Bewertung: 4.5 / 5
So wie der Hauptcharakter in "Slumdog Millionaire" aus dem Nichts zu Berühmtheit gelangt, wurde auch er Film praktisch aus dem Nichts zu einem mit Preisen überhäuften und auch kommerziell nicht erfolglosen Kinofilm. Die acht Goldjungen anno 2009 für "Slumdog Millionaire" (und auch 4 Golden Globes neben anderen Auszeihnungen) machen doch neugierig, was diesen Streifen auszeichnet oder zu etwas Besonderem macht. Inhalt: Jamal (Dev Patel) wird im Polizeirevier gefoltert und verhört. Der Vorwurf: Er soll in der indischen Version von "Wer wird Millionär?" betrogen haben. Der Komissar (Irrfan Khan) kann nicht glauben, dass ein 18jähriger Chaiwallah (Teeservierer) aus den Slums von Mumbai (vormals Bombay) sich bis zur letzten Frage hochgespielt hat. Zusammen sehen sie sich die Videoaufzeichnung der Sendung an und Jamal beginnt zu erklären, woher er die Antworten zu den Fragen wusste. Er berichtet von den Schwierigkeiten mit seinem Bruder Salim (Madhur Mittal), den gewaltsamen Tod seiner Mutter, der sie zu Waisen machte und dem ersten Treffen mit Latika (Freida Pinto), seiner ersten (und einzigen) Liebe, die er im Laufe der Jahre immer wieder fand und verlor. Ihre Flucht vor einer Bettlerorganisation, die Kinder schamlos für ihre Zwecke ausbeutet, wie sie sich durchs Leben schlugen und er schließlich allein für sich zu sorgen hatte. Eigene Meinung: Die Idee für diesen Film, die weitgehend auf einem Roman beruht, ist wirklich großartig. Die Story ist faszinierend aufgebaut und wirklich gut inszeniert und umgesetzt. Nur am Ende will es nicht so recht gefallen, aber das Manko ist minimal und eine Geschmacksfrage. Die Figuren, insbesondere Jamal, aber auch z.B. der Moderator der Sendung, sind sehr gut gelungen. Jamal strahlt, trotz aller schrecklichen Umstände, die er erlebt hat, ein positives Gefühl zum Leben aus, indem das Wichtigste für ihn ist, seine Latika wiederzusehen und mit ihr zusammen zu sein. Das klingt kitschig, ist aber tatsächlich weit entfernt davon. Die teilweise recht schonungslosen Bilder geben der Atmosphäre des Films die nötige Intensität. Sie deuten den schwierigen Spagat des modernen Indiens an, gefangen in Klassendenken, rasantem, wirtschaftlichem Aufschwung, Kriminalität und religiösen Spannungen. Die unbeschreibliche Armut und der leichte Umgang mit ihr, zeigt die Figur des Jamal sehr schön. Man könnte negativ anmerken, dass der Film viele Facetten der indischen Moderne nur andeutet, aber dem will und kann der Film nicht gerecht werden. Trotzdem zeigt er davon mehr, als bisherige Filme, und vor allem weder verklärt, noch mit den großen Zeigefinger. Die Inszenierung gelingt, die Bilder sind passend, die Kameraarbeit gehört zu den besseren. Erstaunlich gut und nicht typisch indisch für das vorurteilsbehaftete westliche Ohr ist die Musik, die (außer an einer Stelle) keine Bollywoodmentalität aufweist. Schnitt und Szenenwechsel passen ebenfalls. Für die Schauspieler sprang bei dem Preisregen nicht einmal Nominierungen heraus. Zu Recht oder zu Unrecht muss jeder selbst beurteilen, aber auch schauspielerisch überzeugt "Slumdog Millionaire" durchaus. Auch hier sei insbesondere Dev Patel als Jamal und Anil Kapoor als Moderator der Quizshow hervorgehoben. Insgesamt bleibt ein interessanter, mehrschichtiger Film, der eine ungewöhnliche Geschichte zu erzählen weiß. Ein unbestimmtes Gefühl, dass in einigen Szenen noch etwas mehr hätte herausgeholt werden können und das Ende als Geschmacksfrage schlagen auf der Contra-Seite zu Buche. Fazit: Grandiose Idee, toll erzählt und inszeniert, bildtechnisch überzeugend. 9/10 Punkte.
Slumdog Millionär Bewertung
