Bewertung: 3.5 / 5
Willie T. Stokes (Billy Bob Thornton) arbeitet zusammen mit seinem Freund und Kollegen Marcus (Tony Cox) in Einkaufszentren als Weihnachtsmann. Zusammen ziehen sie von Stadt zu Stadt und räumen, nachdem das Haus geschlossen wird, die Geschäfte leer. Eines Tages lernt Willie den kleinen Thurman Merman (Brett Kelly), der alleine bei seiner Großmutter lebt und nach wie vor an den Weihnachtsmann glaubt. Zusätzlich verliebt sich Willie auch in Sue (Lauren Graham), die in einer Bar in der näheren Umgebung arbeitet. Unterdessen kommt der Kaufhausdetektiv Gin (Bernie Mac) dem verbrecherischen Duo auf die Schliche, wodurch das absolute Chaos in Willies Leben ausbricht.
Über die Jahre hinweg hat die Filmwelt einen Narren daran gefunden, Filme über soziale Außenseiter zu etablieren, die eigentlich nur lieb gehabt werden wollen. Diese Roszialisierungsfilme sind in der Regel dem Irrtum verfallen, daß sich das Individuum dem System beugen müsste. Nun gibt es Fälle, vielleicht sogar die Mehrheit, bei denen das stimmt und die Figuren ob ihrer exzessiven Lebensweise, oder dem Schaden, den sie in der Gesellschaft anrichten, nicht tragbar für die Mehrheit sind. Allerdings sind diese Themen unterschwellig oft mit einem harten Konservatismus verbunden, der zwar soziale Ausreißer zeichnet, nur um sie dann zu verändern. Auch im Hinblick, daß konservative Kunst, oftmals ziemlich peinlich gerät, ist es extrem schwierig, die richtige Balance zwischen Anpassung an die Gesellschaft und Abstoßung von der Gesellschaft zu finden. Bad Santa ist nun ein Film, der von einem völlig verkorksten Leben predigt. Eine Figur in der Hauptrolle, die ob gesellschaftlicher Ungleichheit, aber auch einem schwierigen Vater nie die Möglichkeit hatte, zu glänzen.
Trailer zu Bad Santa
Gerade dieser Teil ist besonders pikant, weil der Film keine eindeutige Aussage zum Leben der Figur trifft. So kann der in Hollywood immer wieder geisternde Vaterkomplex der Figur sicherlich eine Teilverantwortung, für diese Form der Rebellion darstellen. Auf der anderen Seite, sind es aber auch die gesellschaftlichen, beziehungsweise sozialen Umstände, die es unmöglich machen, einen wirtschaftlichen Aufstieg in der neoliberalen Welt des 21. Jahrhunderts zu schaffen. Nun verliert der Film sich dabei in Kitsch, während gerade diese Form der Rebellionsfilme eigentlich davon leben, so dermaßen Anti eingestellt zu sein, daß sie eben immer wieder daran scheitern, ihre oft komplexen Figuren, damit zufriedenzustellen, nur von der Gesellschaft lieb gehabt zu werden. Und so ganz lässt sich das auch bei Bad Santa nicht leugnen. Und im Hinblick darauf, daß durchaus schwierige Themen angesprochen werden, ist es umso bedauerlicher, daß der Film sich zu Teilen wirklich in seinem Kitsch suhlt. Natürlich würde man das an der Stelle mit dem Umstand der Weihnacht verklären, um so deutlich zu machen, daß die Figuren ja auch einen menschlichen Kern zu sich haben, dennoch verliert der Film dadurch auch etwas von seinem satirischen Gehalt.
Denn für die meiste Zeit ist Bad Santa eine bitterböse Komödie, die als Anti-Weihnachtsfilm verkleidet, die Feiertage und ihren Kitsch aufs Korn nimmt. Da muss die Kommerzialisierung von Weihnachten noch nicht einmal das Hauptthema sein, es reicht auch schon aus, wenn die Figuren sich in irgendeiner Form von pathetischer Nähe suhlen, und darin dann eine Komplettlösung für die Fragen des Lebens finden. Doch Bad Santa ist zumeist eben nicht so, denn der Film schafft es sogar in den sehr kitschigen Momenten eine ironische Brechung unterzubringen, die nicht eben im Gegenzug zu dem modernem Comicrelief in Blockbustern à la Star Wars: Die letzten Jedi (2017) oder Thor: Tag der Entscheidung (2017) die ruhigen und ernsten Momente noch auskosten kann und dem Zuschauer somit auch wesentlich mehr zutraut, als es vielleicht in den 2010ern der Fall war. Unterdessen ist es natürlich auch dem Cast geschuldet, daß das gesamte Werk so stimmig ist. So gelingt Billy Bob Thornton der Edelprol zu jedem Zeitpunkt, während auch Lauren Graham oder Brett Kelly einfach atemberaubend in das Gefüge passen. Gleichsam sind alle Figuren auch so dermaßen unterschiedlich, daß sie eine ganz eigene Art von Humor zu sich haben.
Und gerade wenn es dann schwarzhumorig wird, ist der Film auch indes einfach großartig, weil er vieles, was sich in der Welt als Tabuthema zeigt, eben auch dem Umstand einer falschen Form von Bevormundung gleichkommt. So werden gerade behinderte Menschen, oder besser Menschen mit Beeinträchtigungen oft auch in die filmische Schublade, des niedlichen Sidekicks, des leidenden Wesens oder ähnlichem gesteckt. Doch Bad Santa ist da anders, weil er unter anderem die Figur Marcus durch den Schauspieler Tony Cox etabliert. Die Figur ist kleinwüchsig/zwergwüchsig und trotzdem wirkt sie als eigennütziger Mensch. Man darf an der Stelle eben applaudieren, daß die Behinderung eben keinerlei Rolle bei der Figurenzeichnung spielt und sie eben dann doch den ein oder anderen schwarzhumorigen Kommentar an den Kopf geschleudert bekommt. Es ist nicht witzig, weil die Figur beeinträchtigt ist, sondern trotz dessen, daß sie beeinträchtigt ist.
Der feine Kitsch, wie gekonnt er sich an die besinnliche Jahreszeit schmiegt. Und auch Bad Santa ist nicht frei von dieser, dennoch ist der Film durch seine derben Momente, seinen satirischen Subtext und die längst überwundene Annahme der ungezwungenen Diversität ein Paradebeispiel für kompromisslose Unterhaltung, die die politische Korrektheit auf intelligente Weise umgeht und vorführen kann.