Bewertung: 3.5 / 5
Oh Man was gab es im Vorfeld dieses Filmes für negative Meldungen. Dann der Kritikenspiegel, der wirklich vernichtend war. Und nicht zu vergessen eine Werbekampagne, die komplett zum Vergessen war. Auch ich liess mich davon anstecken und vom Film abschrecken. Zumal Apocalypse schon gelinde gesagt eine Enttäuschung war und man dort die künftigen Hauptfiguren (vor allem Jean und Scott) wieder einmal fehlbesetzt hatte.
Nun denn, ich konnte trotz allem nicht umhin, mir den Film spontan Feitag abend anzuschauen, zumal meine Frau pünktlich um zehn plötzlich einschlief und ich nichts besseres zu tun hatte als in die nächstbeste erschreckend leere Spätvorstellung zu gehen.
Trailer zu X-Men - Dark Phoenix
Nun denn bevor wir uns den Film anschauen, sollte ich vielleicht mit den Vorstellungen der Leute aufräumen, die Dark Phoenix Story in den Comics wäre eine epische Geschichte per se. Im Prinzip war es immer eine sehr intime Geschichte: Es war die Geschichte einer jungen Frau, die plötzlich mit sehr viel (zu viel) Macht ausgestattet wird, korrumpiert wird, sich gegen ihre Freunde und Familie stellt, als es fast zu spät ist aber noch merkt, wer die wahren Feinde sind und den Tag rettet. Aber während ihre Familie noch ihre Wunden leckt, merkt sie, dass sie dem mittlerweile entwachsen ist und als Konsequenz macht sie sich aus dem Staub, um ihre neue Macht einfach nur für sich auszukosten. Im Prinzip ist es eine Coming of Age Story, die man so beenden könnte. Doch das Comic geht genau hier den einen Schritt weiter - was gemeinhin als die Dark Phoenix Story angesehen wird (aber lediglich nur das Ende dieser langen Story ist) - indem man sie unabsichtlich einen ganzen bewohnten Planeten auslöschen lässt. Sie merkt es nichtmal! Und daraufhin kommt es erst zu dieser epischen und verzweifelten Entscheidungsschlacht, welche trotz aller Epik auch immer nur die Liebesgeschichte zwischen Scott und Jean bleibt. Und noch etwas: Dieses angebliche Liebesdreieck mit Logan drin? Sehr sehr vage und interpretierbar, erst viel später mit allerlei Retcons usw wird das alles so hoch gekocht. In der Originalstory hat Logan nie eine Chance und ist nur unglücklich verknallt. Es geht immer nur um Scott und Jean!
Und der vorliegende Film?
Man muss es wirklich so sagen: Kinberg hat seine Lektion gelernt! Er mistet die Story so weitgehend aus, dass nur noch der Grundpfeiler übrig bleibt, und der gesamte Aspekt bis zur Korruption und Emanzipation von Phoenix ist dennoch komplett drin.Das muss man einfach anerkennen.
Hinzu kommt, dass er tatsächlich die komplette Geschichte, die mit First Call anfing beendet, und jedem Charakter seinen verdienten Handlungsbogenabschluss gewährt, manche mehr manche weniger Happy! Und er geht sogar so weit, dass er Charles Charakter deutlich mehr Grautöne gewährt als er es bisher hatte. Selbst auf die Gefahr hin, mit der Mutantennation Magnetos die ganze Sache noch weiter zerfahren wirken zu lassen, leistet er dennoch ganze Arbeit. All das ist spitze!
Es ist auch sehr gut, dass die Phoenix Story weitgehend geerdet rüber kommt und die Scott Situation halbwegs versucht wird aufrecht erhalten zu werden. Erst am Ende geht dieser Fokus leider verloren, aber dazu jetzt auch aus einer anderen Perspektive mehr.
Weniger gut hingegen ist nämlich der letzte Akt, welcher ja anscheinend mit zu hoher Ähnlichkeit zu einem kürzlichen anderen Blockbuster komplett neu gedreht werden musste. Dies merkt man dem Film leider auch stark an, denn hier schwächelt der Film doch sehr stark, was ihm für mich auch 1-2 Punkte kostet. Wahrscheinlich ging hier dann auch die Scott-Jean Thematik ein bißchen flöten?
Dennoch, Dark Phoenix bleibt in seiner Konsequenz dem Originalcomic erstaunlich treu, und vor allem der ursprünglich verfolgten aber nie erschienen Originalvision der beiden Schöpfer, die damals noch vom Chefredakteur zu einem anderen Ende gezwungen wurden. (ja, ich weiss Jahre später erschein doch noch das Originalende als eine Art Directors Cut, aber da es erstens nich Kanon ist und zweitens auch erst jahre später, gehe ich nicht davon aus, dass es wirklich zu 100% das urprünglich erdachte Ende ist)
Wenn man nun die Adäquanz dieser Comicverfilmung mit einigen anderen Comicverfilmungen vergleicht, so ist man hier tatsächlich näher am Comic als beispielsweise ein Civil War (Wo war da bitteschön ein Krieg?).
Ich finde den Film wirklich gelungen und als Ende einer Ära auch eigentlich perfekt gemacht.
Der letzte Akt ist irgendwie Murks, die Konsequenz wie die Schule am Ende benannt wird, passt zwar irgendwie zu den Comics (auch wenn es eine Storyline ist, die dann 25 Jahre später kam und nicht direkt mit dieser Storyline zu tun hatte), aber sie passt nicht zu dieser Filmreihe, da hätte ein anderer Name hingehört.
Und da wir schonmal dabei sind: Entgegen aller Unkenrufe, weder Jennifer Lawrence, noch Sophie Turner spielen hier schlecht, an sich spielt hier jeder souverän seinen Stiefel runter, und auch wenn sie nach wie vor eine Fehlbesetzung ist, Turner macht die deutlich bessere Figur als Famke Jansen damals.
Kontinuitätstechnisch ist der Film natürlich wieder eine Vollkatastrophe, aber das kennen wir ja mittlerweile zur Genüge. Wenn ich ehrlich bin, muss ich Matthew Vaughn recht geben, DoFP hätte der Abschluss der Reihe sein müssen. Aber das hätte sich komplett mit diesem Film gebissen.
Alles in allem ist Dark Phoenix keine Offenbarung und gibt uns weniger Fan-Service als der andere Abschluss dieses Jahr. Aber er ist konsequenter und geradliniger, UND vor allem, er ist der erste X-Men Film seit x2, wo kein beschissener Stryker drin auftaucht. Dafür alleine muss man als X-men Fan diesen Film lieben!
Und selbst wenn ich wieder wie ein X-Men Nerd dastehe: Ich finde ihn besser als Endgame!
7 Punkte