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Sieben Jahre in Tibet

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Sieben Jahre in Tibet Kritik

Sieben Jahre in Tibet Kritik

Sieben Jahre in Tibet Kritik
0 Kommentare - 09.07.2022 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Sieben Jahre in Tibet" ist.

Bewertung: 2.5 / 5

Der Bergsteiger Heinrich Harrer (Brad Pitt) nimmt im Frühjahr 1939 an einer Himalaya-Expedition teil, obwohl seine Frau schwanger ist. Der Expeditionsleiter Peter Aufschnaiter (David Thewlis) und Harrer geraten des Öfteren aneinander, weil Harrer als Egomane nur an sich selbst denkt. Unterdessen bricht der Zweite Weltkrieg aus und die britische Kolonialmacht lässt die beiden in ein Internierungscamp bringen. Jahre später in 1944 gelingt den beiden die Flucht und sie finden sich in Tibet wieder. Peter findet eine Frau und Heinrich freundet sich unterdessen mit dem jungen Tenzin Gyatso (Jamyang Jamsho), dem 14. Dalai Lama, an.

Auf dem Papier klingt eine solche Lebensgeschichte ja eigentlich wie ein selbstgeschriebenes Meisterwerk. Eine spirituelle Reise, vor dem Hintergrund es großen Konfliktes und zwei Menschen, die einander einfach nicht leiden können. Doch nicht alles, was sich gut anhört, taugt auch zu einem guten Film und das hat eine Menge Gründe. Zum einen ist die Persona Heinrich Harrer einfach niemand, der ein wirklich besonderes Leben geführt zu haben scheint. Der Zuschauer lernt ihn als Egozentriker mit Dackelblick kennen und kann gegen Ende immer noch nicht sagen, was für eine Person er eigentlich ist. Harrer hat diese Obsession zum Klettern, doch nie erklärt der Film seine Beweggründe. Dann wiederum spielt der Film diesen familiären Pathos aus. In dieser Form, daß er sich auf dieser Reise so sehr nach seiner Familie sehnt. Auch ein Konflikt mit einer ihn hassenden Frau kommt da auf. Doch weder die Geburt seines Sohnes, noch sein Streit werden hier ausgearbeitet. Sie werden klar gezeigt und sind auch im späteren Verlauf der Geschichte noch Teil eben dieser. Aber das ist weder reizend noch innovativ. Streit gibt es in jeder Familie. So wage ich zumindest mal frech zu behaupten. Und in diesem Film unterscheidet sich kein Streit wirklich von dem, einer stinknormalen Familie.

Wenn der Westen einen Blick auf den „Fernen Osten“ wirft, dann hat das mitunter immer einen spirituellen Charme. Woher der kommt, weiß niemand so genau. Doch es reicht wohl aus, wenn man Menschen in Roben zeigt und ab und zu mal Buddha erwähnt. Das ist aber auch schon alles, was man spirituell mit auf den Weg bekommt. Viel wichtiger ist da ein ganz anderer Konflikt, der den Verantwortlichen hinter dem Film den Zorn Chinas brachte. So kommt es in Tibet zu einem Kampf zwischen den einheimischen Tibetern und den imperialistischen Chinesen. Daß die Chinesen bei diesem Konflikt nicht gut wegkommen, erscheint im heutigen Hollywood fast schon ein Novum zu sein und in dieser Hinsicht kann man diesem Film nur applaudieren. Denn ein totalitäres Regime als eben das zu zeigen, was es ist, ist in diesem Kontext vielleicht nicht unbedingt mutig, aber auf jeden Fall richtig. Doch daß Harrer auch seine ganz eigene Vergangenheit im SS-Regime hatte, lässt der Film gekonnt als reine Nebensache außen vor. Die Frage ist doch aber, warum er das tut. Schließlich lassen sich mit Filmen über das Dritte Reich immer wieder Leute zu großen Preisvergaben herab. Eigentlich steht diesem Film Oscar auf die Stirn geschrieben. Doch irgendwas wollte da nicht so recht. Und das kann mitunter auch gut sein, weil es nun wirklich etwas anbiedernd wirkt. Auf der anderen Seite hebt der Film aber auch dabei sehr banale Probleme hervor.

Denn den Großteil der Laufzeit bringt Sieben Jahre in Tibet damit zu, erstmal eine Reise vorzubereiten, dann zu reisen, dann anzukommen und dann zu Ende zu sein. Regisseur Annaud ist dabei viel zu vernarrt in vermeintlich vielsagende Landschaftsaufnahmen, die aber darüber hinaus nicht viel mehr sind als eben dies. Natürlich könnte man da einen Symbolismus hineinlesen, in etwa in der Form, daß ja die Symbiose von Mensch und Natur vor dem Hintergrund der Gewalt gezeichnet wird. Ähnlich, weit hergeholtes kann man aber auch in eine Tütensuppe interpretieren, wenn man das brodelnde Wasser und das darin aufschlagende Pulver als Symbiose aus Leben und Gewalt betrachtet. Denn das Leben wäre hier die Nahrung und die Gewalt die Unkontrollierbarkeit des heißen Wassers. Insofern sind Deutungen natürlich ein wichtiger Bestandteil des Filmes, allerdings kommt da nicht viel bei rum, wenn man sich akribisch mit dem Werk befasst. Und somit entpuppt sich Sieben Jahre im Tibet zumindest in dieser Hinsicht als reine Mogelpackung.

Und wenn es da einen Symbolismus gibt, so sind es banale und konservative Werte, die hier übertragen werden. So bindet sich Harrer im Laufe der Geschichte an den jungen Dalai Lama. Er erklärt ihm die westliche Welt und blickt in die Augen eines Kindes, daß nicht sein eigenes ist. Vater und Sohn eben. Und trifft er nach seiner Reise den eignen Sohn wieder, so wird klar, daß Harrer ihm einiges zu erklären hat, weil er jahrelang fort war. Darüber hinaus sind es vor allem Brad Pitt und David Thewlis deren Beziehung dieser Film hier gehört. Sie hegen eine tiefe Verbundenheit, weil sie so vieles miteinander erlebt haben: Dabei wird klar, daß der Hang nach Materiellem sie vor eine Wahl stellt und einen weiteren Konflikt schürt. Sie trennen sich, treffen sich wieder, lernen einander zu vergeben und alles ist in Ordnung. Ja, es mag natürlich etwas sarkastisch anmuten, so über die beiden hier zu schreiben. Doch eigentlich ist gerade ihr Schauspiel daß, was diese Geschichte so reizend macht. Sowohl Pitt als auch Thewlis nehmen sich sehr zugunsten der Inszenierung zurück und Pitt hat hier auch noch etwas von einem Melancholiker, den er in den 1990er Jahren immer mal wieder gab. Diese Ruhe fügt sich dann aber auch perfekt mit der Inszenierung, weil es eben dieser Effekt ist, den Annaud auch damit erzielen will.

Ein großes Lob indes geht an die technischen Abteilungen des Films. So wirken die Sets und Gebäude der Stadt Lhasa wirklich atemberaubend schön. Dann wiederum gelingt es der Kamera auch, diese so gut und groß und undurchsichtig zu bebildern, daß der Zuschauer sich hier an eine wirklich vergangene Epoche erinnert fühlt. Nicht nur historisch, sondern auch filmhistorisch hat das was von Monumentalfilmen wie Ben Hur (1952) oder Lawrence von Arabien (1962). Natürlich erreicht der Film bei weitem nicht an deren Kraft heran. Und dennoch gewinnt er dadurch retrospektiv noch etwas dazu, weil auch das im heutigen Kino eigentlich zur absoluten Ausnahme gehört. Die Musik fügt sich natürlich ebenso klangvoll an den Film und lässt in manchen Momenten aber auch klar die Handschrift von John Williamss Blockbustern erkennen.

Das Werk möchte in manchen Momenten klar zu viel, indem es viele Themen unter einen Hut bringt und dabei aber vor allem die Banalen fokussiert. Schauspielerisch kann das gut aufgefangen werden, ist aber inhaltlich auch bei weitem nicht die symbolische Kraft, die Sieben Jahre in Tibet gerne wäre. Politisch ist das in einigen Momenten gewagt und wirklich auch willkommen, als reiner Film enttäuscht der Film aber, weil er es nicht schafft an seine Figuren zu binden.

Sieben Jahre in Tibet Bewertung
Bewertung des Films
510

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