Bewertung: 2 / 5
Ich habe mich persönlich wirklich sehr auf "Im Herzen der See" gefreut, denn mit Rush hatte mich Ron Howard wieder absolut überzeugen können und bei diesem Film schien auch wieder alles zu passen. Die Trailer sahen mehr als vielversprechend aus und ich war mir sicher, dass man hier fast nichts falsch machen kann.
Als ich gestern abend dann aus dem Kino kam, hielt sich meine Begeisterung trotz der wunderschönen Bilder, die der Film zu bieten hatte, in Grenzen und auch nach einer Nacht drüber schlafen will mir der Film nicht so recht gefallen. Ich muss dazu sagen, dass meine Erwartungen sehr hoch waren, aber ich denke, die hätte ein Film diesen Kalibers, dieser Thematik, mit Leichtigkeit erfüllen können. Ich will damit nicht sagen, dass der Film schlecht war. Aber es blutet mir das Herz aufgrund des verschenkten Potentials. Es fängt schon mit der in meinen Augen unausgegorenen Erzählweise an. Wir sollen die Geschichte aus Sicht des Schiffsjungen Thomas erfahren, doch beginnt die Geschichte mit Owen Chase und seiner Familie und auch sonst wirkt alles eher aus den Augen von Hemsworth Figur erzählt, auch wenn Thomas alte Stimme aus dem Off eingebaut wurde. Das wirkte irgendwie nicht wirklich stimmig und rund und die Figur Chase hätte in meinen Augen viel spannender inszeniert werden können, wenn man sie tatsächlich aus den Augen des Jungen erfahren hätte. Das war für mich ein enorm großer Störfaktor. Wenn man sich für die personale Erzählperspektive entscheidet, dann zieht man sie auch konsequent durch oder es wird von anfang an eine neutrale Erzählperspektive gewählt, wenn man befürchtet, Hemsworth bekomme nicht genug Screentime.
Trailer zu Im Herzen der See
Damit fing für mich auch schon das Gefühl an, dass der Film nicht so recht wusste, worauf er eigentlich hinaus wollte, wohin es gehen sollte. Der alte Thomas beginnt seine Erzählung mit "Es ist eine Geschichte zweier Männer..." So? Davon habe ich nicht wirklich etwas mitbekommen. Es gab einen Mann und viele viele Randfiguren mit vielen kleinen persönlichen Geschichten, die aber kaum bis gar nicht zur Geltung kamen. Ich denke, damit waren Chase und Kapitän Pollard gemeint, zwei Männer aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten mit unterschiedlichen Karrierechancen und Lebenseinstellungen, die als Kapitän und erster Maat dann auf der Essex zusammenrasseln. Ansich ja eine spannende Ausgangssituation für ein Abenteuer auf See, aber irgendwie blieb es auch bei dieser Ausgangssituation. Wirkliche Konflikte blieben aus, Beziehungen, Zwischenmenschliches, ... das blieb irgendwie alles auf der Strecke im Film. Ja der gesamte Film war für mich so erschreckend konfliktarm und eigentlich ist es genau das, was ich bei diesem Film erwartet habe. Konflikte zwischen Mensch und Mensch, Mensch und Tier, Mensch und Natur. Es blieb bei grob angerissenen Andeutungen, es wurde aber nie etwas explizit herausgearbeitet. Natürlich grault es einen bei der Vorstellung, welches Leid den Giganten der See angetan wurde und immer noch wird, aber dieses Grauen bringt man als Zuschauer mit, das wird nicht vom Film aus gesteuert. Warum? Hat man sich nicht getraut, den Menschen in dieser Sache als Monster darzustellen? Das hätte man ruhig dramatischer gestalten können, überspitzter. Man ging viel zu schnell in das Leid der Menschen über und auch die Begegnungen zwischen dem weißen Wal und den Protagonisten hatten keinerlei Intensität, so dass der Effekt des sich versöhnens mit dem weißen Wal, der Blick in seine Augen, vollkommen leer ausging. Ja leer ist für mich das richtige Wort. Der Film war für mich leer und das Herz der See habe ich zu keiner Zeit schlagen gespürt. Handwerklich ein gut gemachter Film, optisch ein Augenöffner, inhaltlich aber leer und kalt.