
Bewertung: 4 / 5
Im Jahr 1957 wird der gealterte Archäologe Indiana Jones (Harrison Ford) zusammen mit seinem Kumpel Mac (Ray Winstone) von der sowjetischen Agentin Irina Spalko (Cate Blanchett) entführt. Sie sollen ihr helfen, eine Kiste zu finden, deren Inhalt Indy schon vor Jahren einmal gesehen haben soll. Durch eine Finte kann Indy ihr doch entkommen und wird zunächst vom FBI verhört. Anschließend macht sich Indiana auf den Weg nach Europa, um sich zur Ruhe zu setzten. Allerdings hält ihn der junge Mutt Williams (ShiA LeBeouf) auf, der ihm erzählt, daß seine Mutter – eine alte Bekannte – entführt wurde und sein alter Freund Harold Oxley (John Hurt) auf der Suche nach einer sagenumwobenen Stadt verschollen ist.
Trailer zu Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels
Die Wiederbelebung einer Legende sorgte Ende der 2000er Jahre für regelrechte Sturmläufe. Im Kino, aber auch in den Emotionen, wenn man so will. Heute, rückblickend betrachtet versuchen einige Menschen nach wie vor diese verspätete Fortsetzung, um eine der Filmikonen der 1980er Jahre aus ihrem Gedächtnis zu streichen und man kann sofort merken, daß die Diskussion bereits auf einem ganz anderen Level stattfindet. Gemessen wird man daran, auch in vermeintlich intellektuelleren Kreisen, was man davon hält, wie man Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels empfindet. Schließlich gibt es da auch einiges, über das man streiten könnte. So etwa, wenn sich der absolut verhasste Mutt Williams mit irgendwelchen CGI-Affen an Lianen durch die Bäume schwingt. Das ist schon ein wenig seltsam und auch generell, mal abgesehen von diesen Kleinigkeiten und Oberflächlichkeiten, die nun wirklich zu verschmerzen wären, lebt dieser Film eigentlich primär davon, nichts Neues zu erzählen. Vielleicht sind es andere Figuren, andere Gegner und ganz sicher ist Spielberg in der Zwischenzeit auch eine ganze Menge konservativer geworden und predigt nun das klassische Familienbild für einen Mann, der eben immer so eine Art James Bond des Abenteuerfilms war. Endlich trifft er auf seinen Sohn. Endlich findet er Ruhe in der Monogamie. Ja, daß ist nun wirklich genau das, worauf die Fans von Indiana Jones schon immer gewartet haben. So ziemlich das Gleiche sollte ja auch Jahre später James Bond in James Bond 007: Keine Zeit zu sterben (2021) zerstören. Also wirklich, nein, daß ist in der Tat nicht die Figur, die man mal kannte.
Allerdings ändern sich Dinge. Ja, selbst wenn ich mit diesen Wertebildern eher weniger anfangen kann, so muss ich doch zugestehen, daß ein Frauenheld und Lebemann im Alter vielleicht einfach nicht so gut funktioniert. Ob man ihn aber zum direkten Familienmenschen machen muss, sei mal dahingestellt. Es ist auf der anderen Seite aber auch gar nicht neu, weil etwa in Indiana Jones und der letzte Kreuzzug (1989) auch die zentrale Frage nach der Beziehung zwischen Vater und Sohn gestellt wurde. Kommen wir aber doch mal zu den Punkten, die Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels für viele so unerträglich macht. Einer dieser Gründe liegt in der grundsätzlichen Geschichte verankert. Eine verborgene Stadt, Jahrtausende vergangener Kultur, soll irgendwas mit irgendwelchen Aliens zu tun haben. Nun muss man verstehen, daß die ursprüngliche Trilogie immer als Hommage an das Abenteuerkino der Kindheit ihrer Schöpfer George Lucas und Steven Spielberg angelehnt war. Für diese späte Fortsetzung wählten die Beiden einen grundsätzlich anderen Ansatz und Indiana Jones sollte nun an das Science-Fiction-Kino der Jugend der Beiden erinnern. Und scheinbar sind Aliens im Raumschiff zu viel des guten. Eine der lächerlichsten Argumentationen vieler Menschen, die diesen Film hassen, ist ja immer wieder die Alien-Thematik gewesen. „Was? Aliens in Indiana Jones, daß ist nicht realistisch!" So ungefähr muss man sich wohl den Debattenanstoß vor dem geistigen Auge vorstellen. Dennoch muss man sich ja mal fragen, ob das wirklich eine ernstzunehmende Kritik ist. Ja, mögen, muss man das nicht. Doch in einem Franchise, in dem zuvor die Bundeslade, der Heilige Gral und irgendwelche Voodoo-Steinchen thematisiert wurden, sollen Aliens, deren Existenz nun wirklich wahrscheinlicher ist, als irgendwelche Märchen-Reliquien, unrealistischer und alberner sein? Also es tut mir leid, aber wer das glaubt, der disqualifiziert sich zu jeder Diskussion schon im Vorhinein.
