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Der einzige Zeuge

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Der einzige Zeuge Kritik

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Der einzige Zeuge Kritik
0 Kommentare - 07.06.2022 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Der einzige Zeuge" ist.

Bewertung: 3.5 / 5

Der kleine Junge Samuel Lap (Lukas Haas) wird während einer Reise nach Philadelphia Zeuge eines Mordes. Das ruft den Polizisten John Book (Harrison Ford) auf den Plan, der, mit Hilfe der Mutter des Jungen Rachel (Kelly McGillis), der eigentliche Mörder, der korrupte Beamte James McFee (Danny Glover) ist. Daher muss Book nun den Jungen zusammen mit seiner Mutter in Sicherheit bringen und so entschließen sich die drei, in die Amisch-Gemeinde, aus welcher Samuel und seine Mutter stammen, zu fliehen.

Es gibt wohl kaum eine Ikone in Hollywood, die so einen Flug hingelegt hat, wie Harrison Ford. War er zunächst noch davon überzeugt, seine Hollywoodkarriere an den Nagel zu hängen und seinem ursprünglich erlerntem Beruf des Tischlers weiter nachzugehen, so ist Der einzige Zeuge der Film, der auch so ein bisschen den Kreis in der Filmografie des US-Amerikaners schließt. Denn während Ford – wie vermutlich jeder weiß – durch Star Wars: Episode IV – Eine neue Hoffnung (1977) zum Star wurde, landete er über die folgenden Jahre hinweg einen Hit nach dem anderen. In Apocalypse Now (1979) in einer viel zu kleinen Sequenz, in den Star Wars-Fortsetzungen Star Wars: Episode V – Das Imperium schlägt zurück (1980), und Star Wars: Episode VI – Die Rückkehr der Jedi-Ritter (1983). Von Jäger des verlorenen Schatzes (1981), zu dessen Fortsetzungen und zu dem wohl bedeutendsten Kunstwerk, an dem Ford je mitwirkte, Blade Runner (1982) und dann kam Der einzige Zeuge. Nun ist dieser Film das Werk, daß Ford tatsächlich auch zum ersten Mal in die Sphären des wohl größten Filmpreises der Welt beförderte. Außerdem darf Ford in einer speziellen Szene auch noch zeigen, was von seinem ursprünglich erlerntem Werk, er noch versteht. Und speziell ist dieser Film alle mal, weil er eigentlich eine vermeintlich banale Geschichte erzählt, diese aber dann zur reinen Nebensache erklärt. Insgesamt befriedigt Der einzige Zeuge eine eigenartige Faszination, die sich mit einem Kultur- oder Konfessionskreis befasst, der hier vermutlich stark verklärt wird, aber dessen Ideen im Kern dann doch spannend sind.

Daher kommt der Film, der eigentlich mit einer relativ klassischen Cop-Geschichte beginnt, auch so ruhig daher. Und selbst wenn Ridley Scott jüngeren Generationen das Sitzfleisch abspräche, Filme überhaupt noch in dieser Form auszuhalten oder zu verstehen, so hat Der einzige Zeuge leider das Problem, daß er trotz seiner recht schwer zu fassenden Ideologie, etwas zu lang geraten ist. Denn man bekommt durchaus im späteren Verlauf das Gefühl, die Geschichte verstanden zu haben und dann zeigt sich auch nicht mehr viel. Klar ist es irgendwo auch eine Stärke, daß der Film seine Geschichte nicht noch mit etlichen weiteren Subplots beschmückt, wie es heute gerne gemacht wird. Doch bleibt auch immer die Frage im Raum, ob denn die Geschichte die Laufzeit rechtfertigt, und das tut sie nicht. Denn irgendwie erscheinen die meisten Figuren in ihren übergeordneten Bedeutungen sonnenklar. Es gibt den Polizisten, der durch den Culture Clash belehrt werden muss. Es gibt die Ideologie der Amisch, die nach Meinung einiger auch etwas verklärt wurde. Es gibt den bösen Staatsapparat und es gibt die Verbindung, durch die Opfer jenes Staates. Dabei ist das ja durchaus ein interessanter, philosophischer Gedanke, der sich in der Ideologie dort auftut. Denn was ist, wenn man sich dem Technizismus verschließt und sich zurücknimmt, um mehr Teil einer Verbundenheit zwischen Mensch und Welt ist. Es ist natürlich irgendwo ganz grob und auch im Hinblick darauf weiß der Film nicht immer den besten Weg, um die Amisch darzustellen, ohne daß das Gezeigte nicht irgendwie verklärend wirkte.

