Bewertung: 1.5 / 5
Endlich ist die Jagd vorbei. Die Suche nach einer gelungenen Comic-Buch-Verfilmung seitens Sony hat ein Ende gefunden. Leider ohne eine Trophäe die es Wert wäre ausgestellt zu werden. Stattdessen reiht sich Kraven the Hunter hervorragend in die Reihe belangloser Comic-Buch-Verfilmungen ein, die mit Venom 2018 ihren Anfang fand.
Kraven the Hunter Kritik
Kraven the Hunter erzählt uns die Geschichte von Sergei Kravinoff aka Kraven aka The Hunter (Aaron Taylor-Johnson), einem Mann, dessen komplexe Beziehung zu seinem skrupellosen Gangster-Vater Nikolai Kravinoff (Russell Crowe) ihn auf einen Rachefeldzug mit brutalen Konsequenzen führt. Diese motivieren ihn nicht nur dazu, einer der größten Jäger der Welt zu werden, sondern auch einer der gefürchtetsten.
Trailer zu Kraven the Hunter
Zumindest ist dies die Geschichte, die Kraven the Hunter uns erzählen möchte. In der Realität stellt sich lediglich Kravens Name als komplex heraus, hält er doch für den ein oder anderen Gag her. Regisseur J.C. Chandor scheitert grandios daran den gefürchteten Jäger als genau diesen darzustellen. Ganz im Gegenteil verkommt der Film dank seiner unfreiwillig komischen Dialoge andauernd zu einer reinen Komödie voller Charaktere, die zwar gerne ernst und mysteriös sein wollen, es aber nicht sind.
Lasst mich euch von dem Hunter erzählen, einem kaltblütigen Killer, den die Kriminellen fürchten. Ein wahrer Unterwelt-Mythos. Umso erstaunlicher ist es, dass Kraven keinerlei Anstalten macht, sich offen den Kriminellen oder Überwachungskameras zu präsentieren. Schnell wird der Mythos zum meistgesuchten Mann der Kleinkriminellen, die Sony für diesen Streifen aus der Mottenkiste gekramt hat. Unter den dürftigen Darsteller-Performances sticht Aaron Taylor-Johnson als Kraven noch am positivsten heraus. Seine charmante und action-orientierte Rolle verlangt ihm nicht viel ab, doch passt er noch am ehesten zu dem Film, den wir oben beschrieben haben. Dennoch kommen wir nicht umher zu glauben, dass er sich mit seiner Rolle in Kraven the Hunter für den "sexist man alive" des People magazins bewerben möchte.
Dabei ist sein Körperbau nur eine von vielen kreativen Entscheidungen, die wir nicht ganz nachvollziehen können. Ein Mann, der durch ein Wunderheilmittel den Angriff eines Löwens überlebt und durch dessen Blut die Kräfte der Wildkatze erhalten hat, besitzt den männlichen Idealkörper unserer Gesellschaft. Bedenken wir seine Fähigkeiten und wilden Charakter, ist es fragwürdig, wieso er typische Körperproportionen aufweist. Zur Verteidigung von Kraven the Hunter müssen wir sagen, dass keine Comic-Buch-Verfilmung die Auswirkungen der Superkräfte realistisch zeigt. Verständlich, würden die Filme dann möglicherweise Aspekte des Body-Horror-Genres enthalten oder sich an den Naturgesetzen messen müssen.
Eine Kleinigkeit, die uns allerdings negativ aufgestoßen ist, sind die magischen Kräfte Kravens, die es ihm erlauben, kaum dreckig zu werden. Wenn er einen Baum, wie eine Feuerwehrstange herunterrutscht, bleiben seine Hände und Klamotten komplett sauber. Dadurch wirkt Kraven stets als müsste er nach Drehschluss noch in einem Werbefilm auftreten. Diese Eigenart vor allem moderner Produktionen fiel uns bereits bei Amazons Der Herr der Ringe - Die Ringe der Macht negativ auf. Es gibt dem Produkt einen sehr cleanen Look, der besonders bei Kraven the Hunters starkem Naturfokus für Unstimmigkeiten führt. Dieser Fokus auf die Natur beschränkt sich jedoch auf die Fähigkeit Tiere zu bändigen. Von einer weitgehenden Auseinandersetzung mit seiner Umwelt kann hier nicht die Rede sein. Dabei bietet ein Jäger, der mit der Kraft des Löwens seine Beute zur Strecke bringt, viel Potential, die Verbundenheit zwischen ihm und der Natur zu zeigen.
