Bewertung: 3.5 / 5
Mit Rogue One kam dieses Jahr das erste Spin-off der beliebten Star Wars Reihe ins Kino. Als Anthology-Film und später als einfache Star Wars-Story ist es der Versuch von Disney, die Reihe auch abseits der bekannten Episoden und der Geschichte um die Skywalker-Familie den Leuten schmackhaft zu machen. Viele fragten kritisch, ob es notwendig sei, einen Film über den Lauftext von Episode 4 zu drehen. Das Ende ist ja bekannt, die Umstände wurden 1000 mal in der Phantasie in unzähligen Kinderzimmern durchgespielt. Und trotzdem machten die Trailer Lust auf mehr, nach Episode 7 dominiert Star Wars die Nachrichten und Generationen allen Alters sind interessiert. Ob dies gelang? Hier eine kleine Review...wie immer können Spoiler vorkommen!
Handlung
Das Imperium baut an einer geheimen Superwaffe, die das Leben in der Galaxy nachhaltig bedrohen könnte. Verschiedene Gruppierungen rebellieren gegen das Imperium - können jedoch nichts gegen eine solche Waffe ausrichten, zudem sind sie untereinander uneins was ihre Handlungen betrifft. Als Galen Erso, der unfreiwillig am Bau des sogenannten Todesstern beteiligt ist, dem Rebellen Saw Gerrera eine Botschaft zukommen lässt, wird seine Tochter Jyn in einen intergalaktischen Krieg mithineingezogen. Gemeinsam mit den Rebellen versucht sie ihren Vater zu retten und die Pläne des Todessterns zu erhalten - denn diese besitzen einen Hinweis auf eine eingebaute Schwäche...
Trailer zu Rogue One - A Star Wars Story
Rogue One als eigenständiger Film
Man sieht es schon in der Inhaltsbeschreibung: Rogue One ist anders und doch kommen vertraute Elemente vor. Der Film spielt zeitlich gesehen kurz vor Episode 4 - und ist somit ein Prequel der OT und zeigt wie die Rebellen an die ominösen Baupläne des Todesstern kamen. Trotzdem ist der Film auch relativ eigenständig und ist gerade für Nicht-Kenner der OT (solche soll es tatsächlich geben) auch der perfekte Eintritt in die Star War Welt. Dass der Film abseits der Episoden läuft merkt man dann direkt am fehlenden Schriftzug. Zwar beginnt der Film mit einer für Star Wars-Episoden untypischen Flashback-Szene...trotzdem fehlt irgendwas. Man kann durch diese Flashback-Szene verstehen, dass die Macher den Text dazu wegließen - trotzdem sind Lauftext und Star Wars stark miteinander verbunden. Hier fehlt dann auch vielleicht ein bisschen Feedback, auf das wir später noch zu sprechen kommen.
Wir werden also ohne Schweife direkt in die Handlung gelenkt und schon beginnt es nach der Open-Sequenz kritisch zu werden. Im Sommer schockierte die Meldung, dass Nachdrehs zum Film beordert worden, die Filmwelt. Was bedeutete dies für den Film? So richtig wissen wir immer noch nicht, was verändert wurde, doch die ersten Minuten nach der Flashbackszene ließen schlimmes erahnen. Wie schon bei Suicide Squad oder Batman v Superman waren die ersten Szenen dominiert von Schauplatzwechseln. Wir lernen innerhalb von paar Minuten mehrere Planeten kennen, ein kleines Detail wird gezeigt - Cut zur nächsten Szene. Gerade in diesem Jahr fiel ein solches Schnittwirrwarr mehrfach auf und störte mich deshalb auch sofort. Klar ist es notwendig die einzelnen Charaktere und Handlungsstränge einzuführen, die Frage bleibt ob man dies etwas fließender hätte gestalten können.
Die schlimmen Befürchtungen bewahrheiteten sich gott sein dank nicht und nachdem die zähe Einführung überwunden ist, dann rollt die Story. Und dies so, wie man es sich von einem Star wars-Film nicht erwartet. Was wurde auf Disney geschmimpft und wie oft wird über fehlende Gewalt, etc. gesprochen. Bereits Episode 7 zeigte, dass man sich keine Gedanken machen muss und Rogue One geht sogar weiter. Der Krieg ist in Star Wars angekommen! Edwards zeigt die Bedrohung des Krieges durch visuell tolle Bilder. Der Krieg ist dreckig, es gibt Verluste und man muss Disney loben, dass sie dieses Ende für den Film wollten. Zwar muss man nun keine fliegenden Körperteile erwarten, trotzdem gibt es Szenen, die oft leider an reale Umstände wie wir sie im Nahen Osten kennen, erinnern. Dabei zeichnet Edwards kein typischen Schwarz-Weiß-Schema, sondern geht explizit darauf ein, dass nicht jeder Böse oder Gut ist, nur weil er für eine bestimmte Sache kämpft.
