Bewertung: 4 / 5
Vor vielen Jahren kämpfte Herbert erfolgreich im Boxring, wurde zu einer Legende im Kiez. Doch das ist lange her. Jetzt trainiert Herbert Nachwuchstalente und arbeitet als Geldeintreiber. Als eines Tages krampfartige Schmerzen den ganzen Körper durchziehen und er Arme und Beine nicht mehr bewegen kann, geht er zu einem Spezialisten. Die Diagnose: ALS. Die Nervenkrankheit lässt die Muskeln schwinden, bald schon kann Herbert nicht mehr ohne Stock gehen, es fällt ihm immer schwerer, zu sprechen. Doch der Mann, den nie etwas umhauen konnte, weiß: Auch in diesem letzten großen Kampf wird er sich nicht wehrlos ergeben. Und er möchte ein paar Fehler gut machen, die er in seinem Leben begangen hat...
Herbert, das Debüt von Thomas Stuber, ist zum einen eine authentische und ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Krankheitsbild ALS. Doch geht der Film in seiner Vielschichtigkeit und Komplexität noch weiter und erzählt vom Drama eines Mannes, der sich durch die Grausamkeit des Moments mit den Erlebnissen der Vergangenheit auseinandersetzen muss. Da gibt es die Freundin, die er bisher abweisend behandelte, die Arbeit, die ihn einholt. Und die Tochter, die er verließ, als sie sechs Jahre alt war und die nun selbst Mutter ist.
Trailer zu Herbert
Zu den berührendsten Momenten des Films gehören die Szenen, in denen Herbert versucht, den Kontakt zu Tochter und Enkelin herzustellen. Peter Kurth, der Herbert verkörpert, verleiht diesen Sequenzen etwas so Zartes, dass man fast die Härte und den Stolz vergisst, die die Figur ansonsten ausmachen. Auch die Art, wie Kurth Herberts Krankheitsverlauf verkörpert, ist meisterlich und in ihrer realistischen Form ungeschönt und bedrückend.
Unterstützt wird Kurth von einem großartigen Ensemble. Ob Tochter, Freundin, Boxkollegen oder die Schuldner in der Eckkneipe - sämtliche Figuren sind Typen, wirken wie aus dem Kiezmilieu gegriffen, das Stuber zusammen mit Co-Autor Clemens Meyer beschreibt und beobachtet. Nichts in ihrem Drehbuch wirkt konstruiert, alles ist nachvollziehbar, erschreckend nah an der Realität und doch, dank einer spürbaren Liebe zu Figuren und Umgebung, auch erträglich. Am Ende erfährt Herbert das, was er sich selbst nie vorstellen konnte: Vergebung und Frieden.
Ein starkes, bewegendes und in jeder Faser der Geschichte authentisches Drama über einen Boxer und seinen letzten Kampf. Großartiges deutsches Nachwuchskino.
Prädikat: besonders wertvoll
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung