Bewertung: 2.5 / 5
Ist ja gut: Man wird auch beinahe sieben Jahrzehnte nach Kriegsende noch Filme machen dürfen, die den Krieg zum Thema haben, den vergessenen Schrecken, die Sinnlosigkeit des Schlachtens. Nicht mehr ganz neu ist dabei allerdings eine Betrachtungsweise, die das Unrecht "beider Seiten" thematisiert. Flucht und Vertreibung sind seit einigen Jahren immer weiter in den Vordergrund geraten. Achim von Borries' Kriegs-Endspiel 4 Tage im Mai, eine deutsch-russische Koproduktion, zielt dagegen auf Versöhnung und Ausgleich. Das eher schlichte Fazit: Gute und Böse gibt es überall.
Die letzten Tage des Krieges: Wieder einmal sind wir an der Ostsee, jüngst eine gern genommene Location für historisierende Großfilme. Deutsche Soldaten und Bürger fliehen vor der nahenden Sowjetarmee. Der Kampf ist sinnlos geworden, auch der Letzte sieht es ein. Nur ein deutscher Junge mit rotem Haar bleibt unverbesserlich. Er glaubt noch immer an den Endsieg, das hat er von seinen Vorgesetzten beim Volkssturm so gelernt. Nun zieht er sich die Uniform eines gerade erschossenen deutschen Soldaten an und nimmt dessen Maschinengewehr, um Deutschland zu verteidigen.
Peter (Pavel Wenzel) wohnt auf dem Gutshof seiner adeligen Tante (Gertrud Roll), die ihn mit vielen anderen Waisenkindern dort aufgenommen hat. Während die Tante, straff und unbeugsam, wie es sich für eine baltische Baronin geziemt, der Ankunft der Russen entgegensieht, hält Pimpf Peter dem Hauptmann eines eintreffenden sowjetischen Besatzungstrupps sein MG entgegen.
Nicht nur, dass ihn der Sowjethauptmann mit aller Gelassenheit entwaffnet - bald wird dem deutschen Knaben vom Sowjetsoldaten ein fast väterliches Verständnis entgegengebracht. Reeducation auf hohem Niveau, sozusagen. Dem russischen Schauspieler und Koproduzenten Aleksei Guskov, von dem die Grundidee des Stoffes stammt, und dem jungen Deutschen Pavel Wenzel gelingen große Momente einer wachsenden Sympathie über Altersunterschiede und Fronten hinweg.
Schade nur, dass es dabei nicht bleibt. Der Rest der Geschichte ist eine den Archiven entnommene "wahre" Kuriosität, die leider wirkt wie schlecht erfundenes Klischee. Selbstverständlich muss sich eine junge Frau (Angelina Häntsch) des Gutshofes in einen Klavier spielenden Sowjetfunker (Grigorij Dobrygin) verlieben. Selbstverständlich kehrt da ein betrunkener russischer Major (Merab Ninidze) zurück, um mit bedrohlicher Geste der Gutsinsassen samt Waisenkinder habhaft zu werden. Allerdings hat er die Rechnung ohne den wackeren Rotschopf gemacht, der nun bei den noch in der Nähe verbliebenen deutschen Soldaten Hilfe gegen den Bösen holt. Es ist wie in einem Indianermärchen.
Achim von Borries, der 2004 mit dem Selbstmörderdrama Was nützt die Liebe in Gedanken bestach, wollte hier eine Geschichte vom Rande des Krieges erzählen, eine Geschichte ohne Kriegslärm, Panzer und große Politik. Doch zuletzt wird daraus ein schiefes Heldenstück. Dass von Borries über weite Strecken den Schwebezustand am Ende des Krieges atmosphärisch glaubhaft inszeniert, ändert an diesem Eindruck wenig.
4 Tage im Mai bekommt 2,5 von 5 Hüten.
(Quelle: teleschau - der mediendienst | Wilfried Geldner)