Die Rebellen bestehen nicht nur aus Leuten, die für Freiheit und das Gute kämpfen. Unter Saw Gerrera hat sich eine militäristische Rebelleneinheit formiert, welche durch Attentate und Anschläge als Terroristen bezeichnet werden können. Am besten dargestellt ist bei der Zeichnung dann auch Cassian Andor, welcher nicht durch eine glorreiche Heldentat eingeführt wird, sondern in seiner ersten Szene gleich mal einen kaltblütigen feigen Mord begeht. Genauso sieht es auf der Seite des Imperiums aus. Die Strumtruppler (die erstaunlich oft ihr Ziel erreichen) werden immer wieder durch alltägliche Gespräche als Menschen gezeigt. Durch Galen Erso und seinen Wissenschaftlern wird zudem klar, dass Luke mit der Sprengung des Todessterns nicht nur "bösen" Menschen das Leben nahm, sondern auch Unschuldige ihr Leben ließen. Hier hätte der Film noch weitergehen können: zwar erleben wir erstmals eine echte Befehlskette im Imperium, trotzdem wird nicht so richtig klar, wieso das Imperium so gehasst wird und wieso soviele Menschen ihr Leben lassen. Der Todesstern alleine reicht da nicht, vor allem da er geheim ist (was ziemlich unlogisch wirkt) und die Rebellen sich schon lange vorher formiert haben. Hier hätte man ruhiger noch mehr zeigen können, vielleicht in der Form eines Lauftextes.
Der Film entfernt sich nicht nur durch seine Thematik des Krieges von der OT, sondern auch vom Design. Die heutige Technik lässt neue Möglichkeiten entstehen und so sehen wir wunderbare Szenen mit Sternenzerstörer in der Atmosphäre fliegen, mit Scarif ein wunderschönes neues Planetenszenario und eine Endschlacht, die wohl mit zu den besten der gesamten reihen gehört. Visuell geht man also in die gleiche Richtung wie Episode 7 und damit bewahrt man den Stil der OT, man bedenke nur, wenn Lucas seinen CGI-Einsatz in den Prequels reduziert hätte...
Fanservice und Charaktere
Der Film geht also neue Wege und bleibt sich trotzdem treu. Als Prequel der nur Minuten vor dem Original spielt, mussten Cameos und Easter Eggs eigentlich vorkommen. Und sie kommen vor! Phantastische Tierwesen hat gezeigt wie man sich frei vom Vorgänger machen kann, ohne ihn zu ignorieren. Die Hobbit-Filme fanden damals die perfekte Mischung, ohne es zu übertreiben. Rogue One geht noch weiter und so mancher könnte sagen: es ist übertrieben! Ich finde, durch die zeitliche Anordnung, es einfach nur richtig. Das Fanherz springt wenn bekannte Figuren gezeigt werden, Andeutungen getätigt werden und Logikfehler aus Episode 4 verbessert werden. Ganz klar, die Kritik an der Lösung des Problems aus Episode 4, dass ein Architekt nie so etwas bescheuertes gebaut hätte, war vielen immer ein Dorn ins Auge - Rogue One löst dies einfach elegant und zeigt: der Architekt war nicht dumm, er wollte es so! Fraglich ist dieser Fanservice lediglich in 2 Szenen. Die Einbindung des Großmoff Tarkin ist dann auch eine Frage, wann ein Einsatz eines leider verstorbenen Mannes, makaber wird. Ich finde, dass man es großartig gelöst hat und nachwievor geht von Tarkin eine Bedrohung aus. Die erste Szene, bei der man ihn aus dem Fenster blicken sieht, hätte jedoch vollkommen gereicht. Denn auch wenn das CGI perfekt ist, so weiß man einfach, dass diese Person leider nicht mehr unter uns ist. Und dann wirkt es stellenweise doch irritierend...besonders wenn der Charakter soviel Screentime bekommt. Auch Prinzessin Leia hätte man nicht zeigen müssen, auch hier kann das Auge nicht überlistet werden und ein Shot von hinten hätte jedem klar gemacht, wer sie ist.
Zwei Charakter bekommen somit sogar fast zuviel Screentime, ein anderer hätte noch mehr vertragen können. Darth Vader ist einfach das Highlight des Films und gerade die letzten Minuten sind pure Gänsehaut. Während man uns bei SSQ mit dem Joker noch dreits anlügte, ist bei Rogue One der Auftritt des in den Trailern angeteaserten Vaders sehr klein. Zu klein werden viele sagen, denn so einen brutalen angsteinflößenden Vader haben wir noch nicht gesehen. Hier wünscht man sich dann fast schon ein weiteres Spinoff, dass mehr Vader zeigt - denn in der OT (vergessen wir hier die PT) wurde nie gezeigt, wieso man soviel Angst vor ihm haben muss.
Neben genannten Fanservice-Charakteren, besteht das Rogue One-Team aus unbekannten Figuren, die wir nach und nach kennen lernen. Durch die Bank überzeugen die Schauspieler, wobei besonders Chirrut Îmwe als Charakter bestimmt ein Fanliebling wird. Nur einer übertrumpft ihn und zwar der Droide K-S20. Er ist für die Lacher da und fügt sich nahtlos in die Reihe großartiger Droiden in Star Wars ein. Der Humor ist perfekt platziert, ohne die Szenen lächerlich wirken zu lassen.