Abseits von Aaron Taylor-Johnson werden wir mit absolut austauschbaren Nebenfiguren und Antagonisten konfrontiert, bei denen wir vergeblich nach Charakterentwicklung oder Präsenz suchen. Als Oberbösewìcht präsentiert der Film uns Rhino (Alessandro Nivola), einen Kriminellen der weder die Kraft eines echten Rhinozeros ausstrahlt, noch den Intellekt eines Kriminellen seines Kalibers. Seine Performance und die ihm vom Drehbuch in den Mund gelegten Worte sind es, durch die er auf uns sogar alberner wirkte, wie noch Paul Giamatti in The Amazing Spider-Man 2 - Rise of Electro. Zusammen mit L’Étranger (Christopher Abbott) macht sich Rhino auf die Jagd nach Kraven. Dabei bleibt der Charakter des L’Étranger noch blasser als die Geschichte im Ganzen. Umso enttäuschender, liefert er doch die interessanteste Performance aus der Riege an Schurken.
Kravens Gangster-Vater Nikolai Kravinoff bildet das Schlusslicht der Antagonisten. Durch seine Figur sollen die Konflikte innerhalb der Familie von Sergei erzählt werden. Auch hier nehmen die Dialoge jeder Szene den Ernst und lassen Nikolai umso lächerlicher wirken. Kravens Bruder Dimitri (Fred Hechinger) setzt dem die Krone auf. Er scheint vom Set von Gladiator 2 schnurstraks zu Kraven the Hunter gewandert zu sein, ähnelt seine Performance als weniger geliebter Bruder doch sehr der aus dem Historiendrama. Wir konnten dem Trio zu keiner Sekunde ihre Verwandtschaft wahrlich abkaufen. Ein wenig besser funktioniert die Chemie der Darsteller des jungen Sergei (Levi Miller) und Dimitri (Billy Barratt), doch können auch sie die Familiengeschichte weder emotionalisieren, noch mit Spannung versehen.
Bleibt noch die hochkarätige Anwältin Calypso (Ariana DeBose). Ihre gesamte Figur ist merkwürdig angelegt und soll nicht so richtig in die Handlung hineinpassen. Auf der einen Seite erweckt es denn Anschein, als steckt hinter ihrem Charakter mehr als die Anwältin. Andererseits vergisst Kraven the Hunter ihre Figur zum Ende des Films. Sie bleibt mysteriös und ihr Hintergrund unaufgeklärt, erhält aber immerhin die humorvollsten Dialogzeilen des Streifens.
All das war in den Trailern bereits zu erahnen. Jedoch hofften wir in Kraven the Hunter wenigstens gut gemachte, blutige.Action geliefert zu bekommen. Auch auf dieser Jagd wurden wir bitter enttäuscht. Die Action ist weder qualitativ auffallend inszeniert, noch dürfen wir die teils brutalen Tötungen mehr als einen Frame lang auf der Leinwand begutachten. Da hilft es auch nicht, dass Kraven the Hunter die einzige Comic-Buch-Verfilmung von Sony ist, die auf ein FSK16 setzt.
Im Vergleich zu Venom 3 - The Last Dance können auch die Effekte keine neuen Höhen verzeichnen. Wann immer Tiere auf der Leinwand zu sehen sind, wirken sie so unecht, wie die Landschaften in denen sie unterwegs sind. Dazu kommen die auffallend unrealistischen Reaktionen auf diese Tiere von Figuren wie Calypso. Statt wie normale Menschen bei einem Angriff einer Raubkatze panisch zu agieren, bleibt sie fast schon desinteressiert neben dem sich raufenden Kraven stehen. Eben wie in einer Komödie.
Fazit
Zugegeben, es ist keine leichte Aufgabe ein Spider-Man Film-Universum aufzubauen, in dem er selbst nicht vorkommt. Dennoch stecken in Charakteren, wie Venom, Morbius oder Kraven mehr als genug Potential, um interessante und mitreißende Geschichten zu erzählen. Sony entschied sich hingegen leider für die Fließband-Produktion von Streifen, bei denen, mit Ausnahme von Tom Hardy als Venom, alles und jeder austauschbar ist.
Kraven the Hunter reiht sich problemlos bei seinen Mitstreitern von Marvel bzw. Sony ein. Eine flache und uninspirierte Geschichte, austauschbare Action, belanglose Nebenfiguren und miese Dialoge sind die Trophäen, die Kraven the Hunter sich ins Haus hängen kann. Von den Logiklücken und der viel zu häufigen Wiederholungen des Wortes "Hunter" mal ganz abgesehen.
Aber wer von euch sollte dem Film denn vielleicht doch eine Chance geben? Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Dialoge unfreiwillig humoristische Züge haben und Kraven the Hunter dadurch als Komödie für euch funktionieren könnte. Genauso begeistert können Fans von Aaron Taylor-Johnsons körperlicher Statur ins Kino stürmen. Mehr als ein Haufen Muskeln und humorvolle Kommentare bringen Kraven the Hunter auf der Jagd nach einer Trophäe jedoch nicht weit. So endet das Spider-Man Universum von Sony auf einer weiteren schwachen Note, die genauso wie ihr Universum selbst in Vergessenheit geraten wird.
Wiederschauwert: 10%