Auch in Sachen Figuren wird dieser Film immer wieder beschimpft. Nun muss man sagen, daß gerade die Antagonisten in Indiana Jones immer recht ausdrucksstark waren. Doch würde ich auch behaupten, daß selbiges auf eine Irina Spalko zutrifft. Vielleicht ist die Figur nicht charismatisch. Vielleicht ist sie gar zu glatt geschrieben. Doch damit verkörpert sie, nicht zuletzt auch wegen ihres Auftretens, immer noch eine ganz originelle Form von Schurkin und ist gleichsam auch eine echte Bedrohung. Über Mutt Williams wird ja ebenso viel gestritten, wie auch über Mac McHale. Und auch diese Figuren sind eigentlich alels andere als dumm. Zum einen gelingt es Spielberg hier mit Mutt Williams eine jungen, arroganten, aber sehr bestimmten Mann zu inszenieren, der weder den Humor von Indiana Jones hat, noch haben soll. Es ist ein Kontrast, der eben funktioniert und der auch bewusst so inszeniert wird, daß er sich wandelt. Man nennt das auch Entwicklung. Insofern, der Hass ist lächerlich. Interessanter ist aber eindeutig die Figur von Mac McHale. Ein Mensch, an dem sich viele Fans störten, daß er zu unergründet bleibt und daß man ja nicht wüsste, woher er kommt und wer er sei. Nun, erstens stimmt das gar nicht, weil es erzählt wird und zweitens hatte Indy auch in den Vorgängern immer Sidekicks an seiner Seite, die einfach da waren. Oder hat Jäger des verlorenen Schatzes (1981) etwa erklärt, wer Jock war? Hat Indiana Jones und er Tempel des Todes (1984) erklärt, wer Short Round war? Nein, die Figuren in Indiana Jones Leben waren immer einfach da und wurden dann im Verlauf der Geschichte vertieft oder auch nicht. Bei Mac McGale ist es tatsächlich sogar besonders, weil der Zuschauer seine Motivation nie gänzlich ergründen kann. Zumindest auf emotionaler Ebene. Damit zeichnet der Film aber eben die mit intelligenteste Figur, weil sie ein eindeutiger Kapitalist ist und im Zuge des Kalten Krieges nie vertrauenswürdig wird. Das spiegelt eben perfekt diese Epoche der Paranoia und des Spionagekrieges wider, wodurch der Film zusätzlich intelligent wird.
Selbst wenn man nicht außer Acht ließe, daß das Werk bedingt durch seltsame Entscheidungen durchaus seine Probleme in Sachen CGI und Action hat, so muss man dennoch auch eingestehen, daß das hier einen riesigen Spaß macht. Die Geschichten im Kristallschädel sind eben genau das Abenteuer, was Indiana Jones wieder legitimiert. Da werden eben all die Schauwerte geliefert, die man sich von einem solchen Film erhofft. Und dann kann es mitunter auch ein wenig albern werden. Doch ist das wirklich so viel alberner, als andere Dinge im Franchise? Nein und viel mehr noch unterhält der Film eben mit seinen Schauwerten und Settings. Verfolgungsjagden im Dschungel, Kämpfe in Diners und so weiter und so fort, man merkt dem Film eine regelrechte Freude an, die nur ganz wenige Blockbuster haben und die besonders die Indiana Jones Filme immer ausmachten.
Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels hat das Franchise sicherlich nicht zerstört. Er reicht nur nicht, an seinen beinahe grandiosen Vorgänger heran. Doch die Messlatte liegt eben auch unglaublich hoch. Davon abgesehen ist der Film spannend, liefert genügend Schauwerte und bringt eine ganz neue Note in das Franchise, daß man ihn in vielerlei Hinsicht als originell begreifen muss. Er macht einfach Spaß und den Hass hat er einfach nicht verdient.
