
Bewertung: 2.5 / 5
Der charmante Trickbetrüger Roy Courtnay (Ian McKellen) lernt Online die wohlhabende Witwe Betty McLeish (Helen Mirren) kennen. Nun plant er seinen letzten großen Schwindel und will die Frau um ihr Vermögen erleichtern. Doch überraschend entwickelt er Gefühle für die Frau und kommt ihr immer näher.
Das hohe Alter, eine Zeit, indem sich nur noch durch Reminiszenzen Geschichten erzählen lassen. Besonders durch all die Phasen, die mal das Leben bedeuteten, die die Welt bedeuteten, denn die Qualen des Alters, die man sich vielleicht irgendwann auch mal herbeisehnte, sind doch – so scheint es vergleichsweise gering, wenn man sie mit dem vergleicht, wodurch die meisten aller Menschen tagtäglich stürmen. In Hollywood ist kein Platz für das Alter. Besonders für Frauen, schließlich macht sich das Alter nach Meinung der Hollywood-Standards bei diesen ja bereits mit den dreißigern bemerkbar und so verwundert es nicht, daß man einstige Ikonen doch eher nur noch selten auf der Leinwand sieht. Wenngleich es genügend Beispiele für ältere Frauen in tragenden Rollen gibt. Doch ist das eben nie verhältnismäßig. The Good Liar – Das alte Böse schickt sich an, zwei Titanen des Schauspiels aufeinanderprallen zu lassen. Eine ähnliche Sogwirkung wie Al Pacino und Robert De Niro in Heat (1995) soll das wohl haben. Doch funktionierte dieser Gedanke in Michael Manns inhaltsbefreiter Meta-Konstruktion auch schon recht wenig und dabei ist es in beiden Fällen nicht das Problem, daß das Schauspiel hier nicht zünden würde.
Die Geschichte um einen Trickbetrüger und alten Gauner ist eigentlich eine ebenso alte Geschichte vieler Hollywoodfilme. Man kennt das irgendwie schon, man erinnert sich vielleicht nicht an einzelne Titel, wenngleich sich jene Zweifel mit Werken wie Ein Gauner & Gentlemen (2018) doch recht schnell lösen lassen. Doch abseits dessen überrascht das Werk von Bill Condon schon ein wenig, weil man zunächst viele Klischees und Handlungsverweise angeboten bekommt, nach denen man den Eindruck gewonnen hat, auch den Film sofort zu verstehen. Dem macht das Drehbuch allerdings recht schnell einen Strich durch die Rechnung, weil der Film sich eben in eine Richtung entwickelt, die man nun absolut nicht kommen sieht. Die heiter anmutende Gaunergeschichte entwickelt sich zunehmend von reizenden Themen weg, hin zu Schwergreifenden, teils lang zehrenden Traumata, die nie ganz heilen können und deren Erinnerung immer wieder wichtig ist. Was zunächst nach einem unterhaltsamen Werk aussah, möchte fordern, den Zuschauer fordern und zum Nachdenken anregen. Dabei können Mirren und McKellen durchaus in ihren besten Momenten auch über das teils wirklich konfus und nicht mehr ganz so realistische Drehbuch hinwegtrösten. Es ist nicht so, als würde The Good Liar – Das alte Böse langweilen oder anstrengen. Es ist aber auch nicht so, als wäre das Werk ein Film, den man unbedingt sehen muss. In beiden Fällen kann man das verneinen.
Das ist zuweilen tatsächlich auch etwas langatmig, doch wer sich darauf einlassen kann, wird mit einigen echt unerwarteten Wendungen konfrontiert, die funktionieren, in gewisser Weise. Nehmen wir mal an, daß es in einem Film grundsätzlich nicht um die Geschichte geht. Nehmen wir an, daß Figuren, oder Charaktere immer eine metaphorische Tragweite haben und nicht immer auch die gleichen Werte repräsentieren. Dann würde man immer ein Werk präsentiert bekommen, bei dem der Zuschauer sich bewusst auf eine Seite schlagen muss, um seinen eigenen Standpunkt bestätigen zu lassen, oder gar seine Meinung abzuwandeln. Nun ist dieses Werk kein solch tiefgründig komplexes Werk, wirft aber dennoch die Frage auf, wie man mit älteren Menschen innerhalb einer Gesellschaft umzugehen hat. Sicherlich etwas weit weg für einige. Doch alte Menschen, beziehungsweise ältere Menschen unterliegen oft dem Stigma, dem auch Kinder unterliegen und so führt The Good Liar – Das alte Böse seinen Zuschauer nur durch das Ausführen klischierter Denkweisen an der Nase herum. Im Prinzip entwickelt sich der Film zu einem feministischen Werk, daß in einem Rape-and-Revange-Szenario darum bittet, niemals gewisse Gräueltaten der Menschheit zu vergessen. Das ist Weise, wenngleich auch sehr einfach ist eine solche Botschaft letztlich an den Zuschauer zu bringen.
Wenn man den Film als einen Krimi betrachtet, dann fällt besonders auf, daß er eben auch für einen Krimi besonders konstruiert wirkt. Der große, sich offenbarende Masterplan, der aus der Vergangenheit hervorgeht, die hier über Jahrzehnte nach Rache sinnt, ist vielleicht etwas zu unrealistisch. Zumal das auch eine Planung erfordert, die wohl niemals so funktionieren könnte. Man müsste ja auch erwarten, daß man in der Zwischenzeit nicht doch vielleicht mal stirbt oder so etwas. Aber lassen wir die Logik um diesen Masterplan doch einfach mal außen vor.
Ein wesentlich besseres Drehbuch hätte aus The Good Liar – Das Alte Böse einen Film machen können, der seinen Hauptdarstellern gerecht wird. Die Inszenierung ist intim und ebenso wandlungsfähig wie Helen Mirren und Ian McKellen. Man spricht nicht über das Werk, weil es so unscheinbar und der Film trotz der Schwere an Themen einfach zu einfach ist. Das kann ganz nett unterhalten, ist aber auch nicht so viel, wie der Film gerne sein möchte.
Trailer zu The Good Liar - Das alte Böse


