Bewertung: 4 / 5
So, nachdem ich zuletzt sehr viel rumgegrantelt habe, gefühlt kein Spass mehr an irgendwelchen Filmen hatte, endlich mal wieder ein Review zu einem wirklich mehr als nur brauchbaren Film. No Way Home - soviel sei schonmal verraten - ist der mit Abstand beste Spider-Man mit Tom Holland. Doch wie gut ist er im Gesamtkontext?
Bevor wir uns das mal anschauen, macht es wahrscheinlich Sinn, zum Vergleich mal ganz kurz angerissen alle Spider-Men der Moderne mal anzuschauen, dh die 1970er Gurken und die türkischen Trash-Ableger werden jetzt mal gekonnt ausgeblendet. Hierfür habe ich mich tatsächlich auch an die Filme wieder rangesetzt und sie einem "Classic-Review" unterzogen.
Trailer zu Spider-Man 3 - No Way Home
Tobey:
Tatsächlich konnte ich damals recht wenig mit den Raimi-Filmen anfangen, da sie damals gefühlt sich zu sklavisch an der Comic-Vorlage orientierten, und damit auch alle cheesy-Elemente behielten, und alle Figuren in meinen Augen irgendwie fehlbesetzt waren. Und vom unsäglichen dritten Teil brauchen wir erst gar nicht reden, wo das Studio sich dämlich durchsetzte. Jetzt, Jahrzehnte später im Review hatte ich zu meiner Überraschung tatsächlich ein deutlich milderes Urteil abzugeben: Der erste Teil ist ein perfekter Origin-Film, in dem alle Beteiligten wachsen, sich entwickeln, der Antagonist auch als Mensch daher kommt und jeder irgendwie im Rahmen glaubwürdig ist. Ich kann mich zwar immer noch nicht recht mit Dunst als MJ anfreunden, aber selbst sie ist wirklich sehr glaubhaft und die Reihe ist, selbst im dritten Teil noch wirklich kohärent. Im Prinzip was Charakterisierung, Vorlagentreue etc angeht ist das der Goldstandard.
Garfield:
Nun, hier wird ein gänzlich anderer Ansatz verfolgt, und ich fand den ersten Teil des Amazing Zyklus richtig richtig gelungen, obwohl so deutlich anders. Auch dass es Gwen statt MJ war, war völlig ok und willkommen, da hier einfach alles zusammengepasst hat und die Chemie mega stimmte. Dann hat Sony mit dem zweiten Teil kurzen Prozess gemacht und die Reihe massakriert bevor sie überhaupt richtig loslegen konnt, nur um hinter den Kulissen Holland schon in die Wege zu leiten. Und obwohl der zweite Teil wirklich sehr leidet, hat man doch das Gefühl, dass hier eine unfertige Reihe noch vor dem eigentlichen Höhepunkt begraben wurde. Stone und Garfield harmonierten so mega. Besetzungstechnisch der Goldstandard. Sehr schade.
Holland
Tja, das ist er der Tausendsassa, der so gar nichts mit der Comicvorlage gemein hat außer dem Namen, Everybodies Darling. Der Typ, den jeder knuddeln möchte. Die beiden Filme waren beide ziemlich unterhaltsam, und ohne große Durchhänger auch richtig gut, nie so gut, wie die besten Filme der Vorgänger, aber dafür umso routinierter in Szene gesetzt. Die Figur ist so aufgestellt, dass sie überall mitmischen kann und trotzdem irgendwie sich selbst treu bleiben. Franchisetechnisch bisher der Goldstandard.
Teil 3
Der aktuelle Film geht nun endlich den einen Schritt weiter und macht peter Parker zu dem, der er zu sein hat: Mit Großer Macht kommt große Verantwortung. Und mit dieser Aussage ist auch immer ein gewisses Opfer verbunden. Diese Tragik dieser Figur, welche bisher immer sehr spitzbübisch rüberkam, wird endlich in diesem einen Film derart thematisiert, wie es der Figur Spider-Man eigentlich von Anfang an gebührt hätte. Und es fühlt sich zudem auch noch sehr organisch und keinerlei erzwungen an. Selbst die Beziehung zu Zendayas MJ, bisher immer einer der Schwachpunkte in meiner Betrachtung, wird hier endlich gebührend zelebriert und ein Abschluss für alle Charaktere gebildet, dass es im wahrsten Sinne bittersüss in sich hat.
Dass da nicht alles vollständig erklärt oder ausbuchstabiert wird, sondern einfach endet und sich trotzdem vollständig und final anfühlt, macht die ganze Sache zudem auch noch besonders befriediegend. Im Grunde genommen ist No Way Home fast das für das Spider-Man Universum von Sony, was Endgame für das MCU war. Und das ist auch gut so.
Bevor wir zur punktuellen Einordnung gehen, müssen wir aber trotzdem einen weiteren Film berücksichtigen: Sonys animierten Spider-Man. Ohne zu viel zu verraten, jener Film ist ähnlich gelagert und auch ähnlich konzipiert, und qualitativ auch ähnlich angelegt. Welcher der beiden Filme besser ist, liegt daher wahrscheinlich im Auge des Betrachters.
No Way Home macht Spass. Vor allem bringt er auch den Spass in die Filme zurück, etwas was gefühlt seit Endgame einfach nicht mehr vorhanden war, und setzt allem noch ein bißchen noch eine Schippe drauf. Er ist tatsächlich witzig, charmant, tragisch, spannend, und vor allem rund und in sich stimmig, und auch über seine Grenzen hinaus versöhnlich.
So muss Blockbuster im Franchise-Wahn sein, um zu funktionieren. nach Endgame ist Disney uns schuldig geblieben zu zeigen dass sie es noch drauf haben. da musste schonmal ein Sony-Projekt daherkommen. Aber ich bin zuversichtlich, dass ein gewisser ehemaliger Spider-Man Regisseur (und damit schliessen wir auch den kreis zu Tobeys Filmen) mit seinem Dr Strange Film auch das MCU wieder in die richtigen Bahnen lenken kann.
Mindestens mal 8 Punkte und sehr weit oben im MCU angesiedelt.