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Zelig

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Zelig Kritik

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Zelig Kritik
0 Kommentare - 30.11.2023 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Zelig" ist.

Bewertung: 4 / 5

Der Anpassungskünstler Leonard Zelig (Woody Allen) sehnt sich danach, von allen Menschen gemocht zu werden. Daher verwandelt er sich in jede Person, die von ihm gerade abverlangt wird. Zunächst wird er dabei als Sensation gefeiert und legt dennoch einen erbitterten Streitfall innerhalb dieser Gesellschaft offen.

Ein Mann, der die Fähigkeit besitzt, sich jedweder Situation anzupassen und sein eigenes Selbstbild durch vermeintliche Minderwertigkeit nach innen zu schieben, um so Teil einer Gesellschaft um jeden Preis zu sein. Das, so kann man wohl sagen, ist die Prämisse von Zelig. Eine Mockumentary von Woody Allen, der nicht nur die 1920er Jahre damit ins Visier nimmt, sondern gleichsam viele Fragen aufwirft. Einige dieser Fragen, so muss man leidvoll gestehen, sind Fragen, die über die Botschaft hinausgehen und letzten Endes mehr ein Gimmick ist. Denn so originell das Werk Zelig auch ist, der Film bleibt immer auch ein Gimmick über die Darstellung falscher Tatsachen. Das ist vielleicht an sich eine clevere Idee, neigt aber selbst in der doch sehr kurzen Laufzeit des Werkes dazu, hin und wieder recht anstrengend zu sein. Und natürlich, auch das ist eine subjektive Meinung. Grundsätzlich könnte man an der Oberfläche bleiben und die Fragen dahinter, sind vielleicht mitunter auch nicht so tiefsinnig. So wirft Allen natürlich auch unweigerlich die Frage auf, wo nun der Unterschied zwischen Dokumentation und einem waschechten Spielfilm liegt. Das ist vielleicht auch in der Gesellschaft noch nicht gänzlich angekommen. Um die Wahrheit geht es vielleicht im Film, aber auch Dokus sind ja zu weiten Teilen fiktionale Darstellungen der Realität und von daher ist es vielleicht sogar sinnlos, welche zu drehen. Aber das könnte man ja über jede Kunstform sagen.

Zelig ist zu weiten Teilen nicht wirklich leichte Kost und man muss es Allen hoch anrechnen, daß es ihm gelang eben eine solch bittere Satire zu drehen. Heute ist das vermutlich wichtiger denn je. Gerade im Hinblick auf die ganzen Fake-News-Debatten, die Vielschichtigkeit und Masse an Medien, durch welche das Individuum an Informationen gelangt und die schlichte und traurige Wahrheit darüber, daß sich viele Menschen aus vielerlei Gründen nach einer Wegnahme der Autonomie sehnen. Nicht umsonst ist ein deutlicher Rechtsruck innerhalb von Europa zu erkennen. Allen nimmt damit unfreiwillig vieles vom aktuellen Diskurs vorweg und war es Jahre später in Robert Zemeckis Forrest Gump (1994) noch die satirische Überspitzung, daß Menschen in Forrest ihren Heiland sahen, ist Allens Analyse der Gesellschaft deutlich schärfer und tiefsinniger. Hier werden dann plötzlich Antworten auf Fragen gesucht, die man sich vielleicht heute gar nicht mehr stellen würde. Da gibt es vielleicht sogar diesen einen, doch sehr großen Markel an Zelig, weil der Film einfach der Auffassung ist, daß der Sensationsmus an der Persona Zelig aus dem Konformismus entsteht. Nun hatte ich es ja oben angesprochen und frage mich daher an der Stelle auch, ob es nicht eher genau andersherum wäre, wenn man eben eine Person hätte, die sich nicht anpasst. Natürlich ist es auch denkbar, daß gerade das auch eine Überspitzung ist, um nochmal zu verdeutlichen, wie absurd eigentlich die gesellschaftlichen Verhältnisse sind.

Man kann jedenfalls wohl davon ausgehen, daß es kein Zufall ist, daß das Werk in den 1920er Jahren angesiedelt ist. Nun das hat offenkundig auch eben einige eher oberflächlichere Gründe. So ließe sich die Geschichte schlicht und ergreifend so am besten erzählen. Doch ein Film, der in der Vergangenheit spielt, ist immer prädestiniert dafür, dem Zuschauer auch zu zeigen, daß die Zustände in der Gegenwart eigentlich kaum anders sind, oder sie dienen als Mahnmal, bloß nicht die gleichen Fehler zu machen. Diese Erinnerungskultur pflegen ja vor allem Filme über das Dritte Reich. Es geht darum, dem Zuschauer zu zeigen, wie fasziniert er doch eigentlich von unglaublichen Banalitäten ist. Solche Dinge zeichnen ja in gewisser Weise auch Zelig als Figur aus. Aber das ist eben nur einer dieser Punkte, der in der Pseudo-Doku angesprochen wird. Im Prinzip führt der Film auch gleich den Zuschauer vor, weil er ähnlich wie vielleicht die Presse oder alle anderen, die Beobachten ein wahnsinniges Interesse an Banalitäten hat. Klar, die einfache Antwort ist, Zelig vor allem auch als Kritik an Boulevard-Blättchen zu sehen. Doch das geht auch darüber hinaus und so kreidet Allen den maximalen Voyeurismus an, indem da ein Individuum in eine Rolle gedrängt werden soll, diese nicht so wirklich erfüllen kann und letzten Endes seine eigene Identität dadurch verliert, daß sie sich immer wieder anpassen und Neuerfinden muss. Das lässt sich eben nicht nur auf Prominenz anwenden, sondern auch auf jeden anderen Menschen.

Das ist natürlich technisch auch beeindruckend, wie Allen seine Figur in tatsächliche Bildaufnahmen verfrachtet und sich stilistisch da wohl an den Anfängen des Slapstick-Kinos nach Künstlern wie Charlie Chaplin bedient. Hin und wieder wirkt es ähnlich karikaturesk und erinnert somit auch an Robert Zemeckis Falsches Spiel mit Roger Rabbit (1988). Also zumindest in der Hinsicht, daß man hier gekonnt zwei Welten miteinander vermischt. So richtig zynisch wird Zelig dann zum Finale hin, wo die Frage nach der Identität von Leonard Zelig endgültig gelüftet werden soll. Über den Nationalsozialismus hinaus wird die Figur dann in die absurdesten Situationen geworfen, auf die sie eigentlich keine einfache Antwort liefern kann. Und so verbleibt der Film bei weniger Antworten, als den meisten wirklich lieb sein dürfte. Davon abgesehen fordert das Werk und wenn man es dann verstanden hat, kann man sich wirklich freuen.

Ungewöhnlich und vielleicht zu sehr ein Gimmick ist Zelig. Ein Werk, daß vom Konformismus in Reinform erzählt und die Realität derart ironisiert, daß es einem die Sprache verschlägt. Es ist ein gänzlich ungewöhnlicher Film, der aber auch abseits seiner tollen Idee nicht ganz diese Messlatte halten kann. Man versteht doch recht schnell, worauf das hinaus soll. Wenngleich der Film als bitterböse Satire unglaublich gut funktioniert.

Zelig Bewertung
Bewertung des Films
810

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