Allerdings liegt schon eine sehr intelligente Note darin, die Geschichte in einen kleinen Ort zu verfrachten. Nicht nur ist eben durch die Gegebenheiten des Culture-Clashes auch der Kontrast zwischen Landromantik und Großstadt deutlich. Gleichsam steht die Stadt hier sinnbildlich auch für Korruption und Gewalt, die eben wegen monetärem und Verlangen nach Macht, dazu übergeht ihren Stand zu wahren, ohne dabei über Verluste nachzudenken. Natürlich könnte man so gesehen dem Film auch vorwerfen, er verschließe sich vor Fortschritt, doch gerade, weil der Film sich in der ein oder anderen Szene durchaus subtil über diese Lebensweise erhebt, bleibt es in gewisser Weise auch neutral. Damit kreiert Weir allerdings auch ein Werk, daß sehr schwer zu deuten ist, weil es über so viele Hintertüren passiert. Doch gerade diese Komplexität macht diesen Film auch so sehenswert.

Das Drehbuch scheint in dieser Hinsicht sein Übriges zu tun. Denn nicht nur werden hier unterschiedliche Welten einander gegenübergestellt, sondern gleichzeitig auch etliche Genres miteinander verbunden, was die Deutung des Films zusätzlich erschwert. Der Film beginnt als klischierter Kriminalthriller, wechselt dann über zum Drama, um auch in eine Liebesgeschichte überzugehen und schließlich einen Showdown im klassischen Western-Stil zu präsentieren. Das alles passiert dabei recht unaufgeregt und wenn man es vielleicht nicht sagte, so würde es gar nicht erst auffallen. Denn während Weir hier in eine Episode führt, so verschwindet die andere irgendwie still und heimlich, als würde sie nicht bemerkt werden wollen. Damit ist das Gesamtgeschehen natürlich auch relativ ruhig, womit der Film im starken Kontrast zu sonstigen Thrillern steht. Ebenso stark ist hierbei vor allem auch die Musik von Maurice Jarre, die eine unglaubliche Ruhe in den Film bringt. Das mag natürlich auch dem Gesamtbild geschuldet sein und der daraus resultierenden Interpretation, allerdings ist sie hier wirkungsvoller denn je, weil sie nicht versucht dem Zuschauer irgendein plakatives Gefühl zu entlocken. In manchen Momenten wirkt sie dabei fast schon meditativ, wodurch der Film auch auf einer anderen Ebene an Schönheit gewinnt.

Ohnehin ist Weirs Werk auch kein einfacher Actionfilm. Denn tatsächlich geht es viel mehr um die Beziehung der Figuren untereinander und diese Fish-out-of-Water-Mentalität, die im Zuge dessen natürlich auch die Konflikte unserer Welt, auch heute noch aufzeigen. Klar hat sich die Welt ein wenig gewandelt, doch im Kern bleiben die Probleme gleich und das mag zum einen zynisch stimmen, weil man nun der Auffassung sein könnte, daß sich nichts ändere. Doch auf der anderen Seite bleibt Der einzige Zeuge dadurch auch ein zeitloses Werk. Und dieses kann an der Stelle zu Beginn auch mit einer wirklich starken Leistung von Ford aufwarten. Mit welcher Feinfühligkeit, er sich in diese Welt begibt und dabei irgendwie offen und doch unbelehrbar scheint, ist atemberaubend. Zwar lässt sein Spiel im weiteren Verlauf der Geschichte auch etwas nach, dennoch ist die Darstellung an sich, sehr anregend. Ebenso großartig ist allerdings auch Kelly McGillis, die auch in Top Gun – Sie fürchten weder Tod noch Teufel (1986) zwar eine undankbarere, aber ebenso prägnante Rolle verkörperte. Hier schafft McGillis es vor allem durch Unaufgeregtheit und nuanciertes Spiel zu überzeugen. In weiten Teilen sprechen nur ihre Augen und dabei wird mehr gesagt, als Worte jemals vermögen. Gleichzeitig trägt die Figur eben dadurch auch brillant eine innere Angst vor den Menschen, die ihrem Sohn und ihr Leid zufügen wollen, nach außen. Und kommt es dann doch mal zu Action, die aber so dosiert eingesetzt wird, daß sie eigentlich nur Wirkung zeigen kann.

Man kann das Werk groß und mächtig gestalten und täuscht so über eine nicht so wirkungsvolle Geschichte hinweg. Oder man macht es wie Der einzige Zeuge, dessen Geschichte nun wirklich nicht sonderlich originell ist. Allerdings ist die Inszenierung und die Wirkung jener Momente so treffend, daß es keine große Mühe bräuchte. Es reduziert den Film, nicht auf künstlerischer oder inhaltlicher Ebene. Sehr wohl wird der Film aber auf das wesentlichste reduziert, weshalb er so stark ist.

Der einzige Zeuge Bewertung
Bewertung des Films
710

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