Bewertung: 3.5 / 5
Manchmal ändern sich die Zeiten wirklich: Kurz vor Ende der Dreharbeiten von The Lady - Ein geteiltes Herz wurde der Hausarrest der Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi aufgehoben. Überraschend hatte sich die Militärführung des südostasiatischen Staates Myanmar, ehemals Birma, zu vorsichtigen politischen Reformen durchgerungen. Der französische Regisseur Luc Besson (Nikita, Leon - Der Profi, Das Fünfte Element) versuchte sich an einer filmischen Biografie der Menschenrechtlerin, die insgesamt 15 Jahre lang unter Hausarrest stand. Sein Film ist allerdings mehr Heiligenbild denn differenziertes Porträt.
Das politische Engagement der zierlichen Frau, die von Michelle Yeoh gespielt wird, ist aus ihrer familiären Vergangenheit zu erklären. Aung San Suu Kyi fühlt sich ihrem Vater verpflichtet: Aung San war einst Hoffnungsträger in einem Land, das sich gerade erst aus der kolonialen Abhängigkeit gekämpft hatte: 1947 wurde er von Putschisten ermordet. Und die haben sich an der Macht gehalten, als Aung San Suu Kyi Mitte der 80er-Jahre aus England zurückkehrt.
Trailer zu The Lady - Ein geteiltes Herz
Zu dieser Zeit lebte sie in England, führte ein glückliche Ehe mit Michael Aris (David Thewlis), kümmerte sich um die beiden Söhne Alexander (Jonathan Woodhouse) und Kim (Jonathan Raggett). Sie war mehr Hausfrau als politische Identifikationsfigur - bis ihre Mutter einen Schlaganfall erlitt und Aung San Suu Kyi nach Myanmar reiste und blieb. Bleiben musste, weil sie Intellektuelle und Studenten darum baten. Das Land brauchte Hoffnung: Die Militärdiktatur regierte mit eiserner Faust, knüppelte und schoss jeglichen Protest brutal nieder.
Aus Hausfrau und Mutter wurde eine politische Figur, die private Opfer bringen musste. Das birmanische Regime ließ sich immer wieder neue Repressalien einfallen, um Aung San Suu Kyi zu brechen. Einreiseverbote für ihre Familie, Kontaktverbote, Isolation. Die Einsamkeit lächelt Aung San Suu Kyi in The Lady würdevoll weg. Sie ist unnahbar, zeigt kaum Gefühlsregungen, sie ist dem Leben enthoben - und das macht diese starke Frau im Film schwer greifbar.
Aung San Suu Kyi ist bei Luc Besson vor allem eine zierliche, erhabene Frau die durch elegische Bilder schreitet. Was in ihr vorgeht, behält sie für sich. The Lady - Ein geteiltes Herz ist ein Heldengemälde, unwirklich, überdimensioniert, distanziert von seiner Protagonistin. Verschachtelt erzählt, zeigt es vor allem eine schöne Frau in ihrem goldenen Käfig - weniger die politische Person und noch viel weniger den Menschen.
Wer als emotionaler Anker wirklich im Mittelpunkt steht, ist Aung San Suu Kyis Mann Michael: Er kämpft, er leidet, er verzweifelt, er weint - und er unterstützt seine Frau, die er so selten sehen darf, aus der Ferne. Mit allen, auch den letzten Kräften - selbst als bei ihm Krebs diagnostiziert wird. Er weiß, dass er alleine sterben muss: Aung San Suu Kyi dürfte ihn zwar in England besuchen, würde aber nicht nach Myanmar zurückkehren können.
The Lady - Ein geteiltes Herz ist ein braver Abriss der Zeitgeschichte mit schönen Landschaftsaufnahmen, feierlicher Musik, monumentalen Bildern und viel Folklore. Pflichtbewusst klappert Besson die wichtigen Stationen in seinem Porträt Aung San Suu Kyis ab: ihre Ankunft in Myanmar, ihr Erweckungserlebnis während der blutigen Niederschlagung von Studentenunruhen, den Hausarrest, den Friedensnobelpreis 1991, kurze Phasen scheinbarer Entspannung, den Marsch der Mönche 2007 und wieder Hausarrest. Das Regime zeigt er als einen Haufen lächerlicher Clowns mit Waffen, die sich immer wieder perfide Foltermethoden einfallen lassen. Aung San Suu Kyi können sie freilich nicht brechen.
The Lady - Ein geteiltes Herz bekommt 3,5 von 5 Hüten.
(Quelle: teleschau - der mediendienst | Andreas Fischer)
