Bewertung: 2.5 / 5
ACHTUNG SPOILER !
Ich muss hier erstmal voraussetzen, das ich weder den Roman, noch die Verfilmung aus den 30er Jahren kenne. Mir ist nur die amerikanisch/britische TV-Verfilmung aus dem Jahr 1979 geläufig.
Trailer zu Im Westen nichts Neues
Wenn man mal die positiven Punkte vorweg nimmt, dann ist der Film gerade für eine deutsche Produktion enorm opulent inszeniert. Hier wird in beeindruckenden Kamerafahrten und mit brachialer Härte, der Schrecken und zumindest zum Teil die Sinnlosigkeit des Krieges vor Augen geführt. Dem einen oder anderen zartbesaiteten Gemüt wird der Film hier sicher auf die Magengrube schlagen.
Auch die Darstellerriege weiß eigentlich im Großen und Ganzen sowohl zu überzeugen, aber auch in ihren Rollen zu glänzen. Also durchaus eine Entwarnung, wer hier entnervende Beiträge der letzten deutschen Schauspielergeneration aka Schweiger, Bleibtreu und Konsorten befürchtet.
Im Vorfeld gab es zu dieser Neuverfilmung eine Kontroverse, das der Schluß des Films den Titel ad absurdum führt. Kurz gesagt - ja, das tut er. Da man hier das Ende des Films auf den 11.November und daher das Ende des Krieges legt, das eigentliche Ende aber im Oktober 1918 spielt und hier Bäumer nur durch einen Zufall stirbt, was eben für die Nachricht der Heeresführung auch Sinn ergibt, da das Schicksal eines einzelnen Soldaten keine Bedeutung hat, bei der Masse an Verlusten im ersten Weltkrieg. Die Neuverfilmung lässt aber nun am Ende eine komplette Schlacht ausbrechen, welche bis zur letzten Minute vor dem Waffenstillstand andauert und hier kann man wohl kaum von "Im Westen nichts Neues" mehr sprechen.
Eine weitere Änderung zur Vorlage ist hier das Einfügen neuer Schauplätze und Szenen. Zum einen hat man immer wieder einen Schwenk in Richtung General Friedrich, welcher über das Leben als Soldat sinniert, während er genußvoll dem Wein und gebratenen Täubchen fröhnt. Ich habe hier keinerlei Mehrwert in diesem Handlungsstrang erkannt, außer das Friedrich, am Ende seiner einzigen Existenz beraubt und selbstverliebt wie er ist, kurz vor Waffenstillstand in einem Anflug von entfremdeten Größenwahnsinn, die letzten Soldaten und zusammengeräuberten Rekruten, nochmals an die Front schickt. Somit ist die einzige Berechtigung der Szenen, das neue fragwürdige Ende des Films.
Zum anderen haben wir die Verhandlungen zwischen Matthias Erzberger und der französischen Delegation incl. Marschall Foch. Hier sehe ich zumindest in Daniel Brühl und seiner Darstellung einen gekonnten Mehrwert. Grundsätzlich gilt aber auch hier... eigentlich nur eingefügt damit das neue Ende des Films eine Berechtigung hat. Interessant ist hier aber auf jeden Fall die Darstellung der Franzosen, welche so gar nicht gut und insbesondere wesentlich schlechter wegkommen als die Deutschen. Ob das in unserem Nachbarland wirklich gut ankommen wird, wage ich zu bezweifeln und denke man wird sich hier eher auf die Füße getreten fühlen.
Für all diese Neuerungen mussten aber leider einige entscheidende Handlungsstränge und Personen wegfallen bzw. abgeändert werden.
Zwar bekommt man kurz den "Dorflehrer" Kantorek geliefert, incl. einem moralischen Appell an die zukünftigen Soldaten, aber das eigentliche Gespräch zwischen Bäumer und seinen Gefährten wird komplett weggelassen. Entsprechend fehlt dann auch gegen Ende des Films eine weitere Szene mit Kantorek, welche aber für das Ende mitentscheidend ist.
Auch die komplette Ausbildungszeit wird hier einfach übergangen und damit eben die Figur des Ausbilders Himmelstoß. Dadurch folgt, das es natürlich auch keinen Besuch von Kaiser Wilhelm gibt, der dem hasenfüßigen Himmelstoß einen Orden anheften kann, was für Bäumer eben wie ein Faustschlag ins Gesicht wirkt.
Die Szene mit Bäumer und dem französischen Soldaten in einem Bombenkrater wurde zwar beibehalten, aber wirkt sie hier eher wie eine Nebensächlichkeit. In der Verfilmung von 1979 hat diese ganze Szenerie zum einen wesentlich mehr Luft und Länge, zum anderen auch einen ganz anderen Stellenwert an Eindringlichkeit, gerade wenn der gesichtlose Feind nun nicht mehr anonym und weltfremd wirkt. Auch hier... Chance leider vertan. Hätten sie in der Neuverfilmung dann ebenfalls auch gleich weglassen können.
Desweiteren wurden auch die Eltern von Bäumer und seine Schwester ausgelassen und die kurzweilige Liasion mit einer Französin zwischen den Fronten ist ebenfalls weggefallen. Hier kann man darüber streiten, ob dies einen bedeutenden Mehrwert für die Handlung bietet, aber ich hatte zumindest in der vorherigen Verfilmung durchaus den Eindruch das dem so wäre.
Was aber auf jeden Fall entscheidend in dieser Neuauflage fehlt und wenn dann nur am Ende des Films in einigen Textzeilen eine Erwähnung findet, ist die Tatsache das Bäumer und seine Kameraden, während des ganzen Films nur immer und immer wieder um die gleichen 100 Meter Frontverlauf kämpfen. Den Figuren ist dies natürlich bewußt und führt im weiteren Verlauf auch zur entscheidenden Wahrnehmung ob der Sinnlosigkeit dieses Krieges und der zunehmenden Entromantisierung des glorreichen Kampfes für das Vaterland. Das sehe ich dann doch als derben Schnitzer in der Entscheidung innerhalb des Drehbuchs.
Fazit:
Einen hohen visuellen Schauwert kann man dem Film nicht absprechen und am Ende muss jeder selbst bei Interesse entscheiden, zu welcher Version er greifen will. Mal abgesehen von der offensichtlich besten Wahl, nämlich mal zum Buch zu greifen, würde ich jederzeit der Verfilmung von 1979 den Vorzug geben, das diese wohl am nächsten an den Roman kommt und trotzdem in seinen ebenfalls harten und realistischen Bildern, mit Sicherheit nicht weniger Immersion bietet als die Neuauflage.
Bewertung: 5 von 10 Punkten