Bewertung: 4.5 / 5
Fans spalten sich oftmals in 2 extreme Lager. Diejenigen die alles hochjubeln, hauptsache es ist der jeweilige Verlagsstempel aufgepappt oder aber auch welche die grundsätzlich alles verteufeln was auch nur einen Zentimeter von der Vorlage abweicht.
Bei Joker war ich zuerst Feuer und Flamme als ich hörte das man meiner liebsten Comicfigur einen eigenen Origin Film spendiert, bekam aber schon die ersten Dämpfer als ich hörte das man auf die klassische Säurebad Origin verzichtet oder das erste Bild von Phoenix erblickte das mehr nach Ronald McDonald aussah als nach dem berühmten Clownprinzen. Wieder einmal also jemand der sich nur als Clown schminkt...hatten wir das nicht schonmal?
Trailer zu Joker
Nach Sichtungen der beiden Trailer waren diese Sorgen aber plötzlich gar nicht mehr relevant. Allein durch diese kurzen Einblicke war mir klar, das ich zwar nicht den Joker sehen werde den ich mir immer auf der Leinwand wünsche, aber anscheinend eine interessante Charakterstudie mit einem hochmotivierten Hauptdarsteller.
Der Hype um den Film war immens und die Meldungen das Menschen angewiedert oder niedergeschlagen den Saal verließen sicherlich übertrieben, verstärkten aber natürlich den Drang sich selbst zu überzeugen. Was ist JOKER nun geworden?
Mit Sicherheit ein Film der meilenweit aus der Flut etlicher Comicverfilmungen rausragt und der im Gedächtnis bleibt weil er so ganz anders ist als man es als typischer Mainstreamgucker erwartet hat. Joker fordert mit seiner Erzählweise Geduld und Konzentration beim Zuschauer, denn hier wird man nicht mit lustigen Sprüchen oder aussergewöhnlichen Actionelementen voran getrieben. Der Film mutet stellenweise langatmig an, aber er ist niemals langweilig. Das allein ist Joaquin Phoenix unglaublicher darstellerischer Leistung zu verdanken der man einfach gebannt folgt, selbst wenn er nur auf dem Sofa sitzt und einen Monolog führt. Seine Besetzung erwies sich dabei als absoluter Glücksgriff da sich der Film komplett nur auf die Figur des Arthur fokussiert. Er ist derjenige der den Zuschauer im Bann hält, denn der Film ist unglaublich geradlinig. Es gibt keine Nebenplots die sich zusammenführen und keine Konzentration auf eine der anderen Figuren. Dies kann man auch als eine der Kritikpunkte des Filmes ansehen. Jeder andere Darsteller verkommt zu einem Statisten oder Stichwortgeber dem kaum Tiefe verliehen wird und nur seine Daseinsberechtigung hat, Arthur näher an den Abgrund zu schubsen. Zwar bietet der Film in einigen Punkten doch kleinere Überraschungen, aber einen Twist der die Handlung plötzlich in andere Richtungen lenkt, sollte man nicht erwarten.
Der Gewaltgrad ist im Vergleich zu den oft unblutigen Kämpfen anderer Comicverfilmungen deutlich härter, aber lassen wir mal die Kirche im Dorf! Hier wird nichts gezeigt was jemanden veranlassen könnte den Kinosaal verstört zu verlassen, es sei denn er erwartete Action im Stile der Adam West Reihe mit BANG! und POW! Was eher unter die Haut geht ist das Krankhafte Lachen mit dem Arthur geqült ist und bei dem man mitleidig zusieht wie er versucht dieses mit großem Schmerz zu ersticken. Allein hierfür sei Phoenix schon der eine oder andere Filmpreis gegönnt!
JOKER ist ein grandioser Film, sicherlich einer der Besten die ich seit langem gesehen habe. Ob hierfür zahlreiche Oscars regnen werden, bezweifle ich, aber zumindest Phoenix hätte diesen schon längst verdient. Nun stellt sich die Frage, war es wirklich nötig dieses Psychodrama in der DC Comicwelt anzusiedeln? Nein, natürlich nicht. Da die Waynes und Gotham die einzigen Elemente sind die neben dem Joker aus den Comics entnommen wurden und diese auch in der Handlung auch völlig austauschbar wären, hätte man tatsächlich auf die großen Namen verzichten können. Aber natürlich ist es frecherweise genial, denn mit der Verbindung zu den ikonenhaften Figuren werden natürlich Summen eingespielt die ein Drama mit dem simplen Titel ala "THE CLOWN" oder "THE LIFE OF ARTHUR FLECK" nur erträumen kann. Außerdem muß man hier auch mal den Mut bewundern das man mit dem Thema "Superhelden" eine völlig andere Richtung gewagt hat und dieser Mut gehört auch belohnt.
JOKER ist nicht der Jokerfilm den ich schon immer sehen wollte, aber ein Film den die Figur Joker verdient. Er bietet einen anderen Blickwinkel auf den bekannten Schurken der diesen aber nicht verherrlicht. Man begreift den Absturz, aber lässt den Zuschauer die darauffolgenden Gewaltätigkeiten nicht als Heldentaten betrachten. Ein wundervolles Kinoerlebnis mit ganz wenig Schwächen und einem unheimlich beeindruckenden Joaquin Phoenix