
Bewertung: 2 / 5
Bevor ich nun den gleichen Fehler wie bei The Force Awakens mache und den Film zu vorschnell verurteile, kündige ich direkt an: Ich werde und muss mir Rogue One ein zweites Mal anschauen. Zum Einen leidet Rogue One unter einer furchtbaren deutschen Synchronisation, weswegen ich mir den Film unbedingt noch in der Originalversion ansehen muss. Das englische Original machte schließlich schon aus TFA einen grundlegend besseren Film. Zum Anderen erhoffe ich mir von einer Zweitsichtung, dass sich Rogue One auch atmosphärisch mehr wie ein Star Wars Film anfühlen wird, was vorhin im Kino leider nur selten der Fall war.
Rogue One wurde als ein Film angekündigt, der das Star Wars Franchise aus einem vollkommen neuen Blickwinkel betrachten sollte. Innovativ und düster sollte er sein. Vorbei mit der Saga, vorbei mit dem Märchen, Star Wars sollte sich zum ersten Mal so richtig wie Krieg anfühlen. Tja, da liegt meiner Meinung nach genau der Wookie begraben, denn Rogue One ist im Vergleich zu den Episoden weder sonderlich innovativ noch düster. Mit Gareth Edwards (Monsters, Godzilla) hatte Disney eigentlich einen vielversprechenden Regisseur am Start, aber entweder wollte sich Edwards hier komplett neu erfnden oder ihm wurde tatsächlich das Zepter aus der Hand genommen. Edwards gewohnte Handschrift lässt sich jedenfalls nicht wiederfinden und die bei ihm sonst so bedrohliche Atmosphäre will sich absolut nicht einstellen. Ein weiteres Problem sehe ich darin, dass hier teiweise sogar die gleichen Fehler wie in TFA gemacht wurden.
Trailer zu Rogue One - A Star Wars Story
Das fängt damit an, dass manche Charaktere so wirken, als hätte man sie aus mehreren bereits bekannten zusammengeschustert. Den Droiden K-2SO kann man als eine Mischung aus TARS und C3PO beschreiben, er hat im Deutschen sogar eine ähnliche wie C3PO. Wie in TFA mit Finn hat man hier mit Cassian Andor einen desertierenden Imperialisten als wichtige Nebenfigur. Zudem wird uns mit Jyn Erso als Hauptfigur ein Aufguss von Luke und Rey präsentiert. Ein kleines Kind verliert seine Eltern, wird von einem im Film dem Tod gesegneten Mentor großgezogen (hier: Forest Whitaker) und irgendwann in das Imperiumsgeschehen hineingezogen. Natürlich spielt auch der Vater (hier: Mads Mikkelsen) wieder eine wichtige Rolle in der Handlung. Darüberhinaus versucht Disney erneut, die alten Fans durch das plumpe Einbauen von Nostalgieelementen zu ködern. Von Sprüchen wie "Das ist eine Falle!" und "Ich habe da ein ganz mieses Gefühl!" bis zu mMn sinnlosen Cameos ( C3PO; R2D2; der Typ, der auf zwölf Sternen zum Tode verurteilt ist ) lässt sich hier alles finden.
Hinsichtlich der Ankündigung, mit Rogue One einen düsteren Kriegsfilm drehen zu wollen, muss ich Disney, Edwards und den Drehbuchautoren zumindest für die Idee ein Lob aussprechen. Die Rebellen erscheinen nicht mehr als reine Lichtgestalten, sondern werden angegraut dargestellt, auch von der Radikalität ( am Ende sind alle Hauptfiguren tot ) bin ich beeindruckt. Auf dem Papier liest sich das großartig, letztendlich scheitert dies aber an der Ausführung. Wenn man bestimmte Szenen in den Episoden als düster oder intensiv empfindet, dann begründet sich dies nicht nur durch eine entsprechende Inszenierung, sondern auch durch die emotionale Bindung zu den gut ausgearbeiteten Charakteren. Das fehlt in Rogue One leider zu großen Teilen, die Charakterzeichnung der Hauptfiguren verbleibt auf einem rudimentären Niveau und die emotionale Bindung fällt dementsprechend schwach aus. Des Weiteren wird die düstere und bedrohliche Atmosphäre durch die ständigen Humoreinschübe ad absurdum geführt, in diesen Momenten lässt sich der Film kaum von Suicide Squad unterscheiden. Hoffentlich bessert sich das wie schon bei TFA in der Originalversion! Gleiches gilt auch für Ben Mendelsohns Direktor Krennic, der im Deutschen wie die Karikatur eines Star Wars Schurken erscheint und der düsteren Atmosphäre somit ebenfalls einen Riegel vorschiebt.
Insgesamt könnte ich darüber eventuell sogar hinwegsehen, wenn sich Rogue One wenigstens wie ein Star Wars Film anfühlen würde, aber selbst das gelingt nicht so recht - zumindest nicht in den ersten 90 Minuten. Normalerweise halte ich Michael Giacchino für einen tollen Komponisten, aber hier hat er mit seinem eigenen Score komplett ins Klo gegriffen. Die Bilder suggerieren mir zwar "Das ist Star Wars.", aber ohne eine passende Musikuntermalung bleibt es eben nur eine Behauptung. Nachdem der finale Kampf eingeläutet ist und in den letzten 30 Minuten wieder die altbekannten Williams-Melodien erklingen, stellt sich wie zu erwarten direkt das geliebte Star Wars Feeling ein. Anmerkung: Ähnliche Probleme hatte ich bei TFA, auch hier besserte es sich mit der Zweitsichtung.
Alles in allem stellt sich mir nun die Frage: Haben wir dieses Spin-Off über den Diebstahl der Todessternbaupläne wirklich gebraucht? Nach der Erstsichtung muss ich diese Frage mit "Jein" beantworten. Aufgrund des fehlenden Star Wars Feelings, der fehlenden düsteren Kriegsatmosphäre und der mangelhaften Charakterzeichnung empfand ich die ersten 90 Minuten als ziemlich belanglos. Inhaltlich und atmosphärisch kann sich die Geschichte erst in den letzten 30 Minuten entfalten, im Prinzip hätte also ein Kurzfilm ausgereicht. Highlight war für mich die Endszene mit Darth Vader, eine perfekte Überleitung zu Episode IV.
4-5/10 Punkten
