
Bewertung: 2.5 / 5
Eine Zugfahrt, die ist lustig... Sie darf nur nicht zu lange dauern, der Zug sollte pünktlich ankommen und zwischendurch möchte man am besten nicht gestört werden. Bei The Commuter trifft das leider alles nicht zu, und wer pendelt auch schon gerne? Würde nicht Liam Neeson die Hauptrolle spielen und die saubere Regieführung von Jaume Collet-Serra den Zuschauer bei der Stange halten, würde dieser wohl spätestens beim verhunzten Finale aussteigen. Bis dahin präsentiert sich The Commuter als ordentlicher Thriller, der nur leider zunehmend aus der Spur gerät und am Ende ein Gefühl der Unzufriedenheit übriglässt.
The Commuter Kritik
Michael McCauley (Liam Neeson) fährt seit Jahren mit dem Pendlerzug zu seiner Arbeit. Jeden Tag die gleiche Prozedur, egal welches Wetter oder Jahreszeit gerade ist. Doch diesen Tag wird McCauley nicht so schnell vergessen, als er auf dem Heimweg von der attraktiven Joanna (Vera Farmiga) angesprochen wird. Diese macht ihm ein unmoralisches Angebot: Im Zug soll sich eine Person befinden, die sonst nicht von A nach B pendelt, und die er aufspüren soll. Als Anhaltspunkt bekommt Michael nur einen Namen und dass die betreffende Person eine Tasche bei sich trägt. Gelingt es Michael, muss ihn das Schicksal der gesuchten Person nicht interessieren und im Gegenzug bekommt er viel Geld. Ehe er es sich versieht, ist er in einem perfiden Suchspiel gefangen, welches nicht nur sein Leben und das seiner Familie in Gefahr bringt, sondern auch jeden an Bord des Zugs...
Trailer zu The Commuter
Gerade mal zehn Jahre ist es her, da war die Vorstellung von Liam Neeson als Actionheld noch undenkbar. Alles änderte sich 2008 mit 96 Hours und einer der ersten Regisseure, der daraufhin das Potential von Neeson erkannte, war Jaume Collet-Serra. Seither ist es so etwas wie Tradition geworden, dass Collet-Serra und Neeson zusammenarbeiten. Unknown Identity, Non-Stop und Run All Night entstanden durch diese Kooperation - warum es also nicht noch einmal probieren? Dieser Gedanke muss den beiden wohl bei The Commuter durch den Kopf geschossen sein, denn viele bekannte Elemente, die die zuvor genannten Filme unterhaltsam machten, sind auch hier zu finden.
So verpackt Collet-Serra auch The Commuter als eine Art Mystery-Thriller mit Neeson in der Hauptrolle. Wie immer wissen Protagonist und Zuschauer zu Beginn nicht, welches Spiel gespielt wird und was wirklich der Wahrheit entspricht. Gerade diese Unwissenheit, umrahmt von der visuell guten Inszenierung, ist die treibende Kraft hinter einem starken Auftakt, der den Zuschauer sofort in seinen Bann zieht. Zwar sind die Zutaten durch die früheren Werke alle bekannt, dennoch verfehlen diese auch bei The Commuter in keiner Weise ihr Ziel, denn die Spannung wird sukzessive aufgebaut und so sorgt der stimmungsvolle Anfang direkt für eine Bindung.
Natürlich kann Collet-Serra noch eine weitere Trumpfkarte ausspielen und die ist natürlich sein Hauptdarsteller. Liam Neeson schafft es auch mit Mitte 60, noch in solchen Rollen zu glänzen und überzeugt mit der gewohnten Leinwandpräsenz. Es macht einfach Freude, ihm zuzusehen. An seiner Seite gehen dagegen Vera Farmiga, Patrick Wilson und Sam Neill regelrecht unter. Dies ist weniger den Darstellern zuzuschreiben, sondern liegt daran, dass ihnen das Drehbuch keinen Raum zur Entfaltung bietet. Geradezu verschwenderisch wird mit diesen talentierten Stars umgegangen und hier ist der erste Punkt zu finden, wo The Commuter von seinem zu Beginn aufgebauten Glanz verliert.
Während der Film bis zum Mittelteil deutlich Spannung aufbaut, gibt es während der Handlung einen regelrechten Bruch, als wenn jemand mitten in der Produktion plötzlich Ansprüche gestellt und reingeredet hat. Je näher Neeson der Lösung kommt, desto geringer wird das Interesse des Zuschauers. Die Gründe hierfür sind vielfältig, ein entscheidender ist, der Film weiß nicht mehr, was er sein will. Mit zunehmender Laufzeit kippt die Stimmung dann von einem Thriller zu einem öden Actionfilm, denn statt subtiler und gerade zum Charakter des Michael McCauley passender Spannung nehmen die Actionsequenzen immer mehr zu. Unrealistische Kampfszenen und übertriebene, zudem schlechte CGI-Effekte geben sich die Klinke in die Hand. Michael wird mit jeder Minute mehr zu einem Actionheld, was aber nicht zur Handlung passt und die erste Hälfte unglaubwürdig werden lässt.
Je näher der Zuschauer der Auflösung kommt, desto stärker realisiert er, dass die zuvor akribisch durch die Verschwörung aufgebaute Spannung eine Luftnummer ist. Die Erklärungen, die The Commuter bietet, sind unbefriedigend, trivial und da oft von "denen" und "die" gesprochen wird, wird sich hier vermehrt die Aluhut-Fraktion heimisch fühlen. Die zweite Hälfte ist es auch, die den Film unglaublich zäh werden lässt. 104 Minuten, die sich anfühlen wie über zwei Stunden, kurzum, etwas ist schiefgelaufen. Dem Zuschauer wird klar, dass der in die Operation geflossene Aufwand in keinem Verhältnis steht und das Verhalten der Protagonisten immer unglaubwürdiger wird. Die meisten Konfliktsituationen hätten so viel unkomplizierter gelöst werden können, doch zu dem Zeitpunkt steht das gesamte Kartenhaus nicht mehr.
Jaume Collet-Serra und Liam Neeson haben in der Vergangenheit zwar keine Meisterwerke, aber unterhaltsame Filme produziert. Leider ist beim Versuch, die Stärken dieser Werke in The Commuter zu vereinen, mächtig viel schiefgegangen. Hauptsächlich Neeson ist es zu verdanken, dass man als Zuschauer bei der Stange bleibt und nicht vorzeitig den Saal verlässt. The Commuter ist am Ende ein unausgewogener Mix, bei dem eine gute Idee nicht zu Ende gedacht wurde.
