Das Thema ist viel zu komplex und der Film auch zu wirklichkeitsbehaftet, als dass die Waffengegner innerhalb weniger Wochen plötzlich alle von ihrem Tun überzeugen würden, nur weil plötzlich eine bissige Star-Lobbyistin an ihrer Front kämpft. Es wäre schön, so einfach, doch das Leben ist kein Ponyhof und das weiß auch Regisseur John Madden (Shakespeare in Love, Best Exotic Marigold Hotel). Und so spielt Die Erfindung der Wahrheit mit vielen möglichen Argumenten und nicht zuletzt einer überaus gerne angeführten Situation von Waffenbefürwortern und den daraus erwartbaren Folgen.
Chastain spielt die Rolle dabei überaus hart, unnahbar, energisch und selbst in verletzlichen Momenten spürt man, wie es hinter ihrer Stirn arbeitet. Ein Mensch, der nicht zulässt, zu menschlich zu sein und den seine Paranoia und Umwelt zu dem roboterhaften Alleskönner gemacht haben, der dort im Blitzlichtgewitter dahingleitet. Um sie dreht sich der Film und Chastain füllt die Rolle mit ihrer fragilen Figur derart kraftvoll aus, dass man sich regelrecht zwingen muss einzusehen, dass dieselbe Frau das sympathische Blondchen in The Help war. An ihrer Seite sind u.a. Mark Strong oder Alison Pill zu sehen und überhaupt ist das Casting mit guten, aber heutzutage nicht überpräsenten Darstellern zu loben.
Und so hinterlässt Die Erfindung der Wahrheit den Zuschauer neben einem spannenden Finale mit der Erkenntnis, dass sich Kämpfe lohnen, aber selbst sicher geglaubte Aktien in Sekundenbruchteilen ihren Wert verlieren können. Man muss Sloane nicht mögen, überhaupt ist es schwer, sich dem Gedanken zu entziehen, wie man von ihr gescannt, begriffen und nach spätestens 10 Sekunden verbal eingestampft wird, aber sie ist der Star des Films und Chastain brilliert in dieser Rolle. Und so fällt der Film auch etwas mit dieser sehr archetypischen Personifizierung, so dass wir uns bei einer guten 3,5-Wertung wiederfinden.