Und damit kommen wir zu den Hintergründen für diese Entscheidung. Oft ist aktuell zu lesen, Batgirl sei einfach zu schlecht gewesen. Berichte von einem Testscreening stützen diese These jedoch nicht gänzlich. Zudem waren mit Adil El Arbi und Bilall Fallah zwei Regisseure beteiligt, die zuletzt tolle Erfolge vorweisen konnten. Mit Bad Boys for Life landeten sie zu Beginn der Pandemie den auf lange Sicht letzten großen Kinoerfolg und kürzlich ernteten sie viel Lob für ihre Episoden der gefeierten Ms. Marvel-Serie.
Zudem darf man nicht vergessen, dass Michael Keaton ein Comeback als Batman gefeiert hätte und dieser eine wichtige Rolle im Film spielen soll. Allein dies hätte viele Fans zum Einschalten bewegt.
Tatsächlich scheint es so, dass die Entscheidung gar nicht allzu viel mit der Qualität der Filme zu tun hatte. Es geht stattdessen einfach nur ums Geschäft.
Warner Bros. und Discovery sind fusioniert und haben daher seit kurzem auch eine neue Führung. Doch erst einmal zum Ex-CEO von Warner Media, Jason Kilar. Dieser hat vor allem in den letzten zwei Jahren viele Schlagzeilen gemacht mit der Entscheidung, alle Kinofilme von Warner Bros. im Jahr 2021 parallel direkt auf HBO Max zu veröffentlichen. Zudem sah seine Strategie vor, vergleichsweise günstige Filme mit einem Budget von rund 70 Mio. US-Dollar speziell für HBO Max zu produzieren. Diese Filme wären nicht fürs Kino ausgelegt und würden sich dadurch von Warners großen Event-Blockbustern wie The Batman, Aquaman and the Lost Kingdom oder The Flash unterscheiden.
Kilar wollte mit seiner Strategie die Abozahlen nach oben treiben und sieht sich vor allem mit der Entscheidung, sämtliche Filme 2021 auf HBO Max zu veröffentlichen, immer noch im Recht. Dabei zeigt vor allem der große Erfolg von Top Gun - Maverick aktuell, dass es vielleicht doch besser gewesen wäre, mit dem Kino-Release einiger Filme zu warten, statt sie auf dem Streamingdienst zu veröffentlichen.
Kilar ist mittlerweile raus und Warner Bros. Discovery hat, angeführt von David Zaslav, eine neue Führung. Und die sind gerade dabei, die Ausrichtung des Filmstudios zu ändern. So etwas braucht Zeit und in diesem Prozess müssen auch alte Strategien über Bord geworfen werden, um neue Wege zu gehen. Und hier kommt Batgirl ins Spiel.
Die neue Führung nimmt von dem Vorhaben Abstand, günstigere Filme exklusiv für HBO Max zu produzieren. Sah es während der Pandemie so aus, als liege die Zukunft der Filme mehr und mehr rein im Streaming, hat sich diese Ansicht zuletzt (zum Glück) gewandelt. Studios wie Sony oder Universal sind zu der Überzeugung gelangt, dass Filme, die im Kino veröffentlicht werden, dadurch eine höhere kulturelle Relevanz erlangen und dadurch auch als wertvoller erachtet werden, wenn sie daraufhin auf den jeweiligen Streamingdiensten veröffentlicht werden.
Auch Apple verfolgt diese Strategie und dies soll auch der Grund sein, warum man den Start von Martin Scorseses Film Killers of the Flower Moon verschoben hat. Dieser soll nächstes Jahr in Cannes seine Premiere feiern und anschließend von Paramount ins Kino gebracht werden. Selbst Netflix ist zuletzt immer öfters so vorgegangen und hat vor allem die Filme, die als Kandidaten für Awards erachtet werden, vorab im Kino veröffentlicht.
Die neue Führung von Warner Bros. Discovery sah dadurch wohl nur zwei Möglichkeiten. Die erste wäre gewesen, zusätzliches Geld in Batgirl und Scoop! zu stecken, damit sie qualitativ auf Kinoniveau angehoben worden wären, und dann nochmal Geld auszugeben für eine Marketingkampagne, was in etwa nochmal so viel gekostet hätte wie das Budget der Filme. Eine sehr teure Vorgehensweise.
Und das ist wohl auch der Hauptgrund, warum man sich für die andere Möglichkeit entschieden hat: Man stampft beide Projekte ein und gibt kein zusätzliches Geld aus. Natürlich werden viele Argumentieren, man hätte die Filme doch dennoch einfach auf HBO Max veröffentlichen können. Aber zu Erinnerung: Die Filme sind nur fast fertig. Eine finale Fertigstellung hätte also ebenfalls noch Geld gekostet. Und das spart man jetzt lieber ein.
Es ist nicht unüblich, dass in großen Unternehmen Projekte der alten Führung eingestampft werden, obwohl schon viel Geld in sie geflossen ist. Das Chaos des Übergangs könnte man es nennen.
Warner Bros. Discovery hat auch mittlerweile ein Statement zu ihrer Entscheidung veröffentlicht:
Die Entscheidung, Batgirl nicht freizugeben, spiegelt den strategischen Wechsel unserer Führung in Bezug auf das DC-Universum und HBO Max wider. Leslie Grace ist eine unglaublich talentierte Schauspielerin und diese Entscheidung spiegelt nicht ihre Leistung wider. Wir sind den Filmemachern von Batgirl und Scoob und ihren jeweiligen Besetzungen unglaublich dankbar und hoffen, in naher Zukunft wieder mit allen zusammenzuarbeiten.
Bei aller Leidenschaft und Romantik, die viele von uns mit Filmen und dem Kino in speziellen verbinden, darf man eben nie vergessen, dass alles am Ende nur ein Geschäft ist. Der gängige Vorwurf zum Beispiel, Disney würde all die Marvel- oder Star Wars-Serien sowie die ganzen Filme nur machen, um mehr Geld zu verdienen, ist schon fast lächerlich, da jeder in Hollywood und auf der ganzen Welt Filme und Serien aus genau diesen Gründen macht. Sicher hängen sehr oft auch viele andere Gründe damit zusammen. Aber selbst ein Filmliebhaber wie Quentin Tarantino will am Ende auch Geld mit seiner Arbeit verdienen.
Wie geht es bei Warner Bros. Discovery jetzt weiter? Man hört zumindest, dass aktuell keine weiteren DC-Filme in Gefahr schweben, dasselbe Schicksal wie Batgirl zu erleiden. Zumal die anderen Filme fürs Kino gemacht wurden. Auch hörte man bereits in den vergangenen Wochen, dass die neue Führung an eine Rückkehr von Superman auf die große Leinwand sehr interessiert sei.
Da die Übergangsphase aber noch lange nicht abgeschlossen ist, wird es sicherlich noch etwas dauern, bis Ruhe einkehrt und man besser erahnen kann, wohin die Reise mit dem neuen Warner Bros. Discovery geht.
I feel blessed to have worked among absolute greats and forged relationships for a lifetime in the process! To every Batgirl fan - THANK YOU for the love and belief, allowing me to take on the cape and become, as Babs said best, “my own damn hero!” #Batgirl for life! ???? pic.twitter.com/4D9ZM87Ytu
— Leslie Grace (@lesliegrace) August 4, 2022