Bewertung: 4 / 5
Anfang März startet Sacha Baron Cohens neuester Streich Der Spion und sein Bruder in unseren Kinos, von Regisseur Louis Leterrier gedreht und von Cohen, wem sonst, erdacht. Wer eh schon nicht viel von seinem Humor hält, muss keine kostbare Lebenszeit verschwenden und weiterlesen. Wer seinen Humor mag, eigentlich auch nicht, denn dem rufen wir direkt zu: reingehen!, aber die Wartezeit auf den Kinostart kann man mit unserer Filmkritik ja doch abkürzen, oder?
Nobby (Cohen) lebt mit seinen unzähligen Kindern und seiner Geliebten Lindsey (Rebel Wilson) im heruntergekommenen, englischen Fischerstädtchen Grimsby. Wäre da nur nicht die große Lücke in seinem Leben, die sein vermisster Bruder Sebastian (Mark Strong) gerissen hat. Beide wuchsen als Kinder bei unterschiedlichen Familien auf und im Gegensatz zu Sebastian, der ein tougher MI6-Agent ist, ist Nobbys Lage prekär, der die letzten 28 Jahre alles versuchte, um seinen geliebten Bruder zu finden. Das klappt auch eines Tages, nur bringt Nobby just in diesem Moment Sebastian in große Gefahr - und den ganzen MI6 gegen ihn auf. Nun heißt es zusammenarbeiten, wenn ein mehrere Milliarden Menschen bedrohender Plan abgewendet werden soll...
Trailer zu Der Spion und sein Bruder
Der Spion und sein Bruder Kritik
Ohgottogottohgottohgottohgottohgottogottohgottohgottohgott. Ohgottogottohgottohgottohgottohgottogottohgottohgottohgott. Das will man reflexhaft während des Films rufen, und das nicht nur einmal. Und nach dem Film. Und überhaupt auch am Tag nach der Pressevorführung von Der Spion und sein Bruder! Dann, wenn einzelne Szenen blitzartig wieder ins Vorderhirn schießen und man sich fragt, ob das nur ein schräger Trip unter Einwirkung obskurer Halluzinogene war oder doch echt.
Es ist echt. Und umso unglaublicher, wie kaltschnäuzig und unbefangen Sacha Baron-Cohen jedwede Grenze übertritt, der wohl als einziger Darsteller auf dieser Welt nicht ein Fitzelchen Schamgefühl hat (Pornostars mal ausgenommen). Die Story an sich, geschenkt, aber die sie bebildernden Szenen ... unbezahlbar. Und da sind imaginäre Kackehäufchen noch das Harmloseste.
Cohen schafft es in all seinen Filmen auch immer wieder, Gesellschaftskritik zu äußern. Das heruntergekommene Grimsby und die an der Armutsgrenze lebenden (stolzen!) Bewohner mögen für Lacher herhalten, aber das Finale öffnet die Herzen - auch wenn man selbst nie nie nie so sein will und als Kind auch nicht so dümmlich-aggressiv dahergeplappert hat. Das alles verpackt auf diese unnachahmlich vulgäre Art macht Laune, da sein Humor derart grenzüberschreitend und provokant ist und Political Correctness einfach fehl am Platz. Wer schon auf Barrikaden geht, weil ein Gender-Star fehlt und empfindlich reagiert, wenn Witze über Behinderte gemacht werden, darf sich hinterher nicht beschweren: Der Spion und sein Bruder ist nichts für Zartbesaitete und das muss jedem spätestens seit der Anarchokeule Borat - Kulturelle Lernung von Amerika um Benefiz für glorreiche Nation von Kasachstan zu machen klar sein. Wobei Borat fast noch züchtig daherkam, aber mehr können und wollen wir euch nicht verraten, denn mit Der Spion und sein Bruder hat Cohen seine vorherigen "Ausfälle" noch mal getoppt. Und so schießt er gegen alles, was der Story dient und ist sich selbst nicht zu schade für Witze auf seine Kosten.
Was besonders neben dem Grad der Gags überrascht, sind die seriösen Darstellernamen, die bei Der Spion und sein Bruder dabei sind. Neben Cohen erleben wir Mark Strong, Ian McShane, Gabourey Sidibe, Rebel Wilson und Penélope Cruz in Nebenrollen, die teils auch stark gefordert werden. Genau diese Unerwartismen adeln Der Spion und sein Bruder, dessen Humor nicht salonfähig ist, aber doch derart konsequent, dass man bei aller Schnappatmung einfach nicht anders kann als grinsen. Dass Komikerin Rebel Wilson ebenfalls geringe Hemmschwellen besitzt, ist bekannt, aber wie ein Mark Strong sich bereiterklärt hat, diese Szenen mitzumachen, können wir uns nur mit zehn Pints und nem Deal unter Buddys erklären. Strong spielt Cohens kleinen Bruder - auch wenn man sich bei anfänglichen Rückblicken manchmal fragt, wer eigentlich wer ist - und hat sichtlich viel zu leiden in diesem Film.
Der Spion und sein Bruder Bewertung
Einfach noch mal hochscrollen und unsere Einleitung lesen. Fans von Sacha Baron Cohen sollten sich Der Spion und sein Bruder auf keinen Fall entgehen lassen. Man kann sich streiten, ob nun eine 3,5 oder 4 angebracht ist, wir vergeben aufgrund der wirklich unglaublich unterirdischen Hemmschwelle die bessere Wertung. Ob Cohens Humor Schule machen sollte, darf jeder für sich entscheiden, unserer Meinung nach macht er es allein schon ganz gut - und das soll ihm erst mal jemand nachmachen!