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Judgment - Grenze der Hoffnung

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Prädikat: besonders wertvoll

Judgment - Grenze der Hoffnung Kritik

Judgment - Grenze der Hoffnung Kritik
0 Kommentare - 22.03.2015 von FBW
Hierbei handelt es sich um eine Kritik der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW).

Bewertung: 4 / 5

Die Geschichte in Stephan Komandarevs Judgment - Grenze der Hoffnung entspinnt sich wie eine klassische Tragödie. Die verhandelten Themen und Konflikte sind dabei komplex und dicht miteinander verbunden. Ob die aktuelle Flüchtlingsproblematik in Europa, die wirtschaftlich schwierige und oftmals trostlose Situation in einem Land wie Bulgarien oder auch das geschichtliche Trauma der Soldaten in den Grenzgebieten Südosteuropas. Komandarev gelingt es dabei nicht nur, ein vielschichtiges Bild Bulgariens zu zeichnen, sondern die Menschen auch glaubwürdig in diesem Kontext zu verorten.

Im Mittelpunkt steht Mityo, ein Mann von Mitte vierzig, der seinen halbwüchsigen Sohn Vasko nach dem Tod der Mutter alleine aufzieht. Als Mityos Arbeitsplatz als Milchtransportfahrer im Zuge der Wirtschaftskrise in Bulgarien verloren geht und Mityo seine Bankkredite nicht mehr abzahlen kann, droht der existenzielle Ruin. In seiner Hoffnungslosigkeit lässt Mityo, der auch verzweifelt um den Respekt seines vom ihm enttäuschten Sohnes kämpft, sich auf einen gefährlichen Job ein. Sein früherer vorgesetzter Offizier aus seiner Dienstzeit als Grenzsoldat verdingt ihn als Menschenschmuggler, der Flüchtlinge aus Syrien und Afrika über die bulgarische Grenze in die EU bringen soll.

Trailer zu Judgment - Grenze der Hoffnung

Durch seine ruhige Erzählhaltung gibt der Film dem Zuschauer Zeit, in die Geschichte und in die Gesellschaft einzutauchen Die Kraft der Natur wird von der außergewöhnlichen Kamera überzeugend in Szene gesetzt. Oftmals spürt der Zuschauer auch körperlich die Bedrohung der Situation und kann sich der aufgeladenen Atmosphäre kaum entziehen. Unterstützt wird dies von der hochemotionalen Musik. Bei den Figuren selbst gibt es keine eindimensionale Unterteilung in Gut oder Böse. Denn selbst der vom Kapitalismus durchtriebene "Kapitän" ist eine gebrochene Figur.

Zum entscheidenden Schauplatz für das Drama wird eine Stelle im Gebirge, die "Judgment" heißt und wo einst Mityo Schuld auf sich geladen hat. Dieser Ort war schon in alten Zeiten eine Hinrichtungsstätte, wie der ehemalige Kapitän konstatiert, ein geschickt platzierter Verweis des Drehbuchs auf die jahrtausende alte Kulturgeschichte Bulgariens, wo einst Griechen und Römer, später die Osmanen und viele andere Völkerschaften, ihre Spuren hinterlassen haben. Vor der gewaltigen und imposanten Kulisse der bulgarischen Bergwelt vollzieht sich ein Drama, in dem es neben Mityos Schuld vor allem auch um seine Beziehung zu seinem Sohn geht, der immer wieder an seinem Vater zweifelt, ihn aber dennoch nie endgültig aus seinem Leben verbannt.

Der Film hat einige kleinere Schwächen, darunter Momente, die an Aufsätze aus Schulbüchern zum Thema Land und Leute erinnern oder auch die an einigen Stellen allzu dick aufgetragene Charakterisierung des Kapitäns als bitterbösen Schurken und somit als Gegenpol zum liebenswert schwachen Mityo. Dennoch überzeugen in dem Drama, das auch die gegenwärtige oftmals triste Situation in Bulgarien zeigt, viele kleinere Nebenhandlungen. Zudem fängt die Kamera von Krasimir Andonov in stimmungsvollen Bildern die Urgewalt der Berge und der rauen Natur ein, aber auch die Einsamkeit und den Verfall einer einst blühenden Kulturlandschaft, von der noch heute die Überreste alter Holzkirchen und die von Wind und Wetter gebleichten Ikonen zeugen. Die Musik von Stefan Valdobrev fügt sich in die packende Handlung auf subtile und angemessene Weise. Ein insgesamt bemerkenswerter Film, der zudem ein Musterbeispiel ist für eine gelungene internationale Zusammenarbeit zwischen Bulgarien, Mazedonien, Kroatien und Deutschland.

Prädikat: besonders wertvoll

Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung

Judgment - Grenze der Hoffnung Bewertung
Bewertung des Films
810

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