Gespalten bin ich bei Felicity Jones. Ein hübsches Mädchen, was auch die taffe Rebellin rüberbringt. Trotzdem scheint sie immer den gleichen Ausdruck zu haben - Emotionen kann sie nur in einer Szene zeigen.
Kritik
Und die Emotionen sind es dann auch, was dem Film eine bessere Bewertung abspricht. Zwar zeigt Disney Mut und bringt uns ein definitives Ende dieser Geschichte, trotzdem fehlt die emotionale Bindung zu den Charakteren. Wenn man bei einem sterbenden Droiden noch am meisten mitleidet, dann hat der Film etwas falsch gemacht. Klar wusste man, dass keiner oder der Großteil nicht überleben würde, trotzdem fehlt die Bindung zu den Charakteren...und dies liegt am Drehbuch.
Wie schon häufiger dieses Jahr sind einfach Logikfehler und Ungereimtheiten vorhanden, die einem auffallen müssen. Müssen wirklich alle Rebellen sterben auf einem Planeten, wo es von Raumschiffen wimmelt und man genug Zeit hat, abzukommen? Die fehlende Bindung zu den Charakteren entsteht auch, da alle Figuren irgendwie per Zufall in den Konflikt reingeraten. Imwe und Malbus begegnen den Rebellen zufälllig in Jedha und entschließen sich dann ihnen in den Tod zu folgen. Andor ist bei der Unterredung der Rebellen nicht mal anwesend und findet Verbündete - nur, dass man dann später doch alle Rebellen in den Krieg schickt.
Saw Gerrera wird vom Imperium gesucht, lebt "verborgen" auf Jedha - trotzdem befindet sich seine Höhle gleich neben der Hauptstadt und jeder der ihn finden will, findet ihn. Und Jyn? Interessiert sich anfangs nicht für die Rebellion, wird hineingezogen und wird dann zur Anführerin...die Wandlung geschieht da schon zu schnell, auch wenn man Meinungswechsel durchaus verstehen kann. Es sind solche Kleinigkeiten, die das Filmgeschehen einfach stören und einen schnell aus der Handlung werfen. Zudem wird die fehlende Bindung zu den Charakteren bestärkt, wenn man sich fragt: ja wieso macht ihr es denn? Durch die fehlende Bedrohung durch dem Ziel des Imperiums wird dies weiter bestärkt.
Am meisten wird aber das Ende des Films die Fans stören. Denn der Beginn von Episode 4 ergibt nun keinen Sinn mehr - er ist sogar eher dämlich. Vader sieht Leia entkommen und lässt sich in Episode 4 dann so leicht verarschen? Es wirkt so wie wenn man unbedingt mit dieser Szene den Übergang schaffen wollte, dass der Übergang somit aber unlogisch ist fiel wohl keinem auf. Und dies ist schade, denn fast alle Logikfehler hätten locker vermieden werden können. Und so ist es dann, dass man den Fanservice hätte streichen (weniger Tarkin oder Andeutungen über einen gewissen Jedi) und deshalb eine stärke Motivation und Charakterbindung (wieso schließen sich gewisse Personen den Rebellen einfach an) vollbringen können.
Fazit
Rogue One macht vieles richtig und fügt sich wunderbar ins Universum ein. Nach all den kritischen Stimmen, ob dieser Film nicht einfach nur ne Ausschlachtung einer bekannten Marke ist, muss man sagen, dass er seine Daseinsberechtigung auf jeden Fall verdient. Er macht Episode 4 sogar runder und wenn man Lust hat, nach diesem Film direkt weiterzuschauen, dann wurde vieles richtig gemacht. Star wars Feeling? Wenn Schlachten gezeigt werden, Sternzerstörer vor dem Todesstern kreisen, Vader sein Lichtschwert zuckt und die bekannte Musik erklingt, dann ist dieses Feeling zu 100 % vorhanden. Wenn man aber sich mit Charakteren identifizieren will und seinen Luke, Han, Finn, Rey oder Leia sucht, dann wird man enttäuscht. Denn trotz der eigentlich vorherrschenden Dramatik, schafft der Film es nicht, mit den Charakteren mitzufiebern. Star Wars-Feeling kommt dann eher durch Fanservice-Figuren auf, während den neuen Figuren einfach zu wenig Raum zur Entfaltung gegeben wird. Dies ist schade und verbunden mit dem zähen Anfang und dummen Logikfehlern wird das eigentlich tolle Gesamtergebnis dann auch etwas zerstört. Von mir gibt es 3,5 Hüte mit klarer Tendenz zu 4. An das Prequel Phantastische Tierwesen konnte er nicht ranreichen, trotzdem gehört er mit Abstand zu einem der drei besten Filmen des Jahres.