Bewertung: 3.5 / 5
Yesterday ist eine der seichteren, leicht verträglicheren Einträge in Danny Boyles Filmographie und das wirkt erfrischend. Ebenso wie die Prämisse des Films, urplötzlich in einer Welt ohne Erinnerung an und überhaupt die Beatles aufzuwachen. Mit knapp zwei Stunden dann noch zu ausufernd und im letzten Drittel etwas zäher, schätzen wir den Film speziell wegen seiner zwei überaus sympathischen Hauptdarsteller Himesh Patel und Lily James.
Yesterday Kritik
Schlagartig ist alles anders. Der umhertingelnde Hobbysänger Jack Malik (Himesh Patel) landet nach einem Unfall im Krankenhaus. Für 12 Sekunden fiel der Strom auf allen Kontinenten aus und just in diesem Moment knallte er in einen Bus. Doch dieser unerklärliche Shutdown hatte noch einen anderen Effekt: Niemand erinnert sich mehr an John, Paul, George und Ringo - bloß Jack. Der ist (schon wieder) wie vor den Kopf gestoßen und kommt plötzlich auf die glänzende Idee, die Songs der Beatles nachzusingen und publik zu machen. Genialer Nebeneffekt: Weltweiter Ruhm wartet auf den "Songwriter" und seine gute Freundin und Managerin Ellie (Lily James) hat endlich was zu tun...
Trailer zu Yesterday
Als wir das erste Mal von der Filmidee hörten und dass Danny Boyle Regie führt, waren wir begeistert. Eine originelle Story, ein oscarprämierter Regisseur, den wir seit Trainspotting und Sunshine mehr als schätzen, das allein legte die Latte höher. Herausgekommen ist eine charmante Romcom, die aber weit hinter ihren Möglichkeiten bleibt und sanft an der Oberfläche plätschert. Die eingeschlagene Route möchten wir damit nicht zwingend kritisieren, viel eher dass dem überaus witzigen Aha-Effekt, dass niemand, absolut niemand mehr die Beatles kennt und nicht mal GIYF eine Option ist, für unseren Geschmack etwas zu wenig Zeit gewidmet wird. Dafür erleben wir im letzten Drittel recht zäh die Auseinandersetzung von Jack mit den sich ihm bietenden Möglichkeiten und spätestens hier fällt die Laufzeit dem Film in den Rücken.
Wären da nicht die beiden sympathischen Hauptdarsteller, einerseits Strahlefrau Lily James und ihr Pendant Himesh Patel, der den in sich gekehrten Musikstar spielt. Es tut Yesterday gut, dass keine absoluten Weltstars engagiert worden sind, sondern zwei Personen, die zwar schon in Erscheinung getreten sind, aber immer noch unverbraucht wirken - ganz recht passend zur Filmidee. Dass es sich um Briten handeln muss, steht außer Frage und diese ihnen inneliegende Natürlichkeit ist perfekt. Und so könnte der Aufbruch in neue Welten nicht krasser verbildlicht werden als mit Kate McKinnon, der lauten, gierigen US-Managerin und Ed Sheeran als Weltstar himself.
Ein genialer Erzählkniff möge man meinen, doch wo diese Besetzung Schrägstrich Idee für andere Kritiker funktioniert, verlässt den Film hier unserer Meinung nach viel seines Charmes. Das liegt zum einen an McKinnons Schauspiel, die sich erneut in derselben Rolle wiederfindet, die sie auch schon in Ghostbusters oder Bad Spies an den Tag legte - exakt die gleiche Attitüde, exakt die gleiche Gestik und exakt genauso anstrengend. Sheeran hingegen wirkt deutlich gesetzter, spielt aber so krampfhaft auf kumpelig und locker, so dass jede Szene das genaue Gegenteil vermuten lässt. Streckenweise wirkt Yesterday wie eine Werbeplattform für ihn - und da ist Jacks trockene Art wie ein wohltuender Akt der Rebellion.
Aber natürlich schweben über allem die Beatles und ihre genialen Songideen. Es ist nichts dagegen zu sagen, wenn es nur bekannte Beatles-Kracher in den Film schaffen und eben nicht Songs wie "Lucy in the sky with diamonds", "You won´t see me" und so manch anderer. Vermutlich weil vor allem Radio-Rotation-Hörer zur Zielgruppe zählen und neben dem titelgebenden "Yesterday" nun mal Hits wie "Here comes the sun" und "Ob-la-di ob-la-da" einfach geschmeidiger auf den quantitativen Nostalgie-Effekt hinführen. Für Fans der Fab Four, die gnädig über derlei Entscheidungen hinwegsehen können und beim Gedanken an eine Welt ohne ihre Heroen nicht direkt in Schnappatmung verfallen, also ein absolutes Must-see.
Schlussendlich tendierten wir zwischen 3 und 3,5 Hüten, haben uns aber aufgrund der hübschen Idee und Überzeugungskraft der beiden Hauptdarsteller (sowie einem anrührigen Wiedersehen) für die etwas bessere Note entschieden. Man geht zufrieden, aber nicht total geflasht aus Yesterday - ein Gefühl, das wir zuletzt bei Rocketman hatten. Und so hoffen wir, dass wir von Danny Boyle demnächst wieder einen Film sehen, der uns über die von Neugier geprägte Wartezeit hinaus am Ende doch noch einen Ticken mehr mitreißt.