Bewertung: 3.5 / 5
Harley Quinn ist ein relativ junger Comiccharakter, mit einer ungewöhnlichen Veröffentlichungs-Historie. Sie debütierte nicht in Heftform sondern in der von 1992 bis 1995 ausgestrahlten TV-Serie "Batman: The Animated Series". Ihren erster Auftritt hatte sie am 11.09.1992 in der 22. Folge der 1. Staffel "Jokers Favor" (Das große Zittern). 1993 erfolgte ihr erster Auftritt in einem Heft: "The Batman Adventures #12". Diese Reihe zählt allerdings nicht zum offiziellen DC-Universum, welches Harley Quinn erst 1999 in der Storyline "Batman: Harley Quinn" betrat. Konzipiert als Joker-Sidekick und -Love-Interest entwickelte sich die Figur mehr und mehr zu einem eigenständigen Charakter und erhielt schließlich im Jahre 2001 eine eigene Heftserie, in welcher sie sich vom Joker trennte und ihre eigenen Wege ging. Der Charakter legte eine unglaubliche Erfolgsgeschichte hin und entwickelte sich in den 2010ern zeitweise zum auflagenstärksten Titel auf dem US-Markt. Heute gilt Harley Quinn im DC-Universum als vierte Säule neben der Trinity (Superman, Batman, Wonder Woman). Diesen Erfolg hat Harley Quinn vor allem ihren weiblichen Fans zu verdanken, was der Figur allerdings auch viele unverständliche Anfeidungen von Seiten einiger Ewiggestriger bescherte, welche mit dieser starken Frauenfigur nicht zurecht kamen und kommen. Kurz und gut: Harley Quinn ist ein überdrehter und überzeichneter Comiccharakter, der eindeutig auf die Gunst der weiblichen Fans setzt und diese seit vielen Jahren sehr erfolgreich erhält.
Es ist also nicht verwunderlich, dass ihr auch im DCEU eine größere Rolle zugedacht ist, welche mit Suicide Squad begann und mit dem hier besprochenen Birds of Prey und dem geplanten The Suicide Squad fortgeführt wird.
Trailer zu Birds of Prey - The Emancipation of Harley Quinn
Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn erzählt die Geschichte von Harleys Umgang mit der für sie schmerzhaften Trennung vom Joker. Anfänglich in ein tiefes Loch gefallen, löst sie sich emotional schließlich von ihrer toxischen Liebe und beginnt auf ihre verquere Art und Weise auf eigenen Beinen zu stehen. Sie kommt dabei dem Gangsterboss Roman Sionis in die Quere, welcher auf der Suche nach einem Diamanten ist, der ihm Zugang zu einem prall gefüllten Konto verschaffen soll. Neben Quinn und Sionis sind noch die Sängerin Dinah Lance, die Polizistin Renee Montoya, die jugendliche Taschendiebin Cassandra Cain und eine mysteriöse Armbrustkillerin in die Suche verwickelt, welche alle Charaktere nach und nach zusammenführt.
Regisseurin Cathy Yan liefert einen quietschbunten, überdrehten Streifen ab, der gut funktioniert und den Charakter Harley Quinns, wie er in den Comics vorgegeben ist, hervorragend auf die Leinwand überträgt. Man muss sich natürlich bewusst sein, dass man einen Film schaut, der auf weibliche Teens und Twens abzielt, sich dabei absichtlich überzeichnet darstellt und kein wirklich ernsthaftes Anliegen hat, welches er vermitteln will. Ich habe mir hier eine Kritik durchgelesen, die dem Film vorwirft, seinen titelgebenden emanzipatorischen Ansatz und den feministischen Anspruch zu verfehlen. Diese Ziele setzt sich der Film allerdings überhaupt nicht, es handelt sich ganz einfach um einen überdrehten Unterhaltungsfilm über Frauen für Frauen, der unter dieser Prämisse allerdings auch beim männlichen Zuschauer funktioniert. Bei mir zumindest. Ich kann gut nachvollziehen, dass der Streifen bei manchem nur fremdschamhaftes Kopfschütteln auslöst, allerdings sollte man sich in diesem Fall einmal fragen, ob man tatsächlich zur Zielgruppe des Films gehört und den Film nicht anhand der falschen Kriterien bewertet.
Iszenatorisch ist Cathy Yan eine gute Comicverfilmung gelungen, die mit den Eigenarten des Comicgenres spielt und den überzogenen Ton der Harley Quinn Comics gut wiedergibt. Es ist in meinen Augen sehr wohltuend, dass die DC-Verfilmungen meist ihre individuelle Ausrichtungen haben und nicht dem immer gleichen Erzählmuster folgen. In diesem Fall also eine rasante, (für mich allerdings manchmal zu) quirlige, knallbunte und abgedrehte Fahrt durch das Postjokerleben Harley Quinns, die gut zu unterhalten und die Zeit wie im Flug zu vergehen lassen weiß.
Die schauspielerische Leistung von Margot Robbie (Harley Quinn) ist über jeden Zweifel erhaben und auch Ewan McGregor (Roman Sionis) verkörpert seine Rolle eindrucksvoll zwischen Bedrohlichkeit und Wahnsinn. Leider sagen mir die weiteren Castingentscheidungen nicht sonderlich zu. Rosie Perez (Montoya), Jurnee Smollett-Bell (Lance), Mary Elizabeth Winstead (Huntress) und Ella Jay Basco (Cain) sind in meinen Augen totale Fehlbesetzungen, die es nicht schaffen, den Charakter ihrer Figur glaubwürdig auf die Leinwand zu bringen.
Die musikalische Untermalung ist passend, nimmt immer wieder den Schwung des Filmes auf, treibt ihn voran und unterstreicht das Gesehene.
Wie ich schon erwähnt habe, sollte man sich im Vorfelde darüber klar sein, worauf man sich bei diesem Film einlässt und was er bezwecken will. Sollte sich das mit dem decken, was man sehen möchte, so weiß der Film einen zu packen und mitzunehmen. Bei mir hat es weitestgehend funktioniert und deshalb gebe ich dem Streifen